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Für Ihren individuellen Wissensvorsprung haben wir hier 3 getAbstract-Zusammenfassungen (ein Buch mit insgesamt 558 Seiten und 2 Artikel) zum Thema recherchiert und praktisch eingeordnet. Hätten Sie diese Arbeit selbst übernommen, wären Sie nicht weniger als 662 Minuten (ungefähr 12 Stunden) beschäftigt gewesen. Erfahren Sie mehr.

Der ewige „War for Talent“

Fachkräfte gibt es nie genug. Oder doch?

Die Plattenfirma Decca in London fand die jungen Männer aus Liverpool „ganz nett“. Aber die Verantwortlichen waren überzeugt, dass „Gitarrengruppen nicht mehr zeitgemäß“ sind. Also schickte man The Beatles im Jahr 1962 ohne Vertrag wieder nach Hause. Dumm gelaufen, lässt sich rückblickend sagen: Decca war zwar händeringend auf der Suche nach Talenten, aber offensichtlich mit der falschen Schablone – und verpasste es deshalb, die erfolgreichste Band der Musikgeschichte an Bord zu holen.

Der „Krieg um Talente“ tobt in vielen Wirtschaftszweigen, und das schon lange. Doch erst Mitte der 1990er-Jahre gab die Beratungsfirma McKinsey der Suche nach guten Leuten einen Namen. Dies sollte sich als eine der erfolgreichsten Marketingkampagnen aller Zeiten entpuppen: In kürzester Zeit sprach die gesamte Wirtschaftswelt darüber, dass sich der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte dramatisch zuspitzen werde, und die Sorge ging um, für nachwachsende Superstars nicht mehr attraktiv zu sein. Viele zogen deshalb McKinsey hinzu, was der Beratungsfirma sicher nicht geschadet hat.

Im Jahr 2023 ist der Fachkräftemangel aber weiterhin in aller Munde, angeblich toben die Schlachten auf den Jobmärkten heute sogar in bisher ungeahnter Intensität. Gibt man den Begriff bei Google ein, ploppen mehr als 5 Millionen Ergebnisse auf, und einschlägige Studien und Befragungen erklären die Bewältigung der Talentknappheit längst zum wichtigsten Thema des Personalentwicklerjahres.

Uwe Peter Kanning, Professor an der Universität von Osnabrück und Experte im Bereich der Personaldiagnostik, ist allerdings der Meinung, dass das alles etwas übertrieben ist:

Sicher hat der demografische Wandel dazu geführt, dass die Anzahl an Arbeitnehmern gesunken ist, doch echter Mangel, sodass sich die Bewerber die Arbeitgeber aussuchen, herrscht nur in Nischen.

Uwe Peter Kanning

Solche Nischen sind in Deutschland derzeit etwa das Gesundheits-, Pflege-, Betreuungs- und Erziehungswesen, wo insgesamt rund hunderttausend Stellen nicht (neu) besetzt werden können. Auch Bauelektriker, Heizungstechniker und Informatiker werden gesucht und häufig nicht gefunden.

Stutzig macht allerdings, und das betrifft den ersten Teil von Professor Kannings Zitat, dass jüngere und (oft) besser ausgebildete Leute heute dank des technischen Fortschritts und weltweiter Vernetzung zwar weniger zahlreich sind, aber auch um einiges produktiver als ihre Eltern oder Großeltern im vergleichbaren Alter oder auf der gleichen Hierarchieebene. Kann es also sein, dass die erfolglose Suche nach Fachkräften über die oben genannten Bereiche hinaus weniger eine Sache der Märkte ist als der Nachweis für weitverbreitete und folgenschwere Fehler bei der Personalbeschaffung und -weiterbildung?

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So funktioniert Talentmanagement

Wer die geheimen Gedanken der High Potentials kennt, sollte alarmiert sein.

Jean Martin und Conrad Schmidt Harvard Business Manager
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1. Falsche Schablone

John W. Boudreau, das Urgestein unter den US-amerikanischen HR-Experten, glaubt: Ja. In einem viel beachteten Artikel weist er für die USA zusammen mit seinem Co-Autor Ravin Jesuthasan nach, dass in ausgeschriebenen Stellen häufig nach eierlegenden Wollmilchsäuen gesucht wird. Aber: Die Wollmilchsau wird dabei nur selten gefunden, denn die gibt’s am Ende nur im Duden. Was aus Sicht der Personalabteilung nach „Fachkräftemangel“ aussieht, ist in vielen Fällen eher ein Fall von unnötig komplizierten oder gar völlig unrealistischen Vorstellungen seitens der Unternehmen, meint Boudreau.

