Wie Sie neue Mitarbeiter ins Boot holen
Egal ob digital oder von Angesicht zu Angesicht – ein neuer Mitarbeiter hat es verdient, dass sein neuer Arbeitgeber ihn nicht nur herzlich empfängt, sondern er einen strukturierten Onboardingprozess durchläuft. So zumindest die Theorie. Denn so reibungslos funktioniert es leider nicht.
In einer Umfrage von 2021 gaben drei von vier der befragten Personalverantwortlichen an, dass das eigene Onboarding verbesserungswürdig ist.
Das eigene Onboarding. Wie viele Neulinge wohl härter mit den Maßnahmen ihrer neuen Arbeitgeber ins Gericht gehen würden? Viele von ihnen jedenfalls – ja, auch dazu gab es Rückmeldung – werfen bereits kurz nach dem Arbeitsbeginn wieder das Handtuch. Und das ist eine ziemlich teure Sache, wenn man den gesamten Onboardingprozess berücksichtigt: Allein die Einstellungskosten liegen nämlich bei etwa 30 Prozent des Jahresgehaltes der zu besetzenden Stelle – und wenn an dieser Stelle am Schluss gar keine Arbeit erledigt wird, sondern nur die Kosten entstehen, sind die betreffenden Unternehmen doppelt gelackmeiert.
Um Ihnen dieses Schicksal zu ersparen, erfahren Sie im Folgenden, wie ein strukturierter Onboardingprozess aussieht.
1. Prozessdauer
Einige Unternehmen beschränken den Prozess auf die Dauer zwischen Vertragsunterzeichnung und Ende der Probezeit. Idealerweise aber sollte er mit der Vertragsunterzeichnung beginnen und über ein Jahr lang gehen. Erst dann werden Sie wirklich einen Eindruck davon haben können, ob der Mitarbeiter zu hundert Prozent in die Organisation integriert wurde.
2. Prozessphasen
Ein Onboardingprozess sollte immer einer klaren Struktur folgen. Eingeteilt wird der Prozess in die folgenden Schritte:
2.1 Preboarding
Zwischen Vertragsabschluss und dem ersten Tag des neuen Mitarbeiters können Wochen liegen, manchmal sogar Monate. In dieser Zeit sollten Sie einerseits Kontakt zum Mitarbeiter halten und ihn mit allen wichtigen Informationen versorgen. Die Society for Human Resource Management (SHRM) rät hier zu den vier Cs:
- Compliance: Dazu zählen grundlegende Informationen wie gesetzliche und organisatorische Vorgaben und Regeln.
- Clarification: Erläutern Sie dem Mitarbeiter detailliert seine neuen Aufgaben und beantworten Sie Rückfragen von seiner Seite. In diesem Rahmen können Sie auch eine Zielvereinbarung erstellen, die beiden Seiten Sicherheit gibt, welche Erwartungen im Raum stehen.
- Culture: Hier geht es um die organisatorischen Normen in Ihrer Organisation – um die formellen, zum Beispiel den Dresscode, und auch um die informellen, also die ungeschriebenen Gesetze, an die sich alle halten.
- Connection: Bringen Sie die Mitarbeiter bereits während des Preboardings mit den wichtigsten Ansprechpartnern zusammen. Im besten Fall gibt es einen Mentor, der den neuen Kollegen das erste Jahr über begleitet.
Als Unternehmen müssen Sie auch innerhalb Ihrer Organisation entsprechende Vorbereitungen tätigen. Dazu gehören:
- Bereiten Sie technische Hard- und Software für den neuen Mitarbeiter vor – denken Sie dabei an Arbeitsstationen, Lizenzen und Zugangsdaten.
- Beantragen Sie Dinge wie Schlüssel, Mitarbeiterausweis oder Zugangsbadge und bereiten Sie den Arbeitsplatz vor.
- Informieren Sie Kollegen, die in den Onboardingprozess involviert sind, und machen Sie sie mit den ihnen zugedachten Aufgaben vertraut.
