Konflikt – Über die Mehrdeutigkeit der Welt
„I love managers with one arm and one hand.“
In den USA schnappte ich diesen Witz auf. Er bringt auf den Punkt, was wir im Leben permanent erfahren: Das Leben ist voller Ambivalenzen, ist aufgespannt zwischen Polaritäten. Alles hat einen Pluspol und einen Minuspol, alles trägt sein Gegenteil in sich: Kein Einatmen ohne Ausatmen, keine Nähe ohne Ferne, kein Berg ohne Tal. Der Tag mit seiner Helligkeit hat die Nacht