Die Lösung des Problems? Nicht mehr in Jobprofilen denken, sondern die Anforderungen zum Erledigen von ‚Jobs to be done‘ aufdröseln, auseinandernehmen, aufteilen und immer mal wieder bedarfsgerecht neu konfigurieren.

Statt eine Position also mit völlig heterogenen Qualifikationswünschen vollzupumpen und auszuschreiben, sollten Personalabteilungen aktuelle Übersichten über fehlende und zu entwickelnde Skills gewinnen. Oft lassen sich vermeintlich an einer Stelle fehlende Fähigkeiten andernorts im Unternehmen finden, womöglich sogar in vielen verschiedenen Personen oder Personenkonstellationen. Und wo das nicht der Fall ist, lassen sie sich so – und nach Bedarf – in neuer Festanstellung oder Freelance ergänzen, punktuell und eventuell auch nur befristet.

Wenn Sie hier mehr Input brauchen: Meinem Kollegen Michael Wiederstein hat der zitierte John Boudreau ein englischsprachiges Interview gegeben, in dem er erklärt, wie man die besten Leute über Projekte statt Stellen an die eigene Organisation binden kann.

2. Falsche Fragen

„Technischer Experte 3. Klasse“ – mehr war nicht drin für Albert beim Schweizer Patentamt, trotz abgeschlossenem Studium. Vorher hatte sich der „junge“ Einstein bereits vielfach beworben, nur Absagen erhalten und musste sich als Aushilfslehrer über Wasser halten. Ob er wohl – wie so viele seiner vielleicht weniger genialen Leidensgenossen heute – für überqualifiziert gehalten wurde? Oder doch für „zu wenig praxisnah“? Oder war er mit seinem Ausnahmetalent in den Augen anderer gar ein Spinner? Nicht selten werden Bewerber mit solchen oder ähnlichen Vorverurteilungen oder Abqualifizierungen erst gar nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen. „Warum die Zeit vergeuden?“

Bis vor Kurzem taten sich Personalverantwortliche gern auch dadurch hervor, ‚Lücken‘ in CVs aufzuspüren und sich deshalb keine neuen Gesprächstermine aufzuhalsen. Schulabbrecher? Germanisten? Und was hat der oder die eigentlich ein Jahr in Australien gemacht, außer am Strand zu liegen?

Diese Zeiten sollten ein Ende finden, genauso wie Vorverurteilungen und Schubladendenken! Es lohnt sich stattdessen, bei der Talentsuche andere Fragen zu stellen als die, was man wo gemacht hat und was man so „mitbringt“. Als wichtiger stellt sich oft heraus, wie lern- und leistungsbereit Menschen sind. Richard Branson und Steve Jobs waren beide Schul- bzw. Studienabbrecher. Viele semitalentierte Recruiter hätten die heutigen Business-Superstars von vornherein ausgeschlossen. Beide aber haben gezeigt, dass ihr Talent an anderer Stelle effektiver nutzbar war.

Mein Geschäftsmodell ist das gleiche wie bei den Beatles. Sie waren vier Jungs, die ihre Schwächen gegenseitig ausgeglichen haben. Sie haben sich damit ausbalanciert und die Gruppe war im ganzen weit besser als die Summe ihrer Bestandteile. So sehe ich auch das Unternehmertum. Großartige Dinge entstehen nicht durch eine einzige Person, sie können nur in einem Team gelingen.

Steve Jobs

Talent findet sich also nicht auf dem Papier. Talent zeigt sich oft erst, wenn es unter Beweis gestellt werden kann. Oder wenn experimentiert werden muss. Dazu müssen Leute eine Chance erhalten – interne Leute, die vielleicht irgendetwas besonders gut, es aber aktuell nicht einsetzen können. Und externe Kandidaten, denen man, echtes Interesse vorausgesetzt, immer mehr abgewinnen kann als Abschlusszeugnisse, Zertifikate und geschönte Fremdsprachenkenntnisse. Theorie ist gut, aber Talente zeigen und entwickeln sich vor allem praktisch.

