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Sucht am Arbeitsplatz

Es betrifft alle Betriebe und ist trotzdem ein Tabuthema: Abhängigkeiten am Arbeitsplatz. Die richtigen Rahmenbedingungen wirken präventiv.

Sucht am Arbeitsplatz

Die International Labour Organization schätzt, dass weltweit etwa 3 Prozent aller Beschäftigten alkoholabhängig sind und ungefähr 8 bis 10 Prozent erste Anzeichen einer Alkohol- oder Drogensucht aufweisen. Wie schwierig genaue Zahlen zum Alkoholkonsum – und erst recht zum Drogenkonsum – bei Arbeitnehmern zu finden sind, spricht für sich: Gerade bei gesellschaftlich so akzeptierten Drogen wie dem Alkohol verschwimmt die Grenze zwischen gelegentlichem Genuss und gefährlichem Konsum allzu schnell.

Prinzipiell ist der Lebensstil eines jeden Mitarbeiters Privatsache. Doch unter dem Alkoholkonsum etwa leidet die Produktivität: In einem Bericht der WHO ist von einem Verlust von 15 Prozent die Rede. Hinzu kommen 15 bis 25 Prozent der weltweiten Arbeitsunfälle, die auf Suchtmittelkonsum zurückzuführen sind. Für die Schweiz gibt es genauere Zahlen: Die Zahl der Angestellten mit problematischem Alkoholkonsum belief sich laut dem Bundesamt für Gesundheit 2011 auf 70 000, die dadurch entstandenen Kosten für Arbeitgeber auf eine Milliarde Franken – jährlich.

Abgesehen davon gilt, was die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) zur Prävention schreibt:

Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitsschutzgesetz zur Prävention und zum Abbau gesundheitlicher Gefährdungen am Arbeitsplatz verpflichtet.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.

Warum greifen Berufstätige zu Suchtmitteln?

Einer der Hauptfaktoren, warum Beschäftigte in eine Suchterkrankung geraten, ist wenig überraschend Stress. Wer permanent unter hoher Anspannung leidet, vielleicht um seinen Job oder seine Position fürchtet, greift auch mal zu einer vermeintlich einfachen Lösung wie Alkohol oder Tabletten, um „nur noch bis zur nächsten Deadline“ oder „nur noch bei diesem einen Projekt“ richtig zu funktionieren, schreibt der Arzt und Psychotherapeut Rainer Gross in Angst bei der Arbeit – Angst um die Arbeit.

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Zusammenfassung (Buch)

Angst bei der Arbeit – Angst um die Arbeit

Wenn wir den Beruf zu schwer nehmen, wird das ganze Leben zur Last.

Rainer Gross Hogrefe
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Eine wichtige Rolle spielt dabei die Tatsache, dass Workaholics – die ganz nebenbei nichts anderes als Arbeits-Süchtige sind – meist nur Bewunderung und als High-Profiles Applaus ernten, während Mitarbeitende, die ihre physischen und psychischen Grenzen wahren, schnell als Quiet Quitter gelten.

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Stressmanagement

Hier erfahren Sie, wie eine gesunde Stressbewältigung in Bezug auf unterschiedliche Stressoren gelingt.

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Stress allein ist schädlich genug, endet aber auch oft in einer Depression. Wer chronisch unter Stress leidet, stellt vielleicht fest, dass der eigene Alkohol- oder gar Drogenkonsum gestiegen ist. Das liegt Anne Maria Müller-Leimkühler zufolge daran, dass viele versuchen, sich mit Alkohol zu betäuben, um mit den Stressauslösern fertigzuwerden. Doch der Schuss geht nach hinten los. So schreibt sie in Ihrem Buch Vom Dauerstress zur Depression:

Alkoholabhängige werden häufig depressiv und depressiv Erkrankte werden oft alkoholabhängig infolge ihrer ‚Selbstmedikation‘ mit Alkohol.

Anne Maria Müller-Leimkühler

Was sowohl Stress als später auch Burn-outs oder gar Depressionen zusätzlich befeuert, ist ein Mangel an Wertschätzung. Die DHS nennt Aufgaben mit hohen Anforderungen, geringem Handlungsspielraum und einem Mangel an Wertschätzung nicht umsonst „konsumfördernd“. Wer nicht das Gefühl hat, autonom handeln zu können, sondern liefern zu müssen, ohne dabei wirklich wahrgenommen zu werden, dem ist schlussendlich auch egal, wie er die Aufgabe zu Ende bringt.

Welche präventiven Maßnahmen gibt es?

Natürlich können Sie Mitarbeitende nicht zu einem gesünderen Lebensstil zwingen – gerade wenn es darum geht, etwas nicht zu tun. Der sogenannte Dead Man’s Test besagt nämlich, dass alles, was ein toter Mann tun kann, kein Verhalten ist – und entsprechend auch nicht das Ziel einer Verhaltensänderung sein kann, schreibt Therapeut und Motivationstrainer Michael V. Pantalon.

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Zusammenfassung (Buch)

Motivation

Sieben Minuten reichen aus, um jemanden zu einer positiven Veränderung zu bewegen.

