„Konstante, zielgerichtete und offene Kommunikation ist essenziell für erfolgreiche L&D-Initiativen.“
Antonia und Jacqueline, welche L&D- und HR-Themen des letzten Jahres werden uns im Jahr 2024 wieder begegnen und warum? Welche kommen neu hinzu?
Antonia: Hybride und dezentrale Arbeitsformen werden uns weiter begleiten, denn sie bieten einzigartige Möglichkeiten für Organisationen und Mitarbeitende. Sie stellen aber auch eine Herausforderung dar: Während der Pandemie haben wir festgestellt, dass das Arbeiten von überall zwar mehr Flexibilität bietet, aber auch ein Gefühl der Abgeschiedenheit bei Kolleginnen und Kollegen hervorrufen kann. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern ist deshalb eine Aufgabe, die Firmen ernst nehmen sollten. Nur wenn sich die Mitarbeitenden sicher fühlen und mitunter offen über ihre Belastungen sprechen können, kann von einem Arbeitsplatz gesprochen werden, bei dem physische und psychische Gesundheit im Vordergrund stehen. Im Zuge der Agilitätsbemühungen von getAbstract ist es zudem wichtig, eine Umgebung der konstanten Weiterentwicklung zu fördern – unter Einbezug von Microlearning, personalisierten Lernpfaden, eigenverantwortlichem Lernen und dem Wecken der Neugier unserer Kolleginnen und Kollegen.
Jacqueline: Dank Antonias großartiger Grundlagenarbeit wird das interne Lernen bei getAbstract im Jahr 2024 in einem neuen Licht erstrahlen. Derzeit entwerfe ich, als Anschluss daran, eine Lernplattform, die alle verfügbaren Ressourcen bündelt, um die Weiterentwicklungsmöglichkeiten möglichst einfach zugänglich zu machen. Wir nutzen dazu bestehende Ressourcen wie Abstracts und Actionables. Zusätzlich soll das Projekt „Share your Passion/Expertise“ die Mitarbeitenden weltweit mit kurzen Lernvideos am Fachwissen aller Kolleginnen und Kollegen teilhaben lassen. Das Ziel ist es also, Wissen in kompakter Form weiterzugeben, zu teilen. Ich bin gespannt, wie das Format angenommen wird.
Was sind die brennendsten Probleme an den Arbeitsplätzen und wie geht ihr sie an?
Antonia: getAbstract mit seinem globalen Team hat sich vor drei Jahren schnell an die neue Situation mit dem weitverbreiteten Arbeiten von zu Hause angepasst. Unser HR-Team hat jedoch bemerkt, dass sich die Fernarbeit und die längere Bildschirmzeit durchaus auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden auswirkten.
Jacqueline: Deshalb hat unsere Leiterin für Führungskräfteentwicklung, Sonja Kuhn, zusammen mit Antonia ein Programm zur Burn-out-Prävention ins Leben gerufen, das für Führungskräfte obligatorisch und für alle anderen freiwillig ist. Das Feedback war positiv, und es wurde ein Safe Space für offenen Dialog geschaffen, der nicht mehr wegzudenken ist. Ich habe vor, die sozialen Verbindungen auch durch mehr virtuelle Kaffeepausen zu verbessern – das war einer der Wünsche, die in internen Umfragen geäußert wurden – und durch die Fortsetzung von „Friday PM Unplugged“, unsere unternehmensweiten Freitagnachmittage ohne Meetings, um konzentriertes Arbeiten, Lernen und Kreativität zu fördern.
Psychologische Sicherheit in Unternehmen
Springer GablerAntonia: Wir haben auch eine „Work-from-anywhere“-Policy eingeführt, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, zwei Monate im Jahr zu arbeiten, von wo sie wollen – also abseits ihres eigenen Schreibtischs. Vertrauen ist das Herzstück solch flexibler Arbeitsregelungen, und das zahlt sich aus.
Es war bemerkenswert zu sehen, wie viele Kolleginnen und Kollegen das ‚Work-from-anywhere‘-Angebot genutzt haben und gleichzeitig die Produktivität steigern konnten.
Antonia McGrane
Antonia, was hast du in diesem Jahr beim Aufbau von People & Culture gelernt? Was hat funktioniert und was nicht?
