Die eigene Reputation managen
Es gibt keinen zweiten ersten Eindruck, heißt es gern – und das ist richtig. Reizüberflutung, Produktvielfalt und austauschbare Dienstleister machen es für Unternehmen nicht einfach, sich mit ihren Angeboten durchzusetzen. Denn während Menschen früher viel markentreuer waren, probieren sie mittlerweile öfter und schneller etwas Neues aus. Gerade Influencer haben hier einen großen Einfluss auf eine jüngere Zielgruppe. Aber auch bei den Älteren hat das „Das haben wir schon immer so gemacht“ nicht mehr immer Bestand – was unter anderem auch mit einer steigenden Preissensibilität zu tun hat.
Innerhalb der Unternehmen führt das – im besten Fall schon jetzt – dazu, dass konzentrierter und organisierter an der eigenen Reputation gefeilt wird. Sprich: Der eigene Ruf wird gezielt aufgebaut, konstant gepflegt, aktiv gesteuert und regelmäßig kontrolliert, um Stakeholdern, Kunden, Partnern, aber auch (zukünftigen) Mitarbeitenden das bestmögliche Bild zu vermitteln. Man hat verstanden, wie relevant das für den eigenen Erfolg ist – und vielleicht auch schon (am eigenen Leib) erlebt, wie schnell ein Ruf dahin sein kann. #shitstorm lässt grüßen.
Reputation – was den Kunden wichtig ist
Beginnen wir jedoch vorn, und zwar mit einer Definition. Grundsätzlich ist Reputation, bezogen auf die Wirtschaft und das Unternehmertum, das, was Dritte über ein Unternehmen, eine Organisation denken. Also das Fremdbild bzw. das Image eines Unternehmens. Damit ist Reputation vor allem eine subjektive Größe und basiert nicht selten auf Momentaufnahmen. Das führt dazu, dass ein schlechter erster Eindruck schon reicht, damit sich jemand gegen ein Unternehmen entscheidet, besonders in heiß umkämpften Märkten mit unzähligen Mitbewerbern. Eine falsche Aktion, eine blöde Werbung – und weg sind die vermeintlich treuen Kunden.
In ihrem Buch Modernes Reputationsmanagement schreiben die Autoren Florian Müller und Ulrich Bihler, dass Menschen ein Unternehmen nach drei Kriterien beurteilen: Kraft, Kompetenz und Konzilianz.
- Kraft: Damit ist gemeint, dass ein Unternehmen Haltung zeigt. Also einen eindeutigen Standpunkt vertritt und klar kommuniziert, was Kunden, Partner und Stakeholder erwarten können. Dazu gehört auch, nicht jeden Trend mitmachen zu wollen oder die eigene Marke zu verwässern, indem man plötzlich sein Portfolio immer weiter ausweitet, ohne zu schauen, ob Produkte bzw. Dienstleistungen zum Unternehmen passen. Denken Sie an Beispiele aus der Automobilbranche: Im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte haben viele dieser Marken ihr Portfolio immer weiter gestreckt bzw. vor keinem Modell haltgemacht. Sportwagenhersteller produzieren nun SUVs wie auch Elektromobile und „solide“ Marken wie VW plötzlich Limousinen. Mercedes taufte seine S-Klasse Maybach und Jaguar machte plötzlich auf Diesel. Hauptsache, man erreicht alle Zielgruppen.
- Kompetenz: Eigentlich ist es ganz einfach: Wer seine Sache zuverlässig gut macht, wirkt auf andere kompetent. Weiterentwicklung basiert jedoch in aller Regel darauf, Risiken einzugehen und die eigene Komfortzone zu verlassen. Daher streben Organisationen immer öfter eine moderne Fehlerkultur an. Das Credo: Fehler dürfen passieren, müssen aber analysiert werden. Darauf aufbauend muss zudem sichergestellt werden, dass es kein zweites Mal passiert. Auf der einen Seite kompetent zu wirken, weil man möglichst alles richtig macht, und auf der anderen eine gute Fehlerkultur zu leben, ist nicht einfach. Das Einzige, was hier hilft, ist Transparenz. Denn je transparenter ein Unternehmen kommuniziert und agiert, desto glaubwürdiger ist und bleibt es. Sicher dürfen Sie als Unternehmen Fehler nicht lapidar als „notwendiges Übel“ abtun. Aber Sie müssen sich bewusst sein, dass im Sinne des Fortschritts der Blick über den Tellerrand genauso wie ein gewisser Grad an Risiko wichtig und richtig ist.