Michael V. Pantalon dtv
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Indem Sie aber in einem größeren Unternehmenskontext präventive Maßnahmen ergreifen, setzen Sie positive Anreize, die Mitarbeitende in die richtige Richtung lenken. Auch wenn Alkohol nur eine von vielen Drogen ist, entfällt darauf doch der größte Teil des problematischen Drogenkonsums, schreibt die DHS.

Daneben gibt sie viele Tipps dazu, wo Prävention stattfinden kann:

  • Schränken Sie den Zugang zu Suchtmitteln im Betrieb ein. Bieten Sie in der Kantine also keine alkoholischen Getränke an und stellen Sie stattdessen alkoholfreie Alternativen zur Verfügung.
  • Etablieren Sie eine alkoholfreie Feierkultur im Betrieb. Die große Gefahr bei Alkohol ist seine allgemeine Akzeptanz. Vielfach wird ein Verzicht auf Alkoholkonsum etwa bei einer Betriebsfeier sogar belächelt. Machen Sie es besser; es gibt nämlich keine tragenden Argumente dafür, dass Alkohol Teil einer Feier sein muss – gerade im beruflichen Kontext.
  • Klären Sie Mitarbeitende auf. Obwohl die meisten um die schädlichen Folgen von Suchtmitteln wissen, sollten Sie gerade auch Führungskräfte für die Anzeichen und Gefahren einer Suchterkrankung sensibilisieren.
  • Stellen Sie daneben auch mögliche Anlaufstellen vor, etwa Programme zur individuellen Konsumreduzierung oder aber Angebote, die auf eine Stressverminderung bzw. -bewältigung und eine gesunde Work-Life-Balance abzielen, etwa ein Arbeitsbewältigungscoaching.
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Betriebliches Gesundheitsmanagement

Unternehmen, die in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter investieren, stehen am Ende selbst gesünder da. Dabei sind Pilateskurse, Stehpulte oder Veggie-Day nur ein winziger…

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  • Wie erwähnt ist Stress der zentrale Faktor bei Sucht am Arbeitsplatz. Sie sollten also neben diesen Maßnahmen auch sicherstellen, dass Sie allgemein eine Unternehmenskultur etablieren, die die physische und psychische Gesundheit von Mitarbeitenden fördert.
  • Dem Bericht der WHO zufolge steht sowohl der Absentismus, also das übermäßige Fernbleiben von der Arbeit, als auch – interessanterweise – der Präsentismus in Zusammenhang mit einem ungesunden Alkoholkonsum. Betroffene Personen sind anfälliger für beides – und schädigen damit ihr psychisches und physisches Wohlbefinden. Zeigen sich bei gewissen Mitarbeitenden diese Verhaltensmuster, ist also besondere Vorsicht geboten.
  • Ein weiterer Teil einer gesundheitsförderlichen Unternehmenskultur ist die psychologische Sicherheit. Wer eine entsprechende Arbeitskultur – basierend auf Vertrauen, Verantwortung, die an Mitarbeitende abgegeben wird, sowie auf einer (wirklich) offenen Fehlerkultur – aufbaut und pflegt, hilft, Abstürze zu verhindern, schreiben Ina Goller und Tanja Laufer in ihrem Buch.
  • Das heißt auch, Mitarbeitenden regelmäßig Feedback zu geben und kontinuierlich Wertschätzung zu zeigen – also genau das zu tun, was viele Mitarbeitende in Stresssituationen brauchen.

Sowohl bei einer gesunden Fehlerkultur als auch bei einem gesunden Umgang mit Arbeit – und dem damit einhergehenden Stress – gilt: Gehen Sie als Führungskraft mit gutem Beispiel voran. Denn egal wie gesundheitsbewusst und verantwortungsvoll Ihre Mitarbeitenden von Hause aus sind: Wenn Sie keine gesunde Selbstverantwortung und Selbstfürsorge an den Tag legen, wird es auch Ihr Team nicht tun. Zu groß ist die Angst, vielleicht einen schlechten Eindruck zu hinterlassen oder für eine Abweichung (vor)verurteilt zu werden. Das meint auch Claudia Clos in ihrem Buch Gesund im Job. Und sie legt nahe:

Gesundheit ist nicht als Zustand zu sehen, der einmal erreicht ist und erhalten bleibt.

Claudia Clos

Prüfen Sie deshalb immer wieder, welche Signale Sie senden, und sensibilisieren Sie nicht nur Ihr Team, sondern auch sich selbst auf Suchterkrankungen. Denn sie sind oft nicht so sichtbar, wie man denkt, und wenn sie sichtbar werden, ist es für Prävention meist zu spät.

Sollten Sie bemerken, dass Ihr Kollege oder Ihre Chefin entsprechende Anzeichen zeigen, sollten Sie so schnell wie möglich handeln und es idealerweise ansprechen. Dazu finden Sie hier einen Leitfaden. Bleiben Sie diskret und gehen Sie das Thema vorsichtig und sensibel an. Bemerken Sie als Führungskraft Auffälligkeiten bei Mitarbeitenden, so müssen Sie sogar handeln, denn Sie stehen stellvertretend für das Unternehmen, das seiner Fürsorgepflicht nachkommen muss. Sie finden hier einen Gesprächsleitfaden sowie einen Interventionsplan. Je länger das Problem besteht, desto mehr kann es sich verfestigen. Sie tun deshalb sowohl als Kollege als auch als Führungskraft gut daran, nicht einfach wegzusehen.

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