Kollaboratives Lernen: keine Gruppenarbeit
Kollaboratives Lernen soll Mitarbeitende unterstützen, gemeinsam neue Ideen zu erarbeiten oder lösungsorientierte Antworten auf bestehende Herausforderungen zu finden. Dahinter steckt der pädagogische Ansatz, sich aktiv auszutauschen und sich als Person mit eigener Meinung sowie dem eigenen Wissen einzubringen. Im Team werden Ansätze und Konzepte diskutiert, aber auch konstruktiv kritisiert.
Gemeinsam werden aufbauend auf dem Austausch neue Ideen oder Konzepte entwickelt. Daher darf das kollaborative auch nicht mit dem kooperativen Lernen verwechselt werden. Beim kooperativen Lernen wird zwar gemeinsam ein Endergebnis angestrebt, doch erreicht wird dadurch, dass die Aufgaben aufgeteilt werden.
Beim kollaborativen Lernen hingegen geht es um einen gemeinsamen Lernprozess sowie offenen Wissensaustausch. Man könnte auch sagen: Jeder lernt von jedem und daraus ergibt sich die beste Lösung.
Theoretisch klingt das effizient und das ist es auch. Doch in der Praxis lässt sich das kollaborative Lernen nicht so einfach umsetzen. Besonders, weil jeder Mensch seine eigene Persönlichkeit hat. Will man gemeinsam einen Lernprozess gestalten, braucht es den Austausch der teilnehmenden Persönlichkeiten – in all ihren Facetten. So ist zum Beispiel der eine extro-, der andere introvertiert. Und auch das jeweilige Lernverhalten kann sich stark unterscheiden. Das wirkt sich natürlich auf die Zusammenarbeit aus. Wie kommt man also trotz alledem gemeinsam zum besten Ergebnis?
Der erste Schritt: Kommunizieren Sie die Vorteile
Michael Jordan sagte einmal: „Ich kann Versagen akzeptieren, keiner ist perfekt. Aber was ich nicht akzeptieren kann ist, es nicht zu versuchen.“ Wie weit diese Einstellung ihn gebracht hat, ist weltweit bekannt. Darum sollte Ihr erster Schritt darin bestehen, Ihr Team an Bord zu holen. Motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden oder auch Kollegen, indem Sie die Vorteile des kollaborativen Lernens betonen. Zeigen Sie auf, was es jedem persönlich, aber auch dem Unternehmen bringt:
- Selbstmanagement: Indem sich die Teams selbst organisieren, lernt jeder Einzelne innerhalb der Gruppe sich selbst besser kennen. Wie sich am besten einbringen? Wie die gemeinsamen Meetings produktiv gestalten? Wie sich selbst am besten auf jedes Miteinander vorbereiten? Mit welchen Argumenten die eigene Meinung platzieren?
- Leadershipdenken: Selbstorganisation bedeutet auch, dass man sich gegenseitig innerhalb der Gruppe führt. Oft kristallisieren sich einige der Teilnehmenden als Führungspersönlichkeiten heraus. Hier kann man als Unternehmen Anreize bieten: Wer Verantwortung übernimmt, sich als gute Führungskraft herausstellt, könnte vielleicht auf der Karriereleiter aufsteigen. Sicher geht es darum, gemeinsam einen Lernprozess zu gestalten und ein Ziel zu erreichen. Aber ein wenig an das Wettbewerbsdenken der Mitarbeitenden zu appellieren, wirkt nicht selten motivierend.
- Wissenstransfer & Wissensmanagement: Jeder im Team kann sein Wissen einbringen und es mit anderen teilen – und das über Abteilungsgrenzen hinweg. Dabei sind Verständnisfragen möglich. Kollaboratives Lernen sollte im besten Fall verschiedene Experten innerhalb Ihrer Organisation zusammenbringen. So kann sich jeder weiterbilden, und das in einem gemeinschaftlichen Rahmen –nicht allein vor dem Bildschirm oder in einem überfüllten Seminarraum, wo man vielleicht nicht mal alle Beteiligten kennt. Im schlimmsten Fall ist man dann permanent damit beschäftigt, sich Sorgen zu machen, dass man die nächste Person ist, die aufstehen und etwas Kluges sagen muss.
- Kommunikative Skills: Gerade introvertierte Menschen haben in einem fassbaren und planbaren Setting die Chance, die eigene Komfortzone zu verlassen. Denn jeder muss sich einbringen.
