Money, Money, Money
Die Inflation stieg im Euroraum jüngst auf 10,6 Prozent und damit auf Rekordhöhe. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die vom Westen daraufhin verhängten Sanktionen sorgten in diesem Jahr außerdem für eine Preisexplosion bei der Energie, die in vielen Haushalten etwa in Deutschland zu doppelt so hohen Stromrechnungen führte wie noch 2021.
Schon jetzt mehren sich die Nachrichten darüber, dass Leute ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, weil diese plötzlich zwei- bis dreimal so hoch sind wie noch vor einigen Monaten. Viele Menschen fühlen sich hilflos, vor allem Haushalte mit geringem oder unterdurchschnittlichen Einkommen geraten in arge Probleme, aber auch Mittelstandsfamilien fragen sich: Was kommt als Nächstes? Und: Wird sich die Situation in den nächsten Wochen und Monaten wieder normalisieren? Money-Coach Bodo Schäfer aber weiß:
Sich hinzusetzen und auf ein Wunder zu warten ist so dumm, wie wenn sich ein Sportler zu Hause vor den Fernseher setzt, die Olympiade anschaut und hofft, dass er eine Goldmedaille bekommt.
Bodo Schäfer
Natürlich: Die Inflation lässt sich nicht auf dem Arbeitsweg nach Castrop-Rauxel aufhalten, und auch beim Thema Energie sind vielen Menschen die Hände gebunden, weil sie nicht mir nichts dir nichts die Heizung im Block austauschen oder nur schon den Anbieter bestimmen können. Aber: Gänzlich machtlos stehen wir der ungünstigen Situation nicht gegenüber!
Naivität ablegen
Jede und jeder kann die eigenen Einnahmen und Ausgaben bewusster managen. Das kostet natürlich Zeit und Aufmerksamkeit, zahlt sich aber in den allermeisten Fällen auch sehr schnell aus. Das Stichwort ist finanzielle Souveränität, und der erste Schritt hin zu ihr ist ein besseres Verständnis des Tauschmittels Geld und seiner Eigenheiten. Dan Ariely und Jeff Kreisler bieten mit ihrem Buch Teuer ist relativ einen hervorragenden Einstieg in ein nur vermeintlich trockenes Thema.
Es beginnt gleich mit einer Überraschung, denn so Ariely und Kreisler, „finanzielle Souveränität“ ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir bislang tun. Oder, wie es im Abstract heißt: „Wir kaufen zu teuer ein, legen zu wenig auf die Seite, erwerben zu viel oder das Falsche – kurz: Viele unserer finanziellen Entscheidungen sind schlecht.“
Was dagegen zu tun ist, verraten sie gleich im Anschluss:
- Machen Sie sich die Opportunitätskosten Ihrer Käufe bewusst: Wenn Sie Geld für etwas ausgeben, können Sie andere Dinge deshalb nicht mehr erwerben. Stellen Sie das bewusst in Relation und fragen Sie sich, ob das Investment in Ihren Augen wirklich sinnvoll ist. Erinnern Sie sich an etwas Konkretes, das Sie nun nicht mehr kaufen können. Die Alternative dazu lautet: Rechnen Sie sich aus, wie lange Sie für die Sache, die Sie nun kaufen wollen, arbeiten mussten – und wie viel länger es beim Kauf dauert, wieder an dieser Stelle zu sein und das konkrete andere Investment erneut in den Blick nehmen zu können.
- Lassen Sie sich nicht von Preisnachlässen ködern: Oftmals wird ein Preis zunächst bewusst zu hoch angesetzt, um dann das Etikett „Rabatt −25 %“ oder „Nur heute für die Hälfte des Preises“ draufzukleben.
- Lernen Sie, auf unnötige „Extras“ zu verzichten: Gute Verkäufer haben ein Händchen dafür, Ihnen etwas Teures – sagen wir einmal ein Auto – zu verkaufen und dann noch einige Extras draufzulegen, die im Vergleich mit dem hohen Preis attraktiv, weil „günstig“, wirken.
- Gehen Sie bewusst mit bargeldlosem Zahlen, Kreditkarten und auch Payment-Apps um: Psychologen bestätigen, dass es uns Menschen leichter fällt, bargeldlos, mit einem Klick oder mittels Kreditkarte zu bezahlen, als wenn wir Bargeld über den Tresen reichen müssen. Halten Sie sich das stets vor Augen, wenn Sie mal wieder schnell etwas online bestellen oder Ihre Kreditkarte belasten.