- Bestimmen Sie einen Mentor oder zumindest einen Paten und sorgen Sie dafür, dass sich dieser bereits vorab mit dem neuen Mitarbeiter austauscht.
- Informieren Sie den neuen Mitarbeiter über alle relevanten Termine, die ihn in seiner ersten Zeit erwarten (ein gemeinsames Mittagessen am ersten Tag mit dem Team, wichtige Teammeetings, Weeklys etc.)
- Sollte es zur Einführung Seminare oder andere Trainings geben, senden Sie auch hier bitte entsprechende Informationen und Einladungen bereits vorab an den Mitarbeiter.
- Informieren Sie zudem das Team darüber, welche Aufgaben der neue Kollege übernehmen wird. Erstellen Sie einen Einarbeitungsplan, der die Lernziele des neuen Kollegen detailliert erklärt und genau aufzeigt, bis zu welchen Terminen diese erreicht werden müssen.
Innovative Personalentwicklung in der Praxis
C. H. Beck2.2 Orientierung
Diese Phase beginnt mit dem ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeiters. Als Führungskraft sollten Sie ihn an diesem Tag persönlich in Empfang nehmen. Stellen Sie ihm dann zunächst seinen Mentor vor – oder zumindest einen Kollegen, der in der Anfangszeit die „Patenschaft“ für den Mitarbeiter übernimmt. Danach folgt die Vorstellung des Teams.
Unternehmen sind gut beraten, wenn Vorgesetzte und Kollegen den Start eines neuen Mitarbeiters aktiv unterstützen.
Im Idealfall hat der Mitarbeiter bereits im Vorfeld einen Ablaufplan – basierend auf dem Einarbeitungsplan – für seinen ersten Arbeitstag erhalten und kennt auch für die folgenden Tage grob seine Aufgaben. Gehen Sie diese als Führungskraft noch einmal in einem kurzen Gespräch mit ihm durch und planen Sie zudem ein gemeinsames Mittagessen mit dem gesamten Team.
Am Nachmittag kann der Pate/Mentor dann übernehmen und dem neuen Kollegen das Unternehmen zeigen. Der Ansprechpartner sollte, ganz seiner Bezeichnung entsprechend, in den Folgetagen immer ansprechbar sein. Neben dem Geben von Orientierung gehört auch die soziale Integration des neuen Mitarbeiters zu seinen Aufgaben, Letzterer sollte sich willkommen und gut aufgehoben fühlen.
2.3 Integration
Die Integration des neuen Mitarbeiters beginnt im Grunde schon beim Preboarding, und findet auch in den ersten beiden Arbeitswochen bereits statt. Danach jedoch beginnt die eigentliche Integrationsphase, in der Neulinge immer tieferen Einblick ins Unternehmen erhalten. Je nach Unternehmen wird diese auf einen Zeitraum von einem halben bis zu einem Jahr festgelegt. In dieser Zeit sollte der Neuling so weit eingearbeitet sein wie sein Vorgänger – falls vorhanden –, bestenfalls sogar ausgestattet mit einigen Zusatzqualifikationen.
Der Vorgänger kann dabei helfen, eine Integration deutlich schneller voranzutreiben, da nur er über das gesamte Wissen zur besetzten Stelle verfügt und auch die notwendigen externen Kontakte mit dem Neuen vertraut machen kann.
Idealerweise überschneiden sich Ab- und Zugang mindestens einen Monat – das macht vieles einfacher. Sollte das nicht möglich sein, lassen sich essenzielle Übergaben auch schon während der Preboardingzeit planen – oder der Vorgänger händigt dem Vorgesetzten eine Liste mit wichtigen Informationen und Kontakten aus und bereitet Letztere auf die Kontaktaufnahme des Neulings (den Chef und HR im CC) vor. Sollte auf der Stelle vorher niemand gearbeitet haben, müssen HR, Führungskraft und Mentoren diese Arbeit übernehmen und untereinander sinnvoll aufteilen.