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Verborgene Talente finden

Polieren Sie Ihre Rekrutierungsstrategie auf.

Harvard Business Manager Harvard Business Manager
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3. Falsche Strategien

Kommen wir noch zum Fußball: Früher war es in vielen Ländern nicht erlaubt, in einem Match mehr als drei Spieler mit einem ausländischen Pass auf das Feld zu schicken. Das war natürlich eine umstrittene Regel. Aber sie zeigte einen hochinteressanten Nebeneffekt: Mannschaften waren gezwungen, eigenen Nachwuchs aufzubauen. Einkaufstourismus, wie ihn Manchester, Madrid, Bayern & Co. betreiben, gab es nicht. Stattdessen konzentrierte man sich darauf, die Stärken des Nachwuchses herauszufinden, diese auszubauen und zu fördern. Erkannte man ein Talent in den eigenen Jugendmannschaften (oder sogar noch besser: bei denen der Konkurrenz), bot man einen Platz im Fussballinternat an und investierte in die Talententwicklung. Und gleichzeitig in die allgemeinen schulischen Kompetenzen. 360 Grad würde man das heute nennen …

Im Jahr 2023 können Organisationen zum Glück internationale Jobbörsen abgrasen und Menschen Chancen geben, die man ihnen früher aufgrund ihrer Nationalität vorenthielt. Aber: Diese Option hat in der jüngsten Vergangenheit zu einer trügerisch straflässigen internen Talententwicklung geführt.

‚Jeder ist ersetzbar‘? Das sagt heute niemand mehr mit der Arroganz des Mächtigen.

Eine aktuell veröffentlichte Studie von Lighthouse Research & Advisory und dem Cornerstone People Research Lab zeigt: Junge Menschen haben Lust auf Karriere – und das im eigenen Unternehmen. Doch selbst wenn sie aktiv darauf hinweisen, erhalten sie oft keine Möglichkeit. Ihre Führungskraft weist sie in die Schranken, interne Mobilität ist „nicht Teil der Arbeitskultur“ … Die Gründe für Resignation sind vielfältig. Und irgendwann gehen die Guten, suchen sich einen anderen Ort, um ihre Fähigkeiten endlich erfüllend und produktiv einzusetzen.

Deshalb, liebe Personaler und Unternehmenslenker: Macht den Weg frei! Redet mit euren Leuten, fragt sie nach Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten. Nur so erkennt man die (künftigen) Superstars in den eigenen Reihen. Bringt die Leute zusammen und lasst sie kreativ sein.

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Wenn Ideen Sex haben

Alles wird gut: Die positiven Seiten von Globalisierung und Bevölkerungswachstum.

Matt Ridley Deutsche Verlags-Anstalt
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Talente sind da, bringen Sie diese zusammen

In meiner letzten Kolumne schrieb ich, dass Ghostwriter keine Verbrecher sind. Sie sind vielmehr ein gutes Beispiel dafür, was sich erreichen lässt, wenn Menschen sich gemeinsam darauf einigen, dass jeder sein Talent in die Waagschale wirft, um eine Kombination daraus zum Erfolg zu machen. Machen Sie es nicht wie die Plattenfirma Decca mit den Beatles oder das Museum of Modern Art (MoMA) in New York mit Andy Warhol: Der Künstler hatte dem Haus sein Bild „Shoe“ schenken wollen. Aber, weil niemand ihn kannte, rief man ihn an mit folgender Bitte: „Herr Warhol, holen Sie bitte Ihr Bild wieder ab.“ Hätte doch bloß mal einer hingeschaut! Oder die folgenden Schritte beherzigt:

  • Schritt 1: Talente in den eigenen Reihen finden.
  • Schritt 2: Talente fördern und fordern.
  • Schritt 3: Talente zusammenbringen und die Kraft potenzieren.

Hier finden Sie Wegleitungen zu den einzelnen Schritten – und denken Sie von nun an öfter auch an Goethe (den kennen Sie als Schriftsteller, aber er war – Stichwort: versteckte Talente – auch Naturwissenschaftler, Anwalt, Diplomat, Politiker u. v. m.): „Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen: Denn das Glück ist immer da.“

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