- Konzilianz: Konzilianz meint diplomatisches Handeln im Sinne von Respekt, Verständnis und Toleranz. Egal ob Diversität, Nachhaltigkeit, ökologische Fußabdrücke – Kunden, Mitarbeitende sowie Stakeholder erwarten heute von Unternehmen, dass sie zu diesen Themen Stellung beziehen – und zwar möglichst individuell!
Reputation – Inszenierung ist die beste Antwort
Wer an der eigenen Reputation arbeiten möchte, sollte also auf die eigene Kraft, Kompetenz und Konzilianz achten. Diese drei Dinge lassen sich bewusst steuern und entsprechend lässt sich das eigene Image aktiv inszenieren. Oder zumindest zu einem großen Teil beeinflussen. Die Dinge einfach mal laufen zu lassen, ist keine gute Idee. Oder wie Matthias Meitner in einem Artikel zum Thema Reputationsmanagement im Harvard Business Manager schreibt:
Manche mögen es zynisch nennen, aber modernes Unternehmens-Reputationsmanagement ist keine Frage des Ansehens, sondern der nackten Zahlen.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Ein guter Ruf:
- … sorgt für Reichweite. Denn wer zufrieden mit einem Unternehmen oder dessen Produkten bzw. Dienstleistungen ist, der erzählt das auch gerne weiter.
- … steigert den Umsatz. Je vertrauensvoller ein Unternehmen erscheint, je besser sein Ruf, desto eher sind auch Neukunden bereit, zu kaufen. Bewertungsplattformen oder -möglichkeiten im Internet sind nicht selten ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung.
- … unterstützt beim Recruiting. In Zeiten von Fachkräftemangel können sich besonders die richtig Guten ihren Arbeitgeber aussuchen. Auch hier hat das Image einen großen Einfluss darauf, ob man die Talente für sich gewinnen kann oder ob sie doch zur Konkurrenz gehen.
- … steigert den Marktwert. Je besser der Ruf, desto eher werden Unternehmen Investoren, Stakeholder usw. gewinnen können.
Reputationsmanagement besteht dabei grundsätzlich aus zwei großen Bereichen. Auf der einen Seite geht es um die Recherche oder das Brand-Monitoring. Was sagen Kunden über das Unternehmen? Wie erleben Stakeholder die Zusammenarbeit? Wie schneidet das Unternehmen im Vergleich mit der Konkurrenz ab? Heute sind diese Informationen vor allem in der digitalen Welt zu finden. Über zahlreiche Tools können Verantwortliche herausfinden, welchen Ruf man in der virtuellen Welt hat. Mundpropaganda ist zwar immer noch die beste Werbung, lässt sich aber nur schwer tracken.
Ist der Ruf erst inszeniert
Harvard Business ManagerDer zweite große Bereich des Reputationsmanagements ist der aktive Part: also der bewusste Aufbau und die Pflege des eigenen Images. Dazu gehört vor allem gutes Storytelling. Aber auch „einfache“ Dinge sind nicht zu unterschätzen, etwa dass man den eigenen Namen auf sämtlichen sozialen Medien für sich beansprucht. Erstellen Sie also entsprechende Accounts mit Ihrem Namen, bevor es jemand anderes tut. Und seien Sie aktiv auf diesen Accounts bzw. verlinken Sie sie miteinander, wenn Sie nur einige wenige aktiv nutzen möchten.
Reputation – auch Krisen gehören vorbereitet
Zu einem guten und nachhaltigen Reputationsmanagement gehört auch, dass sich Unternehmen frühzeitig damit auseinandersetzen, was im Fall einer Krise zu tun ist. Wie wird kommuniziert? Wie transparent tritt man auf? Wer kommuniziert? Hier hat sich das H.E.A.R.D-System als gute Handlungsanleitung etabliert:
- Hear: Beschwert sich ein Kunde oder schreibt eine schlechte Bewertung, dann hören Sie zu. Zeigen Sie Interesse, fragen Sie nach. Das ist Ihre Chance, aus einer negativen doch noch eine positive Erfahrung zu machen.
- Empathize: Nehmen Sie Kritiker ernst und zeigen Sie sich empathisch. Machen Sie deutlich, dass Sie Ihre Kunden verstehen und ihre Anliegen Ihnen wichtig sind.
