Kontrollierte Kontrolle
Gerade verriet Novartis-Personalchef Steven Baert, dass man beim Pharma-Riesen den Mitarbeitern zwar Vertrauen schenke, aber es damit auch nicht übertreibe. „Wir messen, ob die Mitarbeiter telefonieren oder Mails schreiben“, sagte er in einem Interview mit dem Zürcher Tagesanzeiger, wo er zur Kontrolle der Mitarbeiter im Home Office befragt wurde.
Fakt ist, dass Mitarbeiter im Home Office nicht denselben Arbeitsalltag leben, wie sie es im Büro gemeinsam mit den Kollegen zelebrieren. Nicht jeder verfügt über ein eigenes Arbeitszimmer und kann sich über die gesamte Arbeitszeit entsprechend zurückziehen. Ferien, Lockdowns oder andere Krankheiten sorgen zudem dafür, dass die Kinder nicht betreut sind – und man seine Arbeitszeit zur Not eher häppchenweise bestreitet. Und auch in Sachen Hard- und Software ist nicht jeder auf dem gleichen technischen Niveau.
Fakt ist aber auch: Der Qualität der Arbeit sollte das alles keinen Abbruch tun. Es zeigt sich gerade jetzt, wie effektiv und effizient Mitarbeiter und Teams auch zusammenarbeiten können, wenn jeder daheim in den eigenen vier Wänden hockt. Wichtig sind einfach gewisse Spielregeln.
Fehler finden, Schlimmeres verhindern
Die Frage, die derzeit besonders viele Führungskräfte umtreibt: Wie viel Kontrolle ist nötig? Und ab wann wird es sowohl für Sie als Führungskraft wie auch für den Mitarbeiter unangenehm?
Laut dem Ex-ALDI-Manager Dieter Brandes dienen regelmäßige und richtig durchgeführte Kontrollen dem Aufbau von Vertrauen. Wichtig ist, dass hinter der Kontrolle kein Misstrauen steckt, sondern der positive Gedanke, den Mitarbeiter zu unterstützen. Es geht darum, seine Leistung wahrzunehmen, diese zu loben, im Fall der Fälle zu modifizieren. Ansprechpartner zu sein, der Verantwortung für seine Mitarbeiter und deren Arbeit trägt.
Hinter Brandes Gedanken steckt das Wissen um die Menschlichkeit. Wir alle machen Fehler – im privaten wie im beruflichen Leben. Doch unentdeckt können sie in einem Unternehmen schlimmstenfalls einen langen, mitunter existenzgefährdenden Rattenschwanz nach sich ziehen.
Ergebniskontrollen helfen, das zu verhindern. Folgende Fragen sollten Sie sich und ihren Mitarbeitern stellen, und zwar nicht nur einmal im Jahr beim „Mitarbeitergespräch“: Stimmt die Qualität? Wurde pünktlich abgeliefert? Wurden Vorgaben eingehalten?
Weiterhin gilt: Beschränken Sie Mitarbeiter nicht unnötig in ihrer Handlungsfreiheit. Geben Sie ihnen die Chance, ihre Aufgaben mit ein wenig eigener Kreativität und eigenen Ideen zu lösen. Sie werden erstaunt sein, welche Ergebnisse resultieren.
Feedbackgespräche immer unter vier Augen
Einer guten Führungskraft vertrauen die Mitarbeiter. Sie ist ihnen ein Vorbild. Und das gilt auch beim Thema Kontrolle. Vermitteln Sie, dass Sie nur das Beste für den Mitarbeiter wollen, dann wird er auch das Beste für das Unternehmen wollen. Kritisieren Sie konstruktiv, wenn es sein muss. Bleiben Sie immer ehrlich. Schmieren Sie niemandem Honig ums Maul. Am Ende fällt es auf Sie zurück, wenn Ihre Abteilung nicht oder minderwertig liefert. Und natürlich: Wer Mist baut, muss dafür geradestehen und schauen, dass er aus der Welt geräumt wird.
Wenn Sie bei Ihren Kontrollen auf Fehler oder auch Fehlverhalten stoßen, reden Sie mit dem Mitarbeiter. Fertigen Sie ihn nicht vor der versammelten Mannschaft ab, sondern suchen Sie das Vier-Augen-Gespräch. Bleiben Sie klar und direkt. Seien Sie höflich, aber bestimmt. Den Kumpeltyp lassen Sie bitte vor der Tür, jetzt sind Sie führende Kraft und machen unmissverständlich deutlich, dass der Mitarbeiter handeln muss.
Nicht alles ist Chefsache
„Den Mitarbeitern vertrauen, sie ihre Arbeit machen lassen, gelegentlich kontrollieren und sich ansonsten auf die Kernaufgaben als Chef konzentrieren“ – so fasst Markus Jotzo den Alltag von Führungskräften zusammen. Doch leider gibt es viele, zu viele Manager und Chefs, die immer noch alles selbst machen (wollen). Die ihren Mitarbeitern nichts zutrauen oder glauben, dass sie die Weisheit mit Löffeln gefressen haben.
Doch die Aufgabe einer Führungskraft steckt ja bereits im Namen. Da steht nichts von selber machen. Da steht „führen“. Das heißt eben auch: Verantwortung abgeben, delegieren und die eigenen Kernaufgaben zum Tagesgeschäft machen. Nutzen Sie die dadurch gewonnene Zeit, um mit den Mitarbeitern zu reden. Gemeinsam zu schauen, ob man sich noch auf Spur befindet oder nachjustieren muss. Kontrollieren Sie, aber überwachen Sie nicht. Und erst recht nicht ohne das Wissen der Mitarbeiter. Kommt sogenannte Monitoring-Software zum Einsatz, die alle Aktivitäten an einem PC oder Mac protokolliert, muss der Mitarbeiter das wissen. Erfährt er es erst aus den Medien, ist die wichtigste Ressource für funktionierendes digitales Teamwork mit einem Schlag aufgebraucht: das Vertrauen.