Egal aber, ob die Einarbeitung über einen Vorgänger oder einen Vorgesetzten läuft: In der Integrationsphase sollten laufend Feedbackgespräche stattfinden, um herauszufinden, wo es eventuell noch hakt, wo es schon besonders gut läuft, ob es Unklarheiten gibt oder eventuell noch Fortbildungen benötigt werden, um Wissenslücken zu füllen. Als Führungskraft haben Sie zudem Verantwortung für das Team und sollten im Sinne des neuen Kollegen aktiv die Teambildung unterstützen.
Die Integrationsphase dient dazu, dass der neue Mitarbeiter lernt, sich immer mehr selbst einzubringen. Schaffen Sie entsprechende Möglichkeiten: Übertragen Sie frühzeitig Verantwortung! Gerade in Zeiten von spürbarem Fachkräftemangel im „Krieg um Talente“ sind viele Menschen eher bereit für einen Wechsel und mehr Aufgaben – und das nicht selten bereits nach wenigen Wochen oder Monaten.
3. Beteiligte Personen
Der gesamte Prozess sollte durch die Personalabteilung gemanagt werden. Wenn jede Abteilung ihren eigenen Prozess managt, kommt es schnell zum Chaos – organisatorisch und auch finanziell. Die Personalabteilung sollte daher den Hut aufhaben und eng mit den jeweiligen Führungskräften zusammenarbeiten.
Im besten Fall gibt es einheitliche Onboardingprozesse, aber angepasst an die jeweilige Situation.
Hier können Sie – wie im Marketing – mit „Personas“ arbeiten, denn ein Onboarding für einen Auszubildenden gestaltet sich anders als dasjenige für eine Führungskraft. Auch sollten Sie in Betracht ziehen, einzelne Abläufe zu ändern, wenn das Onboarding aufgrund der Umstände komplett digital stattfinden muss.
Damit die soziale Integration eines neuen Mitarbeiters gelingt, sind alle im Team gefragt – und der Neue selbst natürlich auch. Ein offener Austausch fördert hier das Miteinander. Dies kann über virtuelle Kanäle gut funktionieren, der persönliche Kontakt ist jedoch immer noch der wertvollste. Wichtig ist, dass jeder im Team zu jeder Zeit weiß, dass er fragen und sagen darf, was er einbringen möchte – sowohl an konstruktiver Kritik wie auch an neuen Ideen.
4. Erfolg messen
Sicher lässt sich sagen, dass man den Erfolg beim Onboarding daran erkennen kann, dass ein Mitarbeiter am Ende voll integriert ist, einen guten Job macht und alle zufrieden sind.
Doch darum geht es bei der Analyse von Onboardingprozessen nicht. Vielmehr helfen die meist als Umfrage stattfindenden Eruierungen dabei, das eigene Onboarding weiter zu verbessern. Einerseits können Sie mit den jeweiligen Mitarbeitern direkt sprechen und sie ihre Erfahrungen mit dem durchlaufenden Onboardingprozess beschreiben lassen. Besser aber sind internetbasierte Onlineumfragen. Diese sparen nicht nur Zeit und Kosten auf allen Seiten, sondern viele Mitarbeiter sind oftmals ehrlicher und bringen auch Kritik an – was in einem persönlichen Gespräch mit der neuen Führungskraft weniger wahrscheinlich wäre.
Wichtig ist, dass Sie den Prozess nicht als etwas Statisches ansehen, das einmal aufgesetzt für den Rest des Lebens reichen muss. Evaluieren Sie Ihr Onboarding regelmäßig und modifizieren Sie. Nutzen Sie auch die Möglichkeiten von eLearning-Plattformen, um neue Mitarbeiter an Bord zu holen und langfristig zu binden. Der Vorteil: Diese Plattformen unterstützen Sie auch bei der Auswertung des Onboardings. Sie können ganz genau verfolgen, wie schnell ein neuer Kollege lernt und den gesetzten Zielen näherkommt.