Antonia: Die Einführung der neuen „People & Culture“-Stelle wurde intern gefeiert. Initiativen wie Webinare, Buchclubs, Lehrgänge und Trainings, aber auch eine unterhaltsame Jahresendveranstaltung fanden großen Anklang. People & Culture hat also Potenziale, aber auch neue Erwartungen geweckt. Da ich auch weiterhin als Lernberaterin für über 20 Kunden tätig war, habe ich viele faszinierende und hilfreiche Einblicke in die Lernkulturen anderer Organisationen gewonnen.
Du hast also wertvolle Ideen für deine neuen Aufgaben im „normalen“ Job gewonnen?
Antonia: Ja! Es war toll, einerseits die Herausforderungen unserer Kunden zu verstehen, aber auch die praktischen Möglichkeiten aufgreifen zu können, von denen sie mir im Hinblick auf Lösungen erzählten. Ein Hindernis, von dem ich viel hörte, war zum Beispiel, dass es auf Kundenseite immer wieder Probleme mit der Akzeptanz der Führungskräfte gab, wenn es um geplante Lern- und Gesundheitsinitiativen ging. Ich habe gelernt: Um den sogenannten Leadership-Buy-in zu kriegen, ist es unerlässlich, die potenziellen Vorteile, den Return on Investment und die positiven Auswirkungen auf das Engagement der Mitarbeitenden und die Unternehmensleistung immer wieder zu kommunizieren und aufzuzeigen. Wenn das nicht gelingt, wird es schwierig mit der Rückendeckung von oben.
Jacqueline, worauf willst du dich jetzt konzentrieren? Was willst du von den gewonnenen Erkenntnissen mitnehmen oder ändern?
Jacqueline: Im nächsten Jahr liegt mein Schwerpunkt auf der Bewältigung von Herausforderungen an hybriden Arbeitsplätzen. Ich meine, wir alle haben uns sehr schnell ans Arbeiten von zu Hause gewöhnt und schätzen die Vorteile des kurzen Pendelweges vom Bett zum Schreibtisch. Allerdings bringt das Ganze natürlich auch Herausforderungen mit sich, sei es die tägliche Selbstmotivation, die Einarbeitung neuer Mitarbeitender ohne physisches Büro oder das Gefühl, nicht in ein Team integriert zu sein – von der Sicherstellung ausgewogener Arbeitspensen und der Bewältigung von Führung über große Entfernungen ganz zu schweigen. Ich glaube, interne Schulungen, die auf diese Bedürfnisse zugeschnitten sind, sind für die Entwicklung unserer Teams entscheidend.
Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch gern etwas Neues lernt. Es geht einfach darum, dass die Arbeitnehmenden das finden, was sie im Moment anspricht und weiterbringt.
Jacqueline Matter
Deshalb setzen wir auf einen virtuellen Lernraum, in dem alle Ressourcen leicht zu finden sind. Meine langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit L&D-Spezialisten global tätiger Unternehmen hat mir gezeigt, dass die angebotenen Lernressourcen noch so gut sein können – wenn sie nicht einfach abrufbar und auf die Mitarbeitenden zugeschnitten sind oder Letztere nicht ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert werden, bringt das alles nichts.
Kompetenzorientierte Personalentwicklung
Springer GablerL&D steht derzeit weltweit vor Herausforderungen. Wie seht ihr die aktuellen Budgetkürzungen in den Lernabteilungen?
Antonia: Ich sag es mal so: Starke lernende Organisationen fördern offene Kommunikation, unterschiedliche Perspektiven und praktische Anwendung. Initiativen wie Diversity-Training, die Entwicklung emotionaler Intelligenz oder zeitgemäße Führungslehrgänge stärken das Verständnis für die Mitarbeitenden und die Beziehungen unter ihnen. Es ist die Aufgabe von L&D-Abteilungen, die Kolleginnen und Kollegen zu befähigen – damit sie Veränderungen selbst und souverän bewältigen können. Wer hier Abstriche macht, macht Abstriche an seiner Kultur und wird es mit dem Wandel schwieriger haben.
Jacqueline: Solche Kürzungen wirken sich natürlich auch auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus – und die Auswirkungen spüren alle, sie haben Auswirkungen auf die Einarbeitung der „Neuen“ bis hin zur strategischen Entwicklung einer Führungsperson. Wer bei L&D spart, sorgt also nicht selten anderswo für neue Kosten.
