Wie Sie schlechte Gewohnheiten loswerden
Gewohnheiten sind nicht per se schlecht. Ganz im Gegenteil: Ohne sie wären wir lebensunfähig! Sie sorgen dafür, dass wir viele Dinge automatisch tun, ohne erst lange unseren Denkapparat damit zu beschäftigen. Laut dem Psychologen Bas Verplanken basieren 30 bis 50 Prozent unserer täglichen Handlungen auf Gewohnheiten. Und das bedeutet, dass wir die Dinge ganz automatisch tun. Schwierig wird es erst, wenn die Gewohnheiten sich in Form von Verhaltensweisen zeigen, die wir oder andere für ungesund oder nicht wünschenswert erachten. Rauchen, zu viel Alkohol, mangelnde Disziplin sind die bekanntesten Beispiele.
Jede und jeder von uns hat sicher schon versucht, sein persönliches Verhalten an der einen oder anderen Stelle zu optimieren oder eine schlechte Gewohnheit abzulegen. Und wir sind auch alle schon einmal daran gescheitert.
Denn einfach ist das nicht – und es braucht Geduld. Damit es beim nächsten Mal gelingt, folgen Sie den nachstehenden Tipps!
1. Machen Sie einen kleinen Schritt pro Tag
Laut James Clear setzen sich Gewohnheiten aus vier Komponenten zusammen. Cue (Auslöser), Verlangen, Antwort (Verhalten) und Belohnung. Das Gehirn bekommt über unsere Sinne mitgeteilt: Da ist etwas. Es löst ein Verlangen in uns aus, was wiederum zur Handlung führt und sobald diese abgeschnitten ist, belohnen wird uns. Dieser Ablauf verfestigt sich in unserem Gehirn, er wird zur Routine. Und um aus ihr auszubrechen, brauchen Sie eine Strategie. Oder: die 1%-Methode, wie Clear seine Herangehensweise nennt. Seine wichtigste Aussage dabei:
Wenn Sie Ihre Gewohnheiten langfristig ändern wollen, sollten Sie sich nicht nur Ziele setzen, sondern vor allem an Ihrem System zur Zielerreichung arbeiten.
Sagen wir, Sie gehören zu den Menschen, die sehr viel – eigentlich ständig – auf ihr Smartphone schauen. Ihr Ziel: die Zeit verringern, die Sie mit E-Mails, Social Media oder auf News-Portalen verbringen. Nach Clear haben Sie den ersten Schritt in diesem Fall bereits getan: Sie haben die schlechte Gewohnheit bemerkt! Und Sie wollen etwas ändern! Das setzt Ehrlichkeit voraus.
Es folgt die Bestandsaufnahme:
- Auslöser: Wann oder in welcher Situation schauen Sie auf das Smartphone?
- Verlangen: Warum schauen Sie auf das Smartphone?
- Handlung: Sie schauen aufs Smartphone.
- Belohnung: Was passiert mit Ihnen, wie fühlen Sie sich, wenn Sie auf das Smartphone schauen?
Im zweiten Schritt gilt es nun, Ihr Verhalten schrittweise zu modifizieren. Wenn Sie die Situationen kennen oder den Auslöser für den Griff zum Telefon für sich herausgefunden haben, können Sie einen Plan zum Gegenangriff aufstellen. So beginnen Sie eventuell damit, ganz bewusst am Tag das Handy mal zehn Minuten wegzulegen und stattdessen die Nase in ein Buch zu stecken. Sie können das Handy aber auch bewusst in der Tasche lassen, wenn Sie auf den Bus oder die Bahn oder jemand anders warten. Träumen Sie einfach mal vor sich hin! Gehen Sie vielleicht morgens erst einmal ins Bad, bevor Sie auf das Handy schauen. Schritt für Schritt kommen Sie so Ihrem Ziel näher, ohne gleich den Holzhammer herauszuholen. Und Sie ersetzen eine schlechte Gewohnheit durch zahlreiche gute.