- Soziale Kompetenz & Empathie: Anderen zuzuhören bedeutet hinzuhören, die Ansichten der anderen aufzunehmen und im besten Fall zu verstehen. Hier helfen klare Regeln dabei, sicherzustellen, dass jeder gehört wird und jeder seine Meinung – im Rahmen der kulturellen Regeln innerhalb des Unternehmens – aussprechen darf.
Der zweite Schritt: Stellen Sie klare Regeln auf
Michael Jordan, um beim Beispiel zu bleiben, kannte die Regeln des Basketballspiels und hielt sich daran. Dennoch war er ein absoluter Überflieger, weil er sein eigenes Wissen und seine persönlichen Kompetenzen ins Spiel einbrachte. Übersetzt aufs gemeinsame Lernen bedeutet das: Es muss einen klar definierten Handlungsrahmen geben. Innerhalb dieser Grenzen kann jeder seine Persönlichkeit ausleben und seine Stärken ausspielen.
- Wann? Wie oft? Wo?: Diese organisatorischen Dinge sollten Sie als Initiator bereits im Vorfeld festlegen. Das Team kann sich virtuell treffen, vor Ort, oder Sie wählen eine hybride Form, also einen Mix aus realen und digitalen Treffen.
- Gestaltungsrahmen: Lassen Sie die Teammitglieder entscheiden, mit welchen Methoden sie arbeiten wollen. Das können Dinge wie Design Thinking oder Lean Management sein.
- Wissensdokumentation: Bestimmen Sie, wie die jeweiligen Ergebnisse nach jedem Meeting festgehalten und wo sie abgelegt werden. Am Ende eines jeden Treffens sollten die wichtigsten Punkte zusammengefasst werden. Das macht am besten jedes Mal eine andere Person aus dem Team.
- Spielregeln: Beim ersten Treffen sollte das Team gemeinsam Regeln aufstellen, wie die Zusammenarbeit funktionieren soll. Regeln wie:
1. Wir lassen jeden aussprechen.
2. Jede Meinung wird gehört.
3. Kritik ist immer konstruktiv.
Es muss klar sein, dass alle das gleiche Maß an Mitspracherecht haben, unabhängig von der Position im Unternehmen oder der Zeit, die man schon dabei ist. - Konsequenz: Gehen Sie gegen Regelverstöße konsequent und zeitnah vor. Lassen Sie den Schlendrian erst gar nicht zum Teammitglied werden.
Dritter Schritt: Starten Sie gut vorbereitet und bleiben Sie transparent
Je besser Sie vorbereitet sind, desto effizienter werden die Meetings verlaufen. Dabei sind folgende Punkte wichtig:
- Stellen Sie zuerst das Team zusammen. Achten Sie darauf, dass es divers ist, dass also Leute mit möglichst unterschiedlichem Alter und Geschlecht, unterschiedlicher Kultur und Erfahrung Teil davon sind.
- Definieren Sie das Problem, für das das Team eine Lösung erarbeiten soll. So kann es darum gehen, neue Geschäftsfelder zu finden oder Schwachstellen im aktuellen Arbeitsalltag auszumerzen.
- Beschreiben Sie das Ziel mit einem Satz. Lassen Sie dann das Team arbeiten.
- Sehen Sie das Team als autonome Einheit. Stehen Sie jedoch unterstützend zur Verfügung, wenn man Sie braucht.
Gerade wenn es darum geht, neue Produkte zu entwickeln, ist der abteilungsübergreifende Austausch in aller Regel ein echter Gewinn. Der Vertriebler steht im konstanten Austausch mit Kunden und Partnern, der Ingenieur weiß, was technisch machbar ist, Finance kann sagen, was das in Sachen Budget und Etat bedeutet … Jeder beleuchtet einen anderen Aspekt und sorgt so dafür, dass es am Ende nicht heißt: Warum habt ihr nicht einfach mal nachgefragt, es ist doch offensichtlich, dass wir das bei uns nicht umsetzen können.
Kollaboratives Lernen ist eine Herausforderung. Und dennoch wird es in Zukunft immer wichtiger werden, so die Rückmeldung aus vielen Unternehmen und von Experten. Uns steht ausreichend Wissen zur Verfügung. Um es richtig anwenden zu können, braucht es jedoch Übung und Erfahrung. Nutzen Sie die Übung und Erfahrung, die Expertise, die sich in Ihrem Unternehmen befindet, indem Sie die richtigen Leuten zusammen an einen Tisch bringen. Das wird nicht immer harmonisch ablaufen, doch um noch einmal abschließend den berühmtesten Basketballstar der Welt zu Wort kommen zu lassen: „Lernen ist ein Geschenk, auch wenn der Schmerz dein Lehrer ist.“