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„Der Haken am Mental Load ist das Planen im Hintergrund, das kaum sichtbar ist.“

Sich im Kopf türmende To-do-Listen, permanentes Scheitern an zu hoch gesteckten Zielen, kaum Wertschätzung, immer größerer Stress, berufliches und privates Ausbrennen: Patricia Cammarata weiß, wie man die unsichtbare Überlastung loswerden kann.

„Der Haken am Mental Load ist das Planen im Hintergrund, das kaum sichtbar ist.“
Patricia Cammarata / (c) Marcus Richter; dasnuf.de

Frau Cammarata, was ist „Mental Load“?

Wenn man davon im Privaten spricht: Die Last für das kleinteilige Organisieren von Haushalt und Familie. Oder: Die unendliche To-Do-Liste, die meistens Frauen im Kopf haben. Weil sie neben den tatsächlichen To-do’s auch dafür zuständig sind, zu planen, die Aufgabenpakete zuzuteilen und vor allem zu initiieren und nachzuhalten. Das ist «unsichtbar» und mit wenig Wertschätzung verbunden.

Wie wirkt sich Mental Load aus?

Es kann nach und nach zu einer Überlastung führen, weil man als Frau, wenn man auch noch erwerbstätig ist, oft eine Dreifach-Belastung hat. Nämlich die Erwerbstätigkeit, dann die mindestens 50 Prozent To-do’s im Haushalt und um die Familie – wobei die Studienlage eindeutig zeigt, dass selbst das ungleich verteilt ist. Und als drittes den Mental Load – der im Grunde eine Projektmanagement-Tätigkeit ist. In der Wirtschaft ist Projektmanagement ein eigener Beruf, gut bezahlt und anerkannt. Da würde niemand auf die Idee kommen, auch die Umsetzung der gleichen Person zuzumuten. Was man im Privaten aber tut, und oft sogar meint, das mache man einfach nebenher. Aber je nach Komplexität und Energielevel kann das eine grosse Belastung und sehr kräftezehrend sein.

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Zusammenfassung (Buch)

Raus aus der Mental-Load-Falle

Wie man Verantwortung abgibt, loslässt und glücklich wird.

Patricia Cammarata Beltz Verlagsgruppe
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Was reduziert die Belastung?

Den Mental Load zu teilen. Denn das Problem ist nicht damit zu lösen, dass man sich „besser organisiert“, sondern nur, indem man  – was erst mal paradox erscheint – Dinge zusammen macht. Dann lernt der andere den ganzen unsichtbaren Rattenschwanz kennen, der um die Themen herum existiert. Irgendwann kann man dann überlegen, ob man Verantwortung abgibt, indem man nicht die Aufgabe abgibt, sondern den ganzen Prozess: Planung, Vorbereitung, Umsetzung. Und nicht im letzten Moment als Feuerwehr einspringt, sondern der anderen Person zutraut, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Die darf auch Fehler machen, daraus lernt man. So geht es irgendwann wirklich aus dem Kopf raus.

(c) Teresa Holtmann

Gerade das Abgeben und sich komplett raushalten ist wahrscheinlich für viele schwierig. Wie kann gelingen, dass es nicht trotzdem im Kopf weiter rattert?

Das ist Übungssache. Die Übergangsphase kann wirklich schmerzen, wenn man über die Jahre eine genaue Vorstellung entwickelt hat, wie Aufgaben zu erledigen sind. Man muss sich zusammennehmen und nicht andauernd nachhaken. Dabei hilft, wenn man im Vorfeld über den Zielzustand spricht, also wann die Aufgabe erfüllt ist. In der Softwareprogrammierung nennt man das „Definition of done“. Dann sollte man dem anderen Freiraum lassen bei der Umsetzung. Das ist ganz schön hart, für beide. Man muss das Ziel im Auge behalten.

Sie sagen, es geht nicht primär darum, sich straffer zu organisieren – was ja auf den ersten Blick mehr Zeit verspricht. Was stört Sie an mehr Effizienz?

Der Nachteil ist, dass meistens eine Person der oder die Wissensträger/in ist und alle Fäden dauerhaft in der Hand hat. Und dass man dazu neigt, jeden Freiraum noch mal mit einer zusätzlichen Aufgabe zu füllen, und das Ganze letztendlich wie ein Gebilde von Dominosteinen steht. Wenn alles klappt, kriegt man sehr viel hin. Aber wenn einzelne Elemente rausfallen, wird es sehr schwierig, etwas umzuorganisieren. Das verursacht Stress. Das andere ist die Verantwortung:

Es ist ja keine sachliche Aufgabe, sein Kind möglichst gut zu betreuen. Da schwingt oft die Zukunft des Kindes mit. Wenn dann mal etwas schief geht, fällt es immer auf die Person zurück, die organisiert hat.

Patricia Cammarata

Deswegen ist es viel schöner, wenn man Dinge miteinander teilt. Auch auf der Beziehungsebene gibt das viel Zusammenhalt und führt dazu, dass sich der eine Partner im Alltag nicht einsam fühlt, weil er oder sie so viel Verantwortung für einzelne Themen hat und diese nicht teilen kann.

Sie stellen in Ihrem Buch Raus aus der Mental-Load-Falle klar, dass nicht nur Mütter unter Mental Load leiden können, sondern auch Väter oder Männer im Allgemeinen. Aber es scheint bei Müttern oder Frauen deutlich häufiger vorzukommen. Wieso?

