Vom Urlaubs- in den Arbeitsmodus
Haben Sie schon mal vom Post-Holiday-Syndrom gehört? Es beschreibt das Motivationstief, das man nach dem Urlaub bei der Arbeit erlebt: Der Urlaub hat gerade so richtig begonnen, schon wird man wieder zurück in den Alltag gezwungen, wo unzählige Mails, Meetings und To-dos einen erwarten. Der nächste Urlaub ist erst in ein paar Monaten in Aussicht, wenn überhaupt. Hinzu kommt, dass man nach einer Pandemie höhere Erwartungen an den Urlaub hat, weil er lange ausgeblieben ist.
Umso heftiger kann dann die Müdig- und Antriebslosigkeit bei der Rückkehr an den Schreibtisch sein, zitiert das Handelsblatt den Arbeitspsychologen Hannes Zacher. Etwa zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind betroffen, und innerhalb kürzester Zeit fühlen sie sich kaum mehr erholt:
Einen Erholungseffekt, der länger als ein, zwei Wochen andauert, messen wir eigentlich nie.
Hannes Zacher
Umso wichtiger ist es, dass Sie lernen, wie Sie nicht nur dieses Stimmungstief überwinden, sondern generell besser vom Urlaubs- in den Arbeitsmodus wechseln – und damit noch möglichst lange von Ihrem Urlaub profitieren.
Dazu sollten Sie verschiedene Dinge tun:
- Starten Sie behutsam und bewahren Sie Ihr Urlaubsfeeling so lange wie möglich. Strukturieren Sie Ihre Arbeit und teilen Sie sie in kleine, machbare Schritte ein.
- Notieren Sie sich all Ihre Aufgaben. Erledigen Sie sie so, dass es zu Ihrem natürlichen Rhythmus passt, den Sie womöglich im Urlaub hatten.
- Planen Sie für den nächsten Urlaub eine Pufferzeit vor dem Wiedereinstieg ein.
Im Folgenden erfahren Sie, wie das gelingt.
1. Schaffen Sie einen sanften Einstieg
Die Autoren des Buches Stark trotz Stress raten, einen Teil des Urlaubsfeelings in den Arbeitsalltag mitzunehmen. Dazu müssen Sie nicht in der Badehose ins Büro kommen. Lesen Sie stattdessen etwa Ihre Urlaubslektüre zu Ende oder kochen Sie ein leckeres Gericht aus dem Urlaub nach. Versuchen Sie außerdem, die entspannte Haltung, die Sie während Ihres Urlaubs idealerweise hatten, im Arbeitsalltag aufrechtzuerhalten. Genießen Sie nach Feierabend einfach das Nichtstun oder gehen Sie spazieren.
Auch können Sie sich nach einem geschafften ersten Arbeitstag belohnen – vielleicht gerade mit etwas, das Sie im Urlaub nicht hatten: Gönnen Sie sich ein gutes Abendessen in Ihrem heimischen Lieblingsrestaurant oder ein Dessert vom Konditor um die Ecke. Auch eine Massage oder ein Treffen mit guten Freunden, die Sie im Urlaub vielleicht vermisst haben, sind hilfreich.
Und, für den nächsten Urlaub:
Planen Sie wenn möglich ein, zwei Tage vor Ihrem Arbeitsbeginn ein, an denen Sie ein paar Haushaltsdinge erledigen, die Koffer wieder auspacken und sich in einem ersten Schritt an den Alltag zu Hause gewöhnen, bevor Sie gleich wieder durchstarten.
Wenn Sie auf Wochentage keine Rücksicht nehmen müssen, bietet es sich sogar an, Ihre Rückkehr auf einen Mittwoch oder Donnerstag zu legen – so haben Sie nicht gleich eine ganze Arbeitswoche vor sich, wenn Sie wieder anfangen.
