Schwierig, schwierig, aber machbar
Und da steht er wieder vor Ihrem Schreibtisch, der schreckliche Kollege aus der Marketingabteilung. Niemand mag ihn, weil er mit seiner narzisstischen Art jedem auf den Keks geht. Und dazu immer diese Selbstherrlichkeit, während doch alle wissen, dass er sich mit den Federn anderer schmückt.
Ja, es ist nicht immer einfach im Arbeitsleben. Während wir uns im Privatleben – mit wenigen Ausnahmen – die Menschen aussuchen können, mit denen wir unsere Zeit verbringen, ist das auf der Arbeit etwas anders. Und dieser Zwang führt dazu, dass Sie immer auch auf schwierige Zeitgenossen stoßen. Menschen, die mit ihrer Art, ihrem Verhalten, ihrer Einstellung eine Herausforderung sind. Oder eine Zumutung. Aber: Hilfe naht! Denn wer sich nicht nur über das Gegenüber aufregt, sondern herausfindet, was hinter der Fassade steckt, kann damit umgehen lernen, mitunter gegensteuern und damit dem gesamten Team einen Dienst erweisen.
Schauen wir also einmal genauer hin.
1. Der Blender
In den Charts der schwierigen Zeitgenossen ist er die Nummer eins: der Blender. Oder freundlicher: ein Mensch mit narzisstischer Persönlichkeit. Der Umgang mit ihm ist deshalb schwierig, weil er Sie in dem einen Augenblick in den Himmel lobt und im nächsten runterputzt. Ihm geht es nur um sich selbst, ein Lob ist stets mit Hintergedanken im Eigeninteresse verbunden. Und wenn er andere kleinmacht, will er sich persönlich einfach besser fühlen – einer „muss ja schuld sein“.
Ein narzisstischer Kollege ist schwierig, ein narzisstischer Chef ist nahezu untragbar. Doch gerade an der Spitze scheinen sich die Blender besonders gern niederzulassen.
Was also tun, um sich nicht jeden Tag über diesen Menschen aufzuregen? Oder noch besser, den Spieß umzudrehen und seine Persönlichkeit so zu „manipulieren“, dass es zu Ihrem Besten ist? Die Fachliteratur sagt: Einen Versuch ist es wert.
Beginnen Sie damit, sich selbst zu beobachten: Wie reagieren Sie, wenn der Blender mal wieder vor Ihrem Schreibtisch auftaucht? Sind Sie …
- … selbstbewusst? Dann wird Ihnen das Auftauchen des Blenders weniger ausmachen. Sie selbst verfügen über ein starkes Selbstwertgefühl, und die Anerkennung des anderen ist Ihnen deshalb weniger wichtig. Sie stehen zu Ihrer eigenen Meinung, sehen sich darin auch nicht bedroht. Tipp: Machen Sie so weiter.
- … bewundernd? Finden Sie den anderen gut? Stehen Sie vielleicht sogar hinter ihm und verteidigen Sie sein Tun? Dann besteht das Risiko, dass Sie über kurz oder lang gegen andere, größere Bewunderer ausgetauscht werden. Tipp: Legen Sie die rosa Brille ab und machen Sie sich bewusst, dass es womöglich keinen Grund für Bewunderung gibt.
- … ängstlich? Suchen Sie die Schuld bei sich, wenn der Narzisst mal wieder einen Sündenbock braucht? Das muss nicht sein. Tipp: Auch hier gibt ein Realitätscheck Aufschluss. Suchen Sie dann Verbündete und behaupten Sie sich ihm gegenüber beim nächsten Mal gemeinsam.
- … kämpferisch? Lassen Sie sich das Verhalten des Narzissten nicht gefallen? Gehen Sie direkt in die Auseinandersetzung und es kommt immer wieder zum Konflikt? Tipp: Bleiben Sie bei sich und üben Sie sich in ein wenig Geduld, indem Sie sich sagen: „Wer von uns beiden hat eigentlich das Problem?“. Dadurch werden Sie ruhiger und deeskalieren, das ist eine Stärkeposition.
- … trotzig? Sie verweigern sich passiv, indem Sie zwar Kooperation suggerieren, aber tatsächlich die Arbeit verweigern. Tipp: Konzentrieren Sie sich auf Ihre Arbeit und machen Sie diese zu Ihrer eigenen Zufriedenheit, ohne sich ablenken zu lassen.
- … resigniert? Haben Sie schon aufgegeben? Tipp: Lesen Sie weiter.