Im Privaten ist der ganze Kümmersektor, die Care-Arbeit, durch die Geschlechter-Stereotypen eher den Frauen zugeschrieben. Das wird vielen Mädchen unbewusst von klein auf beigebracht. Laut Studien spielt das schon bei Berufswünschen von weiblichen Teenagern eine Rolle. Sie wissen: Wenn ich eine Familie möchte, dann werde ich zum grossen Teil zuständig sein für Haushalt und Kinder. Und das wiederum heisst, ich muss mir einen Beruf aussuchen, in dem ich in Elternzeit gehen kann, ohne den Anschluss zu verlieren, und in dem ich Teilzeit arbeiten kann. Die Vorstellung ist weit verbreitet, dass Kinder zur Mutter gehören, besonders, wenn sie noch klein sind. Wegen solcher, oft unbewusster, Glaubenssätze fühlt man sich als Mutter dann immer zuständig.

Ist es auch eine Typ- oder Charakterfrage, wie viel ich kontrollieren will?

Durchaus. Wobei grundsätzlich wünschenswert wäre, dass man nicht auf die Geschlechter guckt, sondern darauf, was einer Person liegt und was sie gerne macht. Und dann entdeckt man vielleicht, dass der Vater total gelassen auf Kleinkindgeschrei reagiert und in einer unendlichen Geduld den Alltag bestreitet. Und deswegen entscheidet man sich in der Kindergartenzeit, dass der Mann seine Arbeitszeit reduziert, weil ihm das viel mehr liegt.

Aber das passiert nicht, weil man Geschlechterstereotypen kaum hinterfragt?

Man neigt dazu, das zu tun, was die meisten Menschen im Umfeld tun und was man von klein auf gelernt hat, was das Richtige ist oder was eben die Aufgabe der Frau oder des Mannes ist. Übrigens erwischt die Mental-Load-Falle auch homosexuelle Paare, obwohl die oft schon ihr ganzes Leben darum kämpfen, sich von Rollen-Stereotypen zu lösen und einen eigenen Weg zu finden. Diese Paare leben sehr gleichberechtigt – bis ein Kind dazukommt, dann findet eine Retraditionalisierung statt. Das liegt auch an der gesellschaftlichen Vorstellung von Optimierung: Man hat zwei Menschen, das sind Ressourcen, und man versucht diese Ressourcen zu verdoppeln, indem man sich jeder auf eine Aufgabe spezialisiert. Und diese Aufgaben-Spezialisierung ist traditionell: Einer kümmert sich, einer verdient Geld.

(c) Teresa Holtmann

Ihr Buch fokussiert auf das Familienleben. Mental Load gibt es aber auch im Beruf. Wie entkomme ich dort der Mental Load-Falle?

Im Berufsleben geht es eher darum, Themen zu koordinieren, in Teams zu vermitteln, an Geburtstagsgeschenke und Jubiläen zu denken oder die Küche aufzuräumen – sich um den Zusammenhalt im Team zu kümmern. Das machen auch hauptsächlich Frauen. Da hat man aber in der Regel ein Team aus mehr als zwei Personen, auf die man die Aufgaben verteilen kann. Das kann man ähnlich angehen wie im Privaten, indem man fragt: Was fällt eigentlich an? Wer übernimmt was? Und dann umverteilt. Ganz wichtig:

Der erste Schritt ist immer, Wertschätzung zu zeigen.

Patricia Cammarata

Bei Ihren Tipps zum Teilen des Mental Loads im Privaten beziehen Sie sich oft auf Techniken aus dem Projektmanagement. Nun sind manchen Menschen Excel-Listen und, überhaupt, eine detaillierte schriftliche Planung ein Gräuel. Gibt es auch einen anderen Weg?

Der Haken am Mental Load ist das Planen im Hintergrund, das kaum sichtbar ist. Studien belegen, dass dieses Unsichtbare und die damit verbundene mangelnde Wertschätzung unzufrieden und unglücklich machen. Man fühlt sich damit alleine. Das geht natürlich nicht weg, so lange das nicht mal zur Sprache kommt. Ob man da Excel-Listen macht oder sich Mental Load-Maps zeichnet oder einfach darüber spricht, das ist im Grunde egal. Wichtig ist, dass man es sichtbar macht.

Glauben sie, dass Corona, Lockdown und Schulschliessungen an der Mental Load-Verteilung etwas verändert haben? Und wenn ja: In welche Richtung?

Es gibt schon eine ganze Reihe an Studien, die zeigen, dass der Gender Care Gap sich verringert hat. Es ist nicht plötzlich 50/50, aber die Männer übernehmen mehr Aufgaben im Haushalt. Zumindest in Familien, wo das – muss man ja sagen – Privileg vorhanden ist, dass beide Partner im Homeoffice weiterarbeiten können. Dort ist durch den Alltag, den der Partner erlebt hat, der vorher vielleicht nicht so viel zu Hause war, ganz deutlich geworden. Er hat dann miterlebt, wie das ist, Haushalt und Arbeit nebenher irgendwie zu jonglieren. Und er war dann auch physisch verfügbar. Aber da, wo es nicht möglich ist und wo es ein grosses Lohngefälle gibt, da haben eher die Frauen noch mal Arbeitszeit reduziert. Also dort, wo es sowieso schon eher traditionell war, ist es tendenziell noch traditioneller geworden.


Über die Autorin
Patricia Cammarata ist unter dem Pseudonym „dasnuf“ als Autorin, Bloggerin und Podcasterin zu Themen rund um das Familienleben bekannt. Sie ist die Autorin von Raus aus der Mental-Load-Falle.

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