2. Befreien Sie Ihre Psyche
Wer seine Gewohnheiten verändern möchte, der braucht dafür einen offenen Geist. Der Psychologe Steven C. Hayes spricht hier von „psychologischer Flexibilität“ und er liefert mit der Akzeptanz- und Commitment-Therapie auch gleich die passende Methode, wie sich diese erlernen lässt.
Gehen wir diesmal davon aus, dass Sie Dinge immer gleich sehr persönlich nehmen oder vielleicht auch direkt als Angriff betrachten – und das ändern wollen. Nach Hayes ist es in diesem Moment wichtig, dass Sie für sich akzeptieren, dass man Sie sehr schnell kränken kann. Und Akzeptanz steht dabei nicht stellvertretend fürs Einfach-Hinnehmen, sondern synonym für „So ist es erst einmal“. Hinterfragen Sie folgend, warum das so ist. Werden Ihre Werte eventuell verletzt? Bestehen bei Ihnen eingefahrene Denkweisen, die damit getriggert werden? Glauben Sie von sich selbst, nicht „gut genug zu sein“?
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, die Dinge zu hinterfragen, den Auslösern auf den Grund zu gehen – und wenn Sie so weit sind, gehen Sie das Commitment mit sich selbst ein, es beim nächsten Mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Helfen kann Ihnen hier auch das Vier-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun. Oder in diesem besonderen Fall auch das Buch Wie ich meine Angst vor Zurückweisung überwand und unbesiegbar wurde.
Hayes Tipp zum Durchhalten: Sehen Sie Ihren Weg zu neuen Gewohnheiten als klassische Heldenreise, zu der Rückschläge, Schmerzen und Konflikte einfach dazugehören. Wichtig ist, dass Sie deswegen nicht aufgeben!
3. Nutzen Sie die Kraft der Miniherausforderungen
Sie sind zu klein, um daran zu scheitern – so beschreibt Stephen Guise Minigewohnheiten. Diese führen täglich angewendet zu einer langfristigen positiven Verhaltensveränderung. Die Idee dahinter ist, dass Sie sich täglich zu einer Sache verpflichten, die aber im Grunde so kurzweilig, einfach und problemlos umsetzbar ist, dass es Ihnen leichtfällt, bei der Stange zu bleiben.
In diesem Fall unterstelle ich Ihnen einmal, dass Sie sehr viel am Tag vor dem Fernseher oder dem Computer sitzen. Uns Sie wissen das auch. Setzen Sie sich in einer ruhigen Minute nun einmal hin und überlegen Sie, was Sie auch tun könnten, statt auf einen Bildschirm zu schauen.
Gehen Sie wie folgt vor:
- Machen Sie sich eine Liste und suchen Sie sich aus dieser heraus, was Sie am meisten anspricht. Ein Buch lesen, Sport machen …
- Haben Sie sich für eine Sache entschieden, brechen Sie diese auf eine minimale Herausforderung herunter, der Sie sich täglich stellen können und ab sofort auch stellen werden: eine Seite am Tag lesen, einen Liegestütz am Morgen machen …
- Diese Minigewohnheit schreiben Sie auf einen neuen Zettel. Und dahinter notieren Sie, warum Sie sich für diese Sache entschieden haben: neues Wissen aneignen, fitter werden …
- Schreiben Sie ab sofort jeden Tag auf, was Sie an diesem Tag geschafft haben. Und Sie werden sehen, dass aus einer Seite oder einem Liegestütz pro Tag irgendwann zwei und mehr werden. Ihr Ziel bleibt aber auch dann: eine Seite, ein Liegestütz pro Tag. So ersparen Sie sich frustrierende Gedanken, wenn es denn an einem Tag einfach nicht zu mehr reicht.
Da Sie so ganz automatisch immer mehr Zeit mit Lesen oder Sport verbringen, wird sich die Zeit vor dem Bildschirm ganz von selbst verringern – und Sie haben Ihr Ziel erreicht.