2. Verzetteln Sie sich nicht
Dass Sie möglichst schnell wieder produktiver arbeiten wollen, ist klar. Dennoch: All die Aufgaben, die sich während Ihrer Abwesenheit angesammelt oder die Sie vielleicht vor dem Urlaub aufgeschoben haben, all die unbeantworteten Mails und die wiederkehrenden leidigen Probleme, die Sie in Ihrem Urlaub beiseiteschieben konnten, können ziemlich überwältigend sein. Allzu schnell verzweifeln Sie vor dem großen Berg an Aufgaben, fangen alles gleichzeitig – und damit kaum fokussiert – an und bringen nichts richtig zu Ende.
Hier rät Arjan Broere, Autor von Effizienter Arbeiten für Dummies, zum Abstecken von kleinen, gut erreichbaren Zielen. Wer zu erledigende Dinge schriftlich festhält, strukturell gruppiert und dann in „Päckchen“ abarbeitet, hat zudem den Vorteil, nicht ständig mit grundverschiedenen Tätigkeiten jonglieren und damit die mitunter sehr verschiedenen Arten der wartenden Aufgaben wechseln zu müssen.
Wenn wir uns – nicht nur in den ersten Tagen nach dem Urlaub – verzetteln, liegt das oft daran, dass wir uns von „losen Enden“ in unserem Kopf ablenken lassen. Das sind Aufgaben, die wir noch nicht erledigt haben und deshalb immer wie Damoklesschwerter über uns hängen. Sobald wir eine Pause machen oder uns einer Aufgabe widmen, kommen uns diese losen Enden wieder in den Sinn und wir sind versucht, die Aufgabe zu wechseln – und damit ein weiteres loses Ende zu kreieren – oder das lose Ende wieder beiseitezuschieben. Sie ahnen es: Broere rät dazu, sich auch diese Dinge zu notieren.
Wenn Sie aus dem Urlaub zurück sind, sollten Sie also eine Liste mit all Ihren To-dos erstellen – die Sie dann spontan ergänzen und, besser, bald abhaken können. So widmen Sie sich einer Aufgabe nach der anderen und kommen in kleinen Schritten voran.
3. Nehmen Sie Rücksicht auf Ihren Rhythmus
Der Urlaub geht oft einher mit einem ganz anderen Tagesablauf – man schläft länger, man isst später und man ist zu anderen Zeiten aktiv. Statt sich einfach wieder in das unbedachte nine to five zu zwingen, könnten Sie die Chance nutzen und überlegen, ob Sie in Ihrem Urlaub vielleicht zu gewissen Zeiten produktiver waren als zu anderen.
Lothar Seiwert, Autor des Bestsellers Die Intervall-Woche, geht nämlich davon aus, dass sich bei vielen Menschen durch den Vergleich eines Tagesablaufs an einem freien Tag und dem eines Arbeitstags herausfinden lässt, was eigentlich ihr natürlicher Biorhythmus wäre – und damit, ob es vielleicht sinnvoll ist, die Aufgaben eines Arbeitstags entsprechend anzupassen. In unserem Exklusivinterview mit dem Autor gibt Seiwert weitere wertvolle Tipps und verrät spannende Einsichten aus der Welt des Zeitmanagements:
Und zum Schluss: Wenn sich auch nichts an der Tatsache ändern lässt, dass Sie wieder arbeiten und sich von der vielen freien Zeit bis zum nächsten Urlaub verabschieden müssen, so können Sie doch den Wiedereinstieg so angenehm wie möglich gestalten. Dabei ist es auch wichtig, dass Sie auf Ihre ganz persönlichen Bedürfnisse Rücksicht nehmen. So meint Zacher:
Manche Personen können viel besser entspannen, wenn sie ihre Mails im Urlaub lesen, weil sie der Gedanke an Hunderte unbeantwortete Nachrichten nach der Rückkehr zu sehr stresst.
Hannes Zacher
Vergessen Sie bei alledem nicht, auch Mitgefühl für sich selbst zu zeigen. Denn es ist absolut legitim, wenn Sie ein paar Tage brauchen, um wieder im Arbeitsalltag anzukommen.