Nur Mut!
Hat sich bei Ihnen im Verlauf des letzten Jahres zuweilen eine gewisse Weltuntergangsstimmung breitgemacht? Ein Gefühl der Hilflosigkeit angesichts von zahllosen Krisen und Katastrophen? Von Klimawandel, Ukrainekrieg, erstarkendem Rechtsextremismus und der Not eines wachsenden Anteils der Bevölkerung, die sich selbst alltägliche Dinge kaum noch leisten können und voller Furcht auf die nächste Strom- oder Gasrechnung warten?
Der Reaktion, sich wie ein Kaninchen vor der Schlange zu verhalten, setzte Jagoda Marinić in ihrer TAZ-Kolumne einen völlig anderen Impuls gegenüber. Sie fordert, Schluss damit zu machen, „die eigenen Ängste öffentlich zu betrachten und sie trophäenartig als Entschuldigung für Handlungsunfähigkeit anzuführen.“
Ihr Gegenmodell? Die Ukrainer, die „die Kraft finden, sich zur Wehr zu setzen, und uns so in die Pflicht nehmen: Wie können wir, die wir in Frieden leben, in Mutlosigkeit verharren, wenn die Ukrainer an der Hoffnung festhalten?“[1]
Verzagtheit ist nur eine Option
Das ist eine gute Frage. Woran liegt es, dass so viele Menschen lethargisch oder hoffnungslos reagieren, statt sich kritischen Veränderungen energisch entgegenzustellen? Einer der Gründe, auf den ich in meiner Zusammenarbeit mit Unternehmen und Führungskräften immer wieder stoße, ist der Bestätigungsfehler – der Confirmation Bias. Der führt uns nicht nur beim Urteil über andere gerne in die Irre. Er verengt auch unseren Blick, wenn es eigentlich darum geht, Veränderungen zu gestalten.
Warum? In jeder Situation nehmen wir Signale wahr, Indikatoren dazu, wo wir stehen, was um uns herum passiert und wie wir reagieren sollten. Aufgrund dieser Einschätzung werden wir aktiv – oder wir lassen es bleiben. Weil es schwierig ist, gefährlich oder sich „ohnehin nicht lohnt“. Die Krux: Haben wir einmal einen Eindruck gewonnen, versuchen wir nicht, unsere Hypothese zu testen, unsere „Erkenntnis“ zu hinterfragen. Stattdessen fallen uns nur noch Informationen auf, die unsere Vorstellung bestätigen. Solche, die klar belegen, wie Recht wir mit unserer Einschätzung von Anfang an hatten.
Damit bleibt der erste Eindruck nicht nur unveränderlich bestehen, er wird zur selbst erfüllenden Prophezeiung.
Zukunft gestalten
Wie es anders geht, zeigt uns die Zukunftsforschung. Bei ihr geht es nicht darum, die Zukunft vorherzusagen. Stattdessen nutzt sie definierte Verfahren, um verschiedene mögliche Zukünfte zu erkunden – inklusive der Wahrscheinlichkeiten und Konditionen, damit sie eintreffen.
Denn obwohl die Signale, die wir empfangen und die die Basis für unsere Sorge bilden, real sind, ignorieren wir andere, die uns Mut machen und Kraft geben könnten. Die positiven, hoffnungsfrohen. Damit laufen wir konsequent auf eine mögliche Zukunft zu, obwohl wir die Chance haben, eine ganz andere zu schaffen.
Es ist unser Verhalten, das dafür sorgt, welches Morgen Wirklichkeit wird. Statt zu denken ‚jetzt ist es eh egal‘, sollten wir deshalb alle Kraft daransetzen, die Zukunft nach unseren Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
Was dabei hilft?
- Visualisieren Sie die Zukunft Ihrer Wahl: Wie soll sie aussehen, wie fühlt sie sich an? Warum lohnt es sich, auf sie hinzuarbeiten? Anschließend setzen Sie sich auch mit den Hindernissen auseinander. Mit all den Dingen, die Sie davon abhalten können, aktiv zu werden. Sich sowohl mit den Vorteilen als auch den Barrieren auseinanderzusetzen, nennt sich „mentales Kontrastieren“ und ist extrem hilfreich, um gesetzte Ziele umzusetzen.[2]
- Schmieden Sie Allianzen: Finden Sie Menschen, die Ihre Ziele unterstützen, im Bekanntenkreis oder in einem neuen Umfeld. Gemeinsam ist es leichter, aktiv zu werden und aktiv zu bleiben.
- Hinterfragen Sie das eigene Denken: Achten Sie gezielt auf Informationen, die Ihren Vorstellungen widersprechen. Reden Sie mit Menschen außerhalb Ihres üblichen Kreises. Finden Sie heraus, wie man die Dinge „auch sehen kann“ und warum.
Quellen und Links
[1] https://taz.de/Freiheitskampf-in-der-Ukraine-und-Iran/!5901397/
[2] Angela Lee Duckworth, Heidi Grant, Benjamin Loew, Gabriele Oettingen & Peter M. Gollwitzer: Self‐regulation strategies improve self‐discipline in adolescents. Benefits of mental contrasting and implementation intentions. In: Educational Psychology, 2011.
Zu Angela Duckworths hochinteressanter Arbeit haben die Kollegen bei getAbstract ein Thought-Leader-Profil angelegt, das (auf Englisch) viele weitere spannende Aspekte der Selbstdisziplin und der positiven Verhaltensänderungen aufschlüsselt:
Nächste Schritte:
Weitere praktische Tipps und Tricks bietet Fair führen. Das Buch wurde mit dem getAbstract International Book Award 2020 ausgezeichnet. Laut Jury liefert es „nicht weniger als das erforderliche Rüstzeug für zukunftsfähige Unternehmen – eloquent, sachkundig und inspirierend.“