Best Practice – Talente finden, fördern und ans Unternehmen binden
Jedes Unternehmen ist nur so gut wie seine Mitarbeitenden. Daher ist es elementar, diese gezielt zu fördern und aktiv bei der Weiterentwicklung zu unterstützen. Wie das gelingen kann, zeigt die Zürcher Kantonalbank (ZKB), die schon vor einigen Jahren einen disruptiven Schritt gewagt hat: Statt individueller Zielvereinbarungen und jährlicher Performance Evaluationen dient das Framework „Performance & Entwicklung“ dazu, die Entwicklung jedes einzelnen Mitarbeiters und damit der ganzen Bank in den Mittelpunkt zu stellen. „Es geht darum, den kontinuierlichen Dialog zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften zu fördern“, erklärt Boris Billing, Leiter Entwicklung & Transformation bei der ZKB. „Nur so lässt sich Flexibilität, Agilität und Eigenverantwortung sowie eine in die Zukunft gerichtete Personalentwicklung innerhalb eines Unternehmens etablieren.“
Weiterentwicklung aktiv unterstützen
Ziellos ist man bei der ZKB deswegen natürlich nicht. Zielvorgaben werden aber nicht mehr isoliert auf einzelne Personen heruntergebrochen. Es steht das große Ganze im Mittelpunkt. Dazu Billing: „Ein sehr wichtiger Teil von Performance und Entwicklung ist der Strategietransfer. Jeder Mitarbeitende muss seinen Beitrag im Kontext der Gesamtstrategie der Bank, natürlich aber auch die übergeordneten Ziele kennen.“ Daraus abgeleitet erarbeiten Mitarbeitende mit Unterstützung der eigenen Vorgesetzten individuelle Entwicklungspläne.
Den Mitarbeitenden werden auf ihren Entwicklungswegen vielfältige Angebote und Hilfsmittel zur Verfügung gestellt.
Beispielsweise bietet die ZKB diverse Lernwelten zu breiten Themen an – unter anderem ist da auch ein Zugang zu getAbstract zu finden. Besonders talentierte Kollegen werden zudem innerhalb einer ebenfalls neu implementierten Gemeinschaft besonders gefördert: der Talent Community.
Rund 450 Mitarbeiter gelten derzeit in der ZKB als Talente, wobei unternehmensintern eine klar definierte, einheitliche Definition von „Talent“ besteht. „Als Talent gelten bei uns Mitarbeitende, die über ein überdurchschnittliches Potenzial für eine deutlich verantwortungsvollere Aufgabe in etwa drei Jahren verfügen. Und das in Relation zur aktuellen Funktion in der Bank“, erklärt Milijana Mrsic. „Dazu kommen überdurchschnittliche Motivation und eine ausgeprägte soziale wie auch Methoden-Kompetenz“.
Talente gezielt fördern
Die Talent Community selbst ist eine digitale Plattform, die sowohl Vernetzungs- wie auch Entwicklungsangebote bietet. Es handelt sich dabei um eine geschlossene Community, zu der nur die identifizierten Talente Zugang haben. Dass dies eventuell bei anderen Mitarbeitern Unwille wecken könnte, kam im Vorfeld der Lancierung natürlich zur Sprache. „Die Entwicklung unserer Mitarbeitenden ist uns flächendeckend wichtig und zentraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur“, erklärt Boris Billing. „Die Talent Community ist dabei ein Teil des gesamten Angebotes der ZKB, der jedoch eigens für eine gewisse Gruppe von Mitarbeitenden konzipiert worden ist.“
Wer als Talent gilt, obliegt dabei nicht der Personalabteilung, sondern wird in der Regel von den Führungskräften definiert. Entdecken diese innerhalb ihrer Teams einen Mitarbeiter, dem sie das Potenzial zutrauen, innerhalb von rund drei Jahren eine deutliche höhere und verantwortungsvollere Position zu besetzen, besprechen sie dies in einem intensiven Dialog mit ihren Peers in den Führungsteams, was zu einer gewissen Objektivierung führt.
Stärken in den Fokus rücken
Einmal drin, bedeutet jedoch nicht, dass man sich nun entspannt zurücklehnen kann. So ist der Entwicklungszeitrahmen eines Talents bis hin zur vollen Entfaltung seines Potenzials auf etwa drei Jahre berechnet – dann sollte der Mitarbeitende die angedachte neue Funktion im Unternehmen erreicht haben.
Wurde das geschafft, muss er oder sie in der Regel die Talent Community wieder verlassen. Der große Schritt ist dann ja getan und das Potenzial für einen neuen, weiteren großen Schritt muss wieder bewiesen werden. Wer aus welchen Gründen auch immer während dieser drei Jahre nicht mehr als Talent gilt, verliert schon vorher den Talentstatus. „Als Führungskraft ist es auch deine Aufgabe, Low Performance von Mitarbeitenden zu managen“, sagt Boris Billing. „Das ist unbequem, für beide Seiten, aber Normalität.“
Grundsätzlich legt man bei der Weiterentwicklung aller Mitarbeitenden der ZKB Wert auf eine gelebte Vertrauenskultur und darauf, zukunftsorientiert und positiv nach vorn zu schauen. Stichwort hier: Stärkenorientierung. Dazu Milijana Mrsic: „Letztendlich geht es bei unserem Talentmanagement darum, Potenzialentfaltung zu unterstützen. Dies geschieht aber im Arbeitsalltag durch entsprechend große Herausforderungen.“
Recruting im eigenen Unternehmen
Die Zürcher Kantonalbank gehört mit diesem strategischen Ansatz zu einem kleinen, aber wachsenden Kreis:
Talente und potenzielle Führungskräfte aus den eigenen Reihen zu rekrutieren wird in den allermeisten Unternehmen weiterhin (und weltweit) vernachlässigt. Ein Umdenken findet hier nur langsam statt.
Wenn er aber stattfindet, dann meist überhastet, weil ein immer größerer Fachkräftemangel irgendwann keine andere Wahl mehr lässt. Die eigenen Leute zu befähigen und die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu stärken, sind also eher „durch die Hintertür“ zu zentralen Führungsaufgaben geworden.
Der Erfolg der Talent Community der ZKB trifft zudem bereits auch über die Unternehmensgrenzen hinweg einen Nerv. So wurde das Projekt unter anderem in diesem Jahr mit dem Swiss HR Award 2020 ausgezeichnet. Damit gibt man sich in Zürich aber nicht zufrieden: Innerhalb der Community wird auch weiterhin viel Wert darauf gelegt, dass sich das Angebot kontinuierlich weiterentwickelt – ausgehend von den Talenten selbst. „Auch für uns ist es spannend zu sehen, wie es mit der Talent Community weitergeht“, sagt Boris Billing. „Jeder Mitarbeiter ist dazu aufgefordert, sich aktiv einzubringen. Und nach allem, was wir bisher beobachten konnten und können, wird das auch effizient und effektiv betrieben.“