- Apologize: Entschuldigen Sie sich, wobei Sie konkret auf den Kunden und seine Situation eingehen: Was ist passiert? Warum ist es passiert? Wie findet man zu einer für beide Seiten guten Lösung?
- Resolve: Finden Sie gemeinsam mit dem Kunden eine Lösung: am besten persönlich und abseits der Öffentlichkeit.
- Diagnose: Analysieren Sie das Problem und bearbeiten Sie es so, dass es nicht noch einmal vorkommt.
Matthias Meitner weist in diesem Zusammenhang übrigens darauf hin, dass ein guter Ruf über alle Abteilungen oder Handlungen hinweg nicht das Ziel sein sollte. Vielmehr geht es darum, bewusst ein Image aufzubauen und zu pflegen, das wirklich zum Unternehmen passt – und dazu gehört, dass man neben seinen Stärken auch seine Schwächen kennt. Sein Beispiel: Discounter würden gar nicht dagegen angehen, dass man die eigenen Mitarbeitenden mit einem Mindestlohn entgelte. Der einfache Grund: Man erspare sich so, dass „Enthüllungen“ den Ruf schädigen – denn die Kritik ist nun einmal Tatsache. Die Schlussfolgerung: Bleiben Sie bei den Fakten.
Reputation – Stolperfalle soziale Medien
Durch das Aufkommen von Social-Media-Portalen hat sich die Intensität und Dynamik kommunikativer Prozesse verändert. Auf der anderen Seite – wie schon angesprochen – macht die digitale Welt es einfacher, zu erfahren, was Menschen über einen denken. Dennoch können die sozialen Medien schnell gefährlich werden. Daher ist es wichtig, Richtlinien für den Social-Media-Auftritt zu definieren und sich auch mit den rechtlichen Aspekten auseinanderzusetzen sowie gut ausgebildete Mitarbeitende mit dieser Aufgabe zu betreuen.
Das Social Web verändert das Reputationsmanagement, denn es intensiviert und vervielfältigt die Kommunikation mit den Stakeholdern. Es verändert aber auch die, die es betreiben.
Achim Kinter und Ulrich Ott
Laut den Autoren von Risikofaktor Social Web gibt es für das Online-Reputationsmanagement vier Erfolgsfaktoren:
- eine ausgefeilte Echtzeit-Medienbeobachtung
- eine zweckmäßige interne Organisationsform
- vorbereitete und eingespielte Strategien und Handlungsroutinen
- klare Regeln und Werte
Wichtig ist zudem, ob es sich um eine interne Plattform handelt, wie die Unternehmenswebsite, den eigenen Blog oder einen LinkedIn-Kanal, oder aber um eine externe Plattform, für die andere Instanzen Regeln aufstellen. Die eigene Seite lässt sich meist gut organisieren, externe hingegen können gerade im Fall eines Shitstorms schnell eine Eigendynamik entwickeln. Grundsätzlich lässt sich jedoch in beiden Fällen sagen: Eine schnelle Reaktion auf Kritik ist meistens die beste Antwort. Und die Einstellung, dass Kritik nichts Negatives ist. Und nein, der erste Schritt sollte nicht sein, eine Entschuldigung zu platzieren, sondern klarzumachen, dass man das Feedback erhalten hat und es ernst nimmt.
Reputation – wirklich kein „Nebenbei“
Bewusst und organisiert umgesetzt ist Reputationsmanagement für jedes Unternehmen eine Bereicherung. Fakt ist aber, dass es hier wirklich Zeit und auch entsprechend ausgebildete Menschen braucht. Was wiederum bedeutet, Geld in die Hand zu nehmen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Der Kosten-Nutzen-Faktor ist jedoch entsprechend hoch. Wichtig ist, ansprechbar zu sein und zuzuhören, um dann gleich darauf eigene Botschaften zu platzieren. Klaus Eck spricht in seinem Buch Transparent und glaubwürdig von „authentischer Kommunikation auf Augenhöhe“. Mittlerweile gibt es einige digitale Kanäle von Unternehmen, die sich allein den Beschwerden etwa von Kunden widmen. Bestes Beispiel: „Telekom hilft“. Proaktiv zu agieren unterstützt dabei, eine gute Reputation aufzubauen. Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, ist es schwierig, Dinge wieder zu retten. Machbar, aber mühsam. Ihr Ziel sollte also sein, es gar nicht so weit kommen zu lassen.