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Winnetou und der „Gefühlsterror“

Es lohnt sich, über Gefühle nachzudenken. Aber das gilt nicht nur für die eigenen.

Mit der Ankündigung des Ravensburger Verlags, einige Kinderbücher aus dem Programm zu nehmen, ist Karl May in diesem Sommer noch einmal zu völlig unerwarteter Aufmerksamkeit gekommen. Der Grund für die Entscheidung? Die Bücher zum Film Der junge Häuptling Winnetou waren für ihre rassistische und klischeehafte Darstellung amerikanischer Ureinwohner kritisiert worden.

Als parallel bekannt wurde, dass die ARD Karl-May-Klassiker nicht mehr zeigen werde, gab es kein Halten mehr: Unabhängig vom Hinweis des Senders, dass man schon seit 2020 keine Rechte mehr an den Filmen besäße – die liegen jetzt beim ZDF –, entstand ein veritabler Shitstorm. Getrieben war der von einer Medienkampagne, die das Bild einer „woken“ Minderheit zeichnete, die brave Bürger zwinge, sich ihrem Weltbild zu unterwerfen.[1]

Mit einem LinkedIn[2]-Post hat das Thema schließlich auch die Unternehmenswelt erreicht: Der Personalvorstand eines DAX-Konzerns teilte voller Begeisterung einen Zeitungsartikel[3], in dem sich der aktuelle NZZ-Chefredakteur über die zunehmende Sensibilität gegenüber dem „Unwohlsein unserer Mitmenschen“ beklagt. Dadurch nehme „die freie Entfaltung, die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks schleichend“ ab, so der Autor.

Unabhängig davon, dass beide einer Kampagne aufgesessen sind (und/oder sie befeuert haben) und dass man sich bei Journalisten und Topmanagern manchmal mehr Medienkompetenz wünscht, finde ich einen weiteren Punkt bemerkenswert: Die Kritik des NZZ-Journalisten entzündet sich daran, dass sich Verlage und Konzertveranstalter bei ihren Entscheidungen auf Gefühle berufen. Das Schlimmste: „Nicht einmal auf ihre eigenen, sondern auf die Gefühle von anderen, die sich angeblich beklagt und sich gekränkt gefühlt haben“.

Der Unternehmenslenker stimmte dem aus ganzem Herzen zu, sprach sogar von ‚Gefühlsterror‘, dass er die ‚Pseudomanipulationen‘ leid sei und sich den Helden seiner Jugend nicht verbieten lassen würde.

Das Interessante dabei? Die eigenen Gefühle nehmen beide ausgesprochen ernst, zelebrieren sie sogar. Ihre Wut, die Enttäuschung, die Angst vor Bedeutungs- und Kontrollverlust. Nur die Gefühle der anderen sind ein Problem. Die sollen sich nicht so anstellen. Sollen verstehen, dass ihr Wunsch, Verletzungen zu vermeiden, zwar nachvollziehbar sei, aber „Schmerz, das Unwohlsein sind dem Leben inhärent.“ und immerhin sei Widerstandskraft wichtig für das Funktionieren einer Gesellschaft.

„Unwohlsein“ ist weit verbreitet

Mit ihrer Irritation sind die beiden nicht allein. Laut einer Allensbach-Umfrage[4] sind zwei Drittel der Bevölkerung der Ansicht, man müsse heute „sehr aufpassen, zu welchen Themen man sich wie äußert“. Nur unter Freunden fühlen sich die meisten sicher und glauben, ihre Meinung frei äußern zu können.

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Der Chef, den ich nie vergessen werde

Als Chef und Mensch unvergesslich werden – im Guten.

Alexander Groth Campus Verlag
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Die Diskrepanz ist leicht zu erklären: Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass die Menschen in unserem engeren Kreis – unsere Freundinnen und Bekannten – uns ähnlich sind. Dass sie tendenziell die gleichen Erfahrungen machen, wichtige persönliche Merkmale teilen und damit auch unsere Sichtweise.

Das macht es einfach, Themen zu diskutieren, die wir in einem anderen Kontext lieber vermeiden: Wir sind ohnehin einer Meinung, dann gibt es auch keinen Streit.

Der Nachteil: Es gibt auch keinen Austausch verschiedener Vorstellungen. Wir werden nicht herausgefordert und lernen nicht dazu. Aber statt uns ins Unbekannte zu stürzen, das Unwohlsein auszuhalten und zu erkunden, beklagen wir lieber, dass überall Fettnäpfchen lauern und andere plötzlich übermäßig empfindlich reagieren.

Sollen sich wirklich nur andere unwohl fühlen?

