Employee Wellbeing – was, warum und wie?
Ihr Mitarbeiter betritt am Morgen lächelnd das Büro. Sie fragen: „Wie geht es Ihnen?“ Er antwortet: „Gut.“ Dann setzt er sich auf seinen ergonomischen Schreibtischstuhl, an seinen höhenverstellbaren Tisch und fährt seinen Rechner hoch. Für Sie ist klar: Dem geht es prächtig bei uns. Der fühlt sich wohl. Hat alles, was er braucht. Was sie jedoch nicht hören, ist, was er am Abend zu seiner Partnerin sagt: „Ich mache gute Miene zum bösen Spiel. Dann habe ich meine Ruhe, bis ich den neuen Job fest eingetütet habe.“ Denn dieser Mitarbeiter ist, wie übrigens aktuell rund jeder zweite bis dritte, gar nicht glücklich mit seinem Job. Das Gehalt stimmt nicht, der eine Kollege ist ein schrecklicher Narzisst, ihm stinkt es, dass er wieder drei Tage in der Woche ins Office muss, und Sie als Führungskraft hören nicht richtig zu – denn Sie denken ja, es sei alles in Ordnung.
Das ist eine Szene, wie sie sich in Unternehmen auf der ganzen Welt abspielen könnte. Denn viele Mitarbeitende sind wechselwillig, andere betreiben Quiet Quitting und die „Big Resignation“ ist überall spürbar. Laut der 2022 Alight International Workforce and Wellbeing Mindset Study finden außerdem 73 Prozent der Mitarbeitenden, dass ihr Job stressig ist. Sie fühlen sich nicht (mehr) wohl.
Warum das so ist, zeigen verschiedene Umfragen: Mitarbeitenden fehlt die Wertschätzung durch den Arbeitgeber, die Arbeit ist in acht Stunden am Tag nicht zu machen oder man hat ständig Angst, entlassen zu werden, weil die Firma wirtschaftlich leidet. Daneben gibt es viele weitere Gründe, warum sich Menschen derzeit kritisch mit ihrer Arbeitssituation auseinandersetzen.
Das hat dazu geführt, dass Dinge wie die folgenden für Unternehmen zunehmend wichtiger werden:
- Purpose und Wellbeing als essenziellen Punkt im Rahmen der Business-Strategie definieren.
- Die eigene Kultur kritisch ins Auge fassen und eventuell daran arbeiten, wenn sie nicht zu einem guten Arbeitsumfeld beiträgt.
- Proaktive Teambuildingmaßnahmen, die das Miteinander unterstützen initiieren.
- Flexibilität und Agilität umsetzen – nicht nur, um das Unternehmen voranzubringen, sondern auch, um den Mitarbeitenden die Chance zu geben, selbstbestimmt zu agieren und ihre berufliche Rolle mitzugestalten.
Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen – unter anderem, weil es so viele Ansätze gibt, um eine attraktive, gesunde und motivierende Arbeitsumgebung zu schaffen. Daher die Frage: Wie lässt sich der Ansatz finden, der im eigenen Unternehmen funktioniert – und das am besten für das Gros der Belegschaft? Und wie erkennt man wirklich, ob dieser funktioniert? Gibt es hier reale Messparameter bzw. -ansätze? Es gilt also, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: Was ist Wellbeing, warum braucht es das und wie setzt man es um und misst es?
Was ist eigentlich Wellbeing genau?
Um Dinge messen zu können, braucht es zuerst einmal eine klare Definition. Diese liefert die Weltgesundheitsorganisation WHO:
Wohlbefinden ist ein positiver Zustand, der von Einzelpersonen und Gesellschaften erlebt wird. Ähnlich wie die Gesundheit ist es eine Ressource für das tägliche Leben und wird durch soziale, wirtschaftliche und ökologische Bedingungen bestimmt. Das Wohlbefinden umfasst die Lebensqualität und die Fähigkeit von Menschen und Gesellschaften, mit Sinn und Zweck zur Welt beizutragen.
Übertragen auf den Arbeitsalltag geht es also darum, dass …
- Sie als Mitarbeiter, Führungskraft, Manager Ihren Job als sinnvoll empfinden.
- Ihr Job Ihre Lebensqualität maßgeblich positiv beeinflusst – auch über die organisatorischen Grenzen hinaus.
- Ihr Job Sie nicht krank macht, indem er Dinge wie Burn-out, Depressionen, Erschöpfung auslöst.
- Sie gerne arbeiten.
Laut Martin Seligman und seinen Thesen im Buch Flourish – Wie Menschen aufblühen: Die Positive Psychologie des gelingenden Lebens ist Wohlbefinden „multidimensional und sollte aus hedonistischen und eudaimonischen Aspekten bestehen“. Wohlbefinden ist demnach sehr subjektiv und individuell. Seelisches Wohlbefinden sowie Freude und Lust erlebt jeder von uns anders. „Des einen Freud, des anderen Leid“, heißt es in diesem Zusammenhang gern. Denn was mich glücklich macht, gefällt meinem Kollegen vielleicht gar nicht. Das macht es auch so schwierig, innerhalb einer Organisation einen Weg zu finden, der zu allen passt.
Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt
Carl Hanser VerlagWarum Wellbeing nicht (nur) ein Buzzword ist
Unternehmen nehmen das mit der Zufriedenheit der eigenen Mitarbeitenden ernst bzw. ernster. Und das ist gut so, denn:
- Zufriedene Mitarbeitende sind bis zu 12 Prozent produktiver.
- Fühlen Mitarbeitende sich wohl, steigt auch das positive Erlebnis des Kunden.
- Zufriedenheit schafft eine positive Arbeitsatmosphäre, die besonders in Bezug auf die Talentesuche und Talentebindung eine wichtige Rolle spielt.
- Die Fluktuationsrate sinkt, was sich positiv auf die Kosten auswirkt, denn Recruiting ist teuer.
- In Unternehmen, in denen Mitarbeitende sich am richtigen Ort fühlen, sinken die Fehlzeiten um bis zu 41 Prozent.
- Das Unternehmen wird um rund 21 Prozent profitabler.
Wie lässt sich Wellbeing flächendeckend umsetzen?
Grundsätzlich unterstützen natürlich Dinge wie flexible Arbeitsmodelle, eine einladende Arbeitsumgebung oder die Chance auf Homeoffice inklusive guter Hard- sowie Software und transparente Kommunikation das Wohlbefinden aller. Auch eine echte gelebte Fehlerkultur statt einer unterschwellig herrschenden Angstkultur trägt dazu bei, dass Mitarbeitende gern zur Arbeit gehen. Doch wie sieht es aus mit dem „weichen Faktoren“, Dingen wie Wertschätzung, Anerkennung, Vertrauen und Atmosphäre etc. – wie lassen sich diese Dinge in der Praxis in den Unternehmens- und vor allem in den Arbeitsalltag integrieren?
Beginnen Sie vielleicht mit einem kleinen Test. Es gibt den sogenannten WHO-5-Wohlbefindens-Index. Dieser basiert auf einem Fragebogen: fünf Fragen und einer einfachen Auswertung. Je weniger Punkte, desto weniger gefällt es der befragten Person an ihrem Arbeitsplatz. Erhältlich ist dieser Test kostenlos in knapp 30 Sprachen. Die Beantwortung dauert etwa 60 Sekunden. Wichtig jedoch: Je nach Arbeitssituation werden die Menschen die Antworten geben, die Sie als Unternehmen vielleicht hören wollen – weil sie womöglich, wie im Eingangsbeispiel beschrieben, einfach noch etwas Zeit brauchen, um einen neuen Job fix zu machen.
So oder so ist dieser Test ein Ansatzpunkt. Er ist ein erstes Zeichen echten Interesses an den Mitarbeitenden und ihrem Wohlbefinden. Und genau darum geht es. Denn wichtiger als Tests und Beobachtungen bleiben letztlich offene Gespräche.
Fragen Sie, hören Sie hin. Und machen Sie sich bewusst, dass es zahlreiche Ansatzpunkte gibt, um die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden zu steigern. So hat das US-Beratungsunternehmen Mercer gemeinsam mit der Henkel AG & Co. KGaA die Studie „Benefits & Wellbeing 2020+: Was Unternehmen bieten“ durchgeführt. Wellbeing wurde dabei in vier Teilbereiche unterteilt. Auf die Frage, was Mitarbeitende sich wünschen, gab es folgende Antworten:
Führungsinstrument Mitarbeiterkommunikation
managerSeminare VerlagAls Gesamtfazit lässt sich also sagen:
- Menschen wünschen sich (psychologische) Sicherheit. Schaffen Sie daher ein transparentes Miteinander, informieren Sie Ihre Mitarbeitenden und leben Sie eine offene Kommunikation. Erklären Sie Maßnahmen, die umgesetzt werden sollen, und sprechen Sie als Führungskraft mit jedem Ihrer Mitarbeitenden persönlich über die Erwartungen, die Sie an ihn und seine Arbeit haben.
- Menschen wollen für das, was Sie tun und sind, wertgeschätzt werden. Geben Sie regelmäßig Feedback und bringen Sie eventuelles Fehlverhalten oder nicht erfüllte Erwartungen in einem persönliche Gespräch direkt auf den Tisch. Besprechen Sie gemeinsam mit den Mitarbeitenden, wie konstruktiv mit der Situation umgegangen werden sollte, damit sich Fehler nicht wiederholen. Und vergessen Sie das Loben nicht! Zeigen Sie, dass Sie Ihre Mitarbeitenden auch wahrnehmen.
- Unterstützen Sie Weiterentwicklung und Selbstbestimmung. Schaffen Sie gemeinsam eine Kultur, in der jeder sich weiterentwickeln und einbringen kann. Das sollten Sie sowohl fördern als auch fordern.
- Geben Sie Ihren Mitarbeitenden auch finanziell eine Absicherung, egal ob Sonderzahlung oder eine betriebliche Altersvorsorge. Gerade in den aktuell bewegten Zeiten und einer immer weiter steigenden Inflation haben viele Menschen Geldsorgen. Unterstützen Sie als Unternehmen, indem Sie entsprechende Angebote machen.