Zum Beispiel?
Jacqueline: Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitenden keine Entwicklungsmöglichkeiten bieten, können sie sich zurücklehnen und dabei zusehen, wie sich die Leute vom eigenen Laden verabschieden – zuerst die Besten und dann nach und nach auch alle anderen. Und dann? Müssen sie für die unbesetzten Stellen neue Leute suchen, finden, einstellen und erst noch ausbilden.
Die bisher ‚versteckten‘ Kosten solcher Mitarbeiterfluktuationen sind in den letzten Jahren für viele Unternehmen besonders deutlich geworden – und ein Großteil von ihnen hat deshalb umgedacht und dafür gesorgt, dass ständige interne Fortbildung so selbstverständlich ist wie ergonomische Bürostühle.
Jacqueline Matter
Welche Tools können also L&D-Abteilungen einsetzen, um einen hohen „Return on Learning Investment“ zu erzielen, ohne das Budget zu sprengen?
Antonia: Ich denke, dass kleine, aber sinnvolle Schritte wirkungsvoll sind. Um sie zu tun, muss man nah bei den Kolleginnen und Kollegen sein, ihre Probleme verstehen. Davon abgeleitetes, passgenaues Lernen unterstützt sie dann bei ihren täglichen Aktivitäten, und das merken sie natürlich auch sofort. Diese Fortschritte in einem weiteren Schritt intern zu „vermarkten“, ist essenziell, um auch bei anderen die Neugier zu wecken. Hier ist etwas Kreativität gefragt – und auch erwünscht. Hilfreich dabei ist es, die Frage aller Fragen des zu entwickelnden Personals stets im Hinterkopf zu haben und natürlich zu beantworten: „Warum ist dieses Lernen wichtig für mich?“
Die Zukunft des Lernens im Unternehmen
Thomas TillmannJacqueline: Stichwort Transparenz und Übersicht: Es ist doch sehr ermutigend zu sehen, dass auch relativ simpel umzusetzende Initiativen wie „Friday PM Unplugged“ oder die Möglichkeit für unsere Mitarbeitenden, an ihrem Geburtstag freizunehmen, alles andere als kompliziert zu organisieren oder durchzuführen sind – sie kosten so gut wie nichts, erhöhen aber das Wohlbefinden und zeigen die Wertschätzung des Unternehmens. Konstante, zielgerichtete und offene Kommunikation ist essenziell für erfolgreiche L&D-Initiativen. Und: Etwas Flexibilität und praktische Erfahrung wirken im Hinblick auf schmalere Budgets mitunter Wunder.
Antonia, welchen Rat würdest du Jacqueline mit auf den Weg geben?
Antonia: Bei ihrer Erfahrung und Kreativität muss ich ihr eigentlich keine Ratschläge geben. Aber was wir beide wissen, ist:
Wer interne Talente erkennt, die Lernenden mit ihren Bedürfnissen in den Mittelpunkt der Arbeit stellt und sich darauf konzentriert, die Vorteile von People & Culture aufzuzeigen, macht’s richtig. Auf diesem Wege lassen sich dann auch weitere Argumente zur Überzeugung des Managements gewinnen.
Antonia McGrane
Jacqueline, an welchen Zielen willst du dich für deine Arbeit messen lassen?
Jacqueline: Ich finde interne Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit und das Zusammentragen anderer nötiger Kennzahlen – Klicks auf Lernressourcen zum Beispiel – hilfreich. Aber letztlich ist mein größtes Ziel schon erreicht, wenn ich dazu beitragen kann, dass eine Person sich verbessert, beim Lernen Fortschritte macht und sich bei der Arbeit wohler fühlt.
Über Antonia & Jacqueline
Antonia McGrane war viele Jahre lang Customer Success Manager bei getAbstract. Im Jahr 2023 hat sie die neue People-&-Culture-Stelle bei getAbstract mitgestaltet und besetzt und begibt sich nun mit ihrem Mann auf ein Abenteuer nach Australien. Jacqueline Matter ist Customer Success Manager bei getAbstract und wird im Jahr 2024 die People-&-Culture-Stelle übernehmen.