Sobald Sie für sich erkannt haben, welches Verhaltensmuster der Narzisst in Ihnen auslöst, können Sie Ihre Reaktion planen. Es beginnt damit, dass Sie Verständnis zeigen. Stichwort „Du bist einfach so“: Akzeptieren Sie den anderen, wie er ist, gut finden müssen Sie sein Verhalten deshalb ja nicht. Machen Sie sich selbst bewusst, welche Stärken Sie haben, welche Ressourcen, denken Sie an Ihr Netzwerk. Wappnen Sie sich gegen Angriffe, indem Sie sehen, was für ein wunderbares Umfeld, welche sozialen und professionellen Allianzen Sie pflegen.
Im Kontakt mit narzisstischen Chefs und Kollegen sind solche Ressourcen ausgesprochen nützlich, weil sie uns helfen, die Verletzungen besser zu verarbeiten und die Entwertungen nicht so persönlich zu nehmen.
Bärbel Wardetzki
Und stellen Sie die Dinge richtig, wenn es hart auf hart kommt: Kontern Sie den Angriff und bleiben Sie bei den Fakten. Seien Sie nicht destruktiv, sondern konstruktiv. Formulieren Sie „Ich-Botschaften“. Seien Sie nicht angriffslustig, werden Sie nicht emotional. Und verweigern Sie sich jeder Art von Psychospielchen. Spielen Sie das Spiel des Narzissten nicht mit.
Oder, um es etwas salopp zu sagen: Soll der doch sein, wie er mag. Sie und Ihre Arbeit wird sein Verhalten nicht aus der Bahn werfen. Das zeitigt eher früher als später Effekte. Denn Narzissten können damit nicht nur schlecht umgehen, sie sind auch noch dazu verdammt, solches Verhalten intrinsisch motiviert mit Respekt zu belohnen. Und wenn es so weit ist, sind Sie – und Ihre besten Kollegen – damit aus der Schusslinie.
2. Der Besserwisser
„Das war perfekt, Schmidt, danke. Eigentlich ist damit alles gesagt, aber ich möchte noch rasch hinzufügen …“ Und dann geht es wieder los: Kollege Besserwisser setzt zu einer ergänzenden Eloge an, weil er immer, wirklich immer das letzte Wort haben muss. Der jede Auslassung und Pause nutzt, um sie mit seinem Wissen zu füllen, und der vor allem eine gute Nase dafür hat, wer gerade ein wenig verunsichert ist oder thematisch im Dunkeln tappt. Meistens wissen diese Menschen wirklich viel, das ist also nicht das Problem. Das Problem ist, dass sie es immer und überall zeigen und vorzeigen müssen, selbst wenn es gerade völlig irrelevant ist und alle nur Zeit und Nerven kostet. Erinnern Sie sich noch an den, der in Ihrer Schulklasse schon beim Melden mit den Fingern schnippste, bevor der Lehrer eine Frage stellen konnte? Genau.
Vielleicht hatte der Philosoph Sartre Recht, als er sagte: ‚Die Hölle, das sind die anderen.‘
Lillian Glass
Was also tun mit dem selbsternannten Schlaumeier?
- Atmen Sie ein und wieder aus. Der erste wichtige Schritt ist, dass Sie ruhig bleiben. Reagieren Sie nicht emotional. Das kostet viel innere Disziplin und braucht Training. Aber sobald ein Besserwisser merkt, dass er mit seinen Ausführungen und Abschweifungen bei Ihnen nicht die gewünschte Wirkung hervorruft, wird er das Interesse am Dozieren verlieren.
- Setzen Sie klare Grenzen. Ebenfalls hilft es, wenn Sie sachlich reagieren und von „dieser Art der Hilfe“ Abstand nehmen. Bedanken Sie sich, aber machen Sie sehr deutlich, dass Sie auch ohne diese Wissensdarbietungen auskommen.
- Wissen Sie mehr. Sollte es sich um Ihr Spezialgebiet handeln, bereiten Sie eine gute Argumentation vor und seien Sie einmal noch klüger als Ihr Gegenüber. Das sagt dem Besserwisser: „Mit mir nicht, Freundchen!“
3. Der Faulpelz
T.E.A.M im Sinne von „Toll, ein anderer macht’s“ ist ein weitverbreitetes Mindset, und der klassische Faulpelz, der es meistens geschickt schafft, andere für sich einzuspannen, und verlässlich unverlässlich ist, wenn er mal was selber erledigen soll, hat es zu seinem Lebensinhalt gemacht. Mit solchen Kollegen ist die Zusammenarbeit nicht einfach: Faulpelze sind besonders geschult darin, diejenigen ans Arbeiten zu bringen, die schlecht Nein sagen können oder so perfektionistisch sind, dass sie die Arbeit lieber selbst machen. Lob bleibt jedoch oft aus, denn:
Der Arbeitseinsatz der Teammitglieder verschmilzt im gemeinsamen Leistungstopf zu einer Suppe.