Fragen Sie sich manchmal, warum heute nicht mehr okay ist, was früher kein Problem darstellte? Einfache Antwort: Es war nie okay. Das blieb nur unbemerkt, weil die Betroffenen verletzende Witze und Bemerkungen klaglos hingenommen haben. Vielleicht ist Ihnen das auch selbst schon einmal passiert? Jemand hat einen Witz oder eine Bemerkung gemacht, die nicht lustig war, und Sie haben das durchgehen lassen? Wir tun das vor allem, wenn wir keine Lust auf eine Auseinandersetzung haben oder in keiner besonders starken Position sind.

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Gewaltfrei und wertschätzend zu kommunizieren bedeutet mehr, als dass Sie auf Handgreiflichkeiten verzichten.

Beate Brüggemeier Junfermannsche Verlagsbuchhandlung GmbH & Co. KG
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Was wir aktuell erleben, ist eine Emanzipationsgeschichte. Menschen, die ihr Recht auf eine faire und respektvolle Behandlung einfordern. Die klar sagen, dass sie sich verletzt fühlen. Ich kann auf zwei Weisen damit umgehen: Ich kann sagen „das ist mir egal“, „stellt euch nicht so an“ oder darauf Rücksicht nehmen und neues Verhalten lernen.

Sich noch mal richtig anstrengen

Eigentlich lernen wir im Rahmen unserer Sozialisierung automatisch, „was sich gehört“, aber in einer sich schnell verändernden Welt müssen wir uns immer wieder neu mit Sprache und ihrer Wirkung auseinandersetzen. Das ist mühsam und die Frage, wie viel Mühe ich mir damit mache, hängt davon ab, wie wichtig es mir ist, anderen Menschen mit Respekt zu begegnen.

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Kurswechsel im Kopf

Mit psychischer Flexibilität zu Resilienz und innerer Freiheit.

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Neues zu lernen ist Arbeit und fordert uns heraus. Wir geraten in Situationen, in denen wir uns unsicher oder unwohl fühlen. Aber wie heißt es im NZZ-Artikel: „Erwachsenwerden bedeutet auch zu lernen, mit dem Unwohlsein umzugehen. Nicht aus jedem Unwohlsein ein Drama zu machen.“ Dem kann ich von ganzem Herzen zustimmen. Kein Drama machen gilt allerdings auch für die oben zitierten Autoren – und die müssen sich offensichtlich noch daran gewöhnen.

Was Sie tun können, um die Welt anderer Menschen zu verstehen und neue Perspektiven zu entwickeln?

  • Folgen Sie Menschen auf Twitter, LinkedIn und Xing, die eine andere Demografie haben, und nutzen Sie so Social Media, um die Realität anderer Menschen kennenzulernen.
  • Egal ob online oder offline: Suchen Sie Gelegenheiten, um an anderen Diskussionen teilzuhaben als an denen, die Sie gewöhnlich führen. Meistens lohnt es sich dabei, zunächst mal zuzuhören.
  • Bewegen Sie sich außerhalb Ihrer Komfortzone. Besuchen Sie eine Veranstaltung, die Sie normalerweise nicht auf der Agenda hätten. Am besten gehen Sie allein. So kommen Sie leichter ins Gespräch.
  • Und schließlich: Akzeptieren Sie den Einfluss, den Gefühle auf Verhalten und Geschehen haben. Sie sind Teil des Problems, aber auch Teil der Lösung. Das setzt voraus, sich offen und empathisch mit ihnen auseinanderzusetzen – mit den eigenen ebenso wie mit denen von anderen.

Mehr zum Thema auch auf Englisch in diesem Klassiker:

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Difficult Conversations

You know that difficult conversation you don’t want to have? Here’s how to have it.

Douglas Stone, Bruce Patton and Sheila Heen Penguin
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[1] https://scompler.com/winnetou/

[2] https://www.linkedin.com/posts/oliver-maassen-36675760_unwohlsein-der-gef%C3%BChlsterror-fanatischer-activity-6969639815319318528-lHxn

[3] https://www-nzz-ch.cdn.ampproject.org/c/s/www.nzz.ch/amp/feuilleton/unwohlsein-der-gefuehlsterror-fanatischer-aktivisten-ld.1699209

[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1067107/umfrage/umfrage-zur-meinungsaeusserung-in-deutschland/


Nächste Schritte:
Weitere praktische Tipps und Tricks bietet Fair führen. Das Buch wurde mit dem getAbstract International Book Award 2020 ausgezeichnet. Laut Jury liefert es „nicht weniger als das erforderliche Rüstzeug für zukunftsfähige Unternehmen – eloquent, sachkundig und inspirierend.“

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