- Hüten Sie sich vor dem Fairness-Fettnäpfchen: Oft überschätzen wir den Wert von Dingen oder Dienstleistungen, weil wir fair sein wollen. Der Handwerker hat doch nun so laut geächzt, der Berater hat uns doch nun eine Stunde in aller Geduld erklärt, wie umfassend sein Angebot ist … daher wollen wir beide instinktiv ent- oder vielmehr belohnen. Dass der Handwerker vielleicht auch mit einem Handgriff die Sache hätte lösen können und dass viele Berater ihre Angebote bewusst aufblasen, verlieren wir aus den Augen. Fragen Sie sich also immer zuerst, was die Sache wirklich wert ist, und treten Sie selbstsicher und klar auf, wenn Sie das Gefühl haben, man ziehe Ihnen unnötig viel aus der Tasche.
- Denken Sie an die Zukunft (und befriedigen Sie nicht immer Ihre kurzfristigen Bedürfnisse): Sicher leben wir im Hier und Jetzt und es verlangt uns hin und wieder nach etwas Neuem. Dennoch ist langfristiges Denken die beste Versicherung gegen unvorhergesehene Finanzkatastrophen, und wer ein Polster von mindestens einem Jahresgehalt angelegt hat, kann zumindest den wildesten Turbulenzen trotzen.
Weitere Anregungen finden Sie hier:
Optimieren Sie Ihre Fixkosten!
Beginnen Sie bei den konkreten Anpassungen im Umgang mit Geld im Kleinen oder beim Offensichtlichen. Schauen Sie, wohin Ihr Geld geht, und unterteilen Sie Ihre Fixkosten in monatliche und jährliche. Wann wird was fällig? Kalkulieren Sie entsprechend mit Ihren Rücklagen. Gerade jetzt, zum Ende des Jahres und zum Beginn des nächsten flattern nicht selten größere Rechnungen ins Haus.
Die monatlichen sind in der Regel deutlich überschaubarer, summieren sich aber schnell: Handytarife, Telefonanbieter, Bankführungsgebühren, Miete, Leasingraten, Abonnements und Versicherungen. Hier lassen sich viele Stellschrauben drehen: Handyverträge werden gemeinhin immer günstiger, weshalb Ihr zwei oder drei Jahre altes „Schnäppchen“ heute wahrscheinlich bei einem neuen Vertragsabschluss ein Wucherangebot ist. Und Versicherungskaufmann Bastian Kunkel gibt in seinem Buch Total ver(un)sichert einen wunderbaren Überblick darüber, welche Versicherungen Sie wirklich brauchen und wie Sie sich beim Abschluss nicht von findigen Beratern über den Tisch ziehen lassen. Er sagt, und das sollten Sie sich jährlich wieder in Erinnerung rufen:
Die Versicherungsbranche hat sich ihren schlechten Ruf sehr hart erarbeitet.
Bastian Kunkel
Was sich immer lohnt, ist der Anbietervergleich. Gerade im Bereich Kfz-, aber auch bei der Krankenversicherung gibt es große Unterschiede. Bei anderen Versicherungen sollten Sie sorgsam prüfen, ob diese für Ihren Lebensabschnitt sinnvoll sind. Geht es um die private Haftpflichtversicherung, rät Kunkel übrigens unabhängig von Alter und Besitz zu einem klaren „Abschließen“: Sie kostet meistens nicht sehr viel, hilft aber, wenn es wirklich mal zu einem großen Unglück kommt.
Prüfen Sie auch den Umfang der Leistungen Ihrer Versicherungen. Brauchen Sie den Vollkaskoschutz oder reicht auch eine Teilkasko? Gibt es eventuell Überschneidungen? Studien zeigen immer wieder, dass viele Menschen überversichert sind, im Fall der Fälle also doppelt oder sogar dreifach abgesichert wären.
Investieren Sie!