Svenja Hofert und Thorsten Visbal
In ihrem Buch Ich hasse Teams beschreiben Svenja Hofert und Thorsten Visbal vier Typen von Faulpelzen und liefern auch gleich wichtige Hinweise, um diesen Typen beizukommen:
- Der Terminschlamper: Sein Anteil an der Teamarbeit wird niemals „in time“ fertig. Das führt dazu, dass der Arbeitsfluss ins Stocken kommt und eventuell Deadlines gegenüber internen oder externen Kunden nicht eingehalten werden können. Tipp: Er braucht klare Fristen. Legen Sie Datum und Uhrzeit fest. Lassen Sie sich das schriftlich bestätigen und wenn er nicht liefert, informieren Sie bei Wiederholung den Vorgesetzten.
- Der Mistlieferant: Er liefert war zum festgesetzten Zeitpunkt, aber ausschließlich Unbrauchbares. Tipp: Finden Sie heraus, warum er Mist abliefert. Hat er keine Lust? Hat er Probleme, die man gemeinsam aus der Welt schaffen kann? Oder fehlt ihm schlicht die Qualifikation? Haben Sie es herausgefunden, ist auch hier ein Gespräch mit dem Chef irgendwann sinnvoll. Wurde er aber falsch gebrieft, was sehr viel häufiger vorkommt, organisieren Sie die Abläufe neu.
- Der Möchtegernchef: Auch wenn er mit Ihnen auf einer Hierarchiestufe steht, behandelt er Sie von oben herab. Tipp: Kontern Sie jede Aufgabenstellung, wenn Sie das Gefühl haben, dass da jemand nur die eigene Arbeit abschieben will. Machen Sie deutlich, dass das nicht in Ihrem Verantwortungsbereich liegt.
- Der Weniger-ist-mehr-Kollege: Auch er liefert, doch Qualität ist ihm nicht wichtig. Er kontrolliert seine Arbeit nicht, sondern schafft die Dinge weg und gibt sich mit Mittelmaß zufrieden. Tipp: Konfrontieren Sie ihn mit seinem Mittelmaß.
Und als Grundsatz gilt: Packen Sie sich auch immer an die eigene Nase. Mitunter sind es diejenigen, die immer und überall Schlamper und Faulpelze wittern, die nur deshalb „nach unten treten“, weil sie vom eigenen Unvermögen ablenken wollen.
4. Der Jammerlappen
Früher war alles besser. Wenn Sie diesen Satz an Ihrem Arbeitsplatz häufiger hören und Letzterer nicht die CDU-Parteizentrale ist, dann haben Sie es mit dem Typen zu tun, den man in der Schweiz „Jammeri“ nennt. Klar: Im Leben trifft es diesen härter als jenen, und manche haben mehr Herausforderungen zu meistern als andere. Wenn das Selbst- und Weltbild aber nicht nur düster ist, sondern das Gegenüber dann auch noch den Drang hat, Sie zu selbigem zu bekehren, kann das schon mal mächtig auf die Nerven gehen.
Vergegenwärtigen Sie sich: Auf der einen Seite ist es ein Anzeichen von Vertrauen, wenn jemand anderes Sie an seinen Gefühlen, Ängsten und Sorgen teilhaben lässt. Es ist jedoch kräftezehrend, wenn das jeden Tag passiert und Sie für sich erkennen, dass das Ziel des Gegenübers nicht das Verlassen des Sumpfes ist, sondern mehr Gesellschaft darin.
Wer Kollegen hat, braucht keine Feinde mehr
Goldmann VerlagEs gibt zwei Arten, produktiv mit Jammerlappen umzugehen:
- Sie reichen ihm die Hand und helfen ihm. Sprich: Sie schauen gemeinsam mit ihm, wie er in seinem beruflichen Leben Dinge zum Positiven verändern kann. Je nach Beziehung dürfen Sie natürlich auch im Privaten Hilfe anbieten. Hören Sie zu. Schreiben Sie die Dinge auf. Allein das kann beim Gegenüber schon für Erleichterung sorgen. Wichtig: Machen Sie immer deutlich, dass Sie weder Therapeut, Psychologe noch Coach sind. Helfen Sie als kollegialer Freund, die ersten Schritte zu machen. Fruchtet das nicht, …
- Distanzieren Sie sich. Es gibt Menschen, die leiden wollen, und auch solche, die medizinische und therapeutische Unterstützung brauchen. In diesem Fall gehen Sie auf Abstand, lassen sich nicht mit in das Loch ziehen – und sprechen mit Ihrem Vorgesetzten und der Personalabteilung darüber. Beide sind verpflichtet, sich dann des Falles anzunehmen.
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