Prinzen und Prinzessinnen
Der Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebs sagte jüngst zu mir: „Die jungen Leute, die sich hier vorstellen, haben immense Erwartungen. Sie wollen vor allem, dass man sich um sie kümmert, sie umsorgt und alles tut, damit es ihnen gut geht. Die kommen gar nicht auf die Idee, dass sie dafür selbst sorgen müssen. Für die soll Arbeit vor allem Spaß machen, immer einem großen Sinn dienen und irgendwie die Welt retten. Die können sich gar nicht mehr vorstellen, dass Arbeit mühevoll ist und dass auch Sachen gemacht werden müssen, die niemand gerne tut.“
Der Mann ist nicht allein. Viele Ausbildungsleiter in den Unternehmen bestätigen die Eindrücke: Junge Berufseinsteiger seien meist unerfahren, hätten nur noch selten Erfahrungen in Ferienjobs gemacht und manche kippten, so ein HR-Verantwortlicher unter vier Augen polemisch, „schon beim Bewerbungsgespräch in den Burn-out“.
Fragt man nach den Usachen, zeigen die Arbeitgeber auf die Schulen, die Schulen zeigen auf die Kitas, die Kitas zeigen auf die Eltern, und die Eltern zeigen auf ihre eigene Kindheit. Das ist nicht ohne gesellschaftlichen Sprengstoff.
Die Jungen fragen derweil zuerst, was das Unternehmen für sie tun kann, nicht, was sie für das Unternehmen tun können. Sie fragen nicht nach Aufstiegsmöglichkeiten, sondern nach Sabbaticals. Vertreter einer „Schneeflocken-Generation“? Jedenfalls überempfindlich, moralisierend, ichzentriert. Weil ihnen alles nachgetragen und Vergnügungen immer ohne jede Gegenleistung gewährt wurden. Sie sollten halt ‚glückliche‘ Kinder sein.
Nimmt man hinzu, wie die Zahl der jungen Menschen steigt, die die Sicherheit des Staates einem Leben in der Wirtschaft vorzieht, die lieber verwalten als erschaffen, dann ist da wenig unternehmerische Initiative spürbar, kaum Freude an der Herausforderung oder Intensität der Lebensführung. Diese jungen Menschen sind auf die Arbeitswelt der Zukunft schlecht vorbereitet. Sie wachsen derart luftgepolstert auf, dass sie nach dem Verlassen des Elternhauses einen Wirklichkeitsschock erleben.
Mit etwas Mut zur Vergröberung kann man sagen: Kinder werden heute zu kleinen Prinzen und Prinzessinnen erzogen, denen man das Leben zu Füßen legt. Typisch dafür sind die Kaninchen, die gekauft werden, um dem Kind einen Gefallen zu tun – um die sich dann aber die Eltern kümmern müssen, weil Kaninchen eben auch Arbeit machen.
Mach keinen Ärger, Alter!
Harvard Business ManagerDennoch bescheinigt man ihnen fortwährend, wie großartig sie sind. Später im Berufsleben erwarten sie dann, dass ihnen – wie zu Hause – alles anstrengungslos zufliegt. Dass man ihnen auf die Schultern klopft und für ihr bloßes Dasein Komplimente macht.
Was dieser Generation in die Karten spielt, ist die momentane Knappheit auf den Personalmärkten sowie ihre Technikaffinität. Das lässt sich ausbeuten.
Generation Z für Personaler und Führungskräfte
Carl Hanser VerlagUnd natürlich rächt es sich jetzt, wenn ein Unternehmen im umgebenden Meinungsklima keinen guten Ruf hat. Aber wir sollten uns nicht abdankungslüstern in den Staub werfen. Wir müssen diesen jungen Menschen offen entgegentreten, nicht moralisieren, nicht ihre Anmaßungen kritisieren, sondern sagen:
- Sie treten in eine Arbeitsgemeinschaft ein, in der die Kooperation vorrangig ist; erst danach kommen Ihre Individualinteressen.
- Sie treten auch nicht in eine geschichtslose Organisation ein, sondern in ein Unternehmen, in dem für den jetzigen Erfolg gelitten wurde. Die Nachfolgenden sind deshalb für die Vorausgegangenen verantwortlich, weil sie von deren Kräften in der Gegenwart zehren.
- Sie treten auch nicht in die Heilsarmee ein, sondern in ein Unternehmen, das im Wettbewerb steht und das jeden Tag Gefahr läuft, das Spiel zu verlieren.
- Wir arbeiten hier auch nicht vorrangig dafür, ein Einkommen zu erzielen, um damit unsere Miete zu bezahlen, sondern die Lebensqualität anderer Menschen zu erhöhen. Von Kunden also, Menschen außerhalb des Unternehmens. Nur der Kunde erlaubt uns das Weitermachen. Letztlich hat sich alles dem unterzuordnen.
- Ja, auch Sie!
- Wenn Sie das anders sehen, dann passen wir nicht zusammen.
Wie jung und alt gut zusammenarbeiten
Harvard Business ManagerDiese Klarheit ist zumutbar, verantwortlich und langfristig erfolgreich. Wer da sagt, so bekäme er niemanden mehr, möge bedenken: Nichts ist gewonnen, wenn wir junge Menschen auf unrealistische Weise in die Arbeitswelt zu integrieren versuchen. Und wir sollten lieber mit weniger Kolleginnen und Kollegen auskommen, als die falschen einzustellen.
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