Neben dem bewussten Umgang mit Geld im Alltag ist das Investieren wichtig für Ihre finanzielle Souveränität. Einer der bekanntesten Experten ist hier Bodo Schäfer. Sein Buch Der Weg zur finanziellen Freiheit ist ein Klassiker, wenn es darum geht, Wohlstand aufzubauen. Einer seiner wohl einprägsamsten Sätze:
Wer den ganzen Tag arbeitet, hat keine Zeit, Geld zu verdienen.
Seine Tipps aus dem Buch zusammengefasst:
- Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Handeln und Ihr Leben. Finden Sie für sich heraus, was Glück für Sie bedeutet und auch, welche Einstellung Sie zum Geld haben.
- Vermeiden Sie Konsumschulden. Wie schon die beiden Autoren oben rät auch Schäfer dazu, bewusster zu konsumieren. Erstellen Sie einen Budgetplan und notieren Sie alle Ihre Ausgaben. Sollten bereits Schulden bestehen, agieren Sie nach der 50/50-Regel. 50 Prozent dessen, was Sie neben Ihren normalen Ausgaben noch übrig haben, sollten zur Tilgung genutzt werden. Die restlichen 50 Prozent investieren Sie, um Rücklagen zu bilden und Wohlstand aufzubauen.
- Erhöhen Sie Ihr Einkommen: Machen Sie sich Ihre Leistung bewusst, bilden Sie sich weiter. Das muss kein teures Training sein, sondern kann auch das regelmäßige Hören von Podcasts oder das Lesen von Fachbüchern sein. Agieren Sie und reagieren Sie nicht nur: Sie werden merken, dass Sie sich so deutlicher von anderen abheben und kompetenter wahrgenommen werden. Das wiederum fließt dann in Ihr nächstes Gehaltsgespräch oder auch in die Bewerbung auf einen neuen Job ein. Treten Sie in diesen Konversationen sicher auf und denken Sie daran, sich nicht unter Wert zu verkaufen. Statt aber irgendwelche Forderungen zu stellen und das Gegenüber zu verprellen, schieben Sie Ihrem Vorgesetzten den Schwarzen Peter mit einem „Ich würde gern im nächsten Jahr XXX mehr verdienen, wie kommen wir gemeinsam dahin?“ zu.
- Sparen Sie! Klar, das klingt einfacher als gedacht, gerade wenn es knapp ist. Trotzdem sollten Sie ein zweites Konto einrichten, auf das Sie zum Monatsanfang eine bestimmte Summe einzahlen. Selbst wenn die nicht sehr hoch ist, bauen Sie so mittelfristig Rücklagen auf.
- Investieren Sie – haben Sie keine Angst vor Geldanlagen: Aber seien Sie sich auch klar darüber, dass Sie nur „überflüssiges“ Geld in Aktien investieren sollten. Zudem brauchen Sie Geduld – kalkulieren Sie einen Zeitraum von zwei bis zehn Jahren ein. Investieren Sie rational und nicht emotional. Und rennen Sie nicht der Masse hinterher. Selbst mit sehr kleinen Anlagen lassen sich über ETFs innerhalb von wenigen Jahrzehnten große Wertsteigerungen realisieren.
- Suchen Sie sich einen Sparringspartner: Das kann ein Coach, aber auch ein Mentor sein, der einen nachweislichen Track Record beim Thema Finanzen hat. Es sollte jemand sein, mit dem Sie sich regelmäßig austauschen können, der aber nicht emotional in Ihr Leben involviert ist und deshalb auch konstruktive Kritik äußert.
- Schreiben Sie ein Erfolgsjournal: Schreiben Sie jeden Tag auf, was Ihnen gut gelungen ist. So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl, während das Buch Sie darin unterstützt, positive Mechanismen in Ihrem Leben zu verankern. Lesen Sie immer mal wieder darin: Was ist Ihnen warum gut gelungen? Was war der Auslöser? Und dann machen Sie diese Dinge zu einem festen Bestandteil Ihres Alltags.
Weitere Hinweise
Finanzielle Souveränität bedeutet zunächst: gewissenhaft mit Geld umgehen und sich jederzeit einen guten Überblick über Einkommen, mehr aber noch über Ausgaben zu machen. In den folgenden Zusammenfassungen finden Sie weitere Tipps dazu.
Und zum Thema Inflation sollten Sie natürlich auch unser exklusives Interview mit dem ehemaligen Ifo-Chef Hans-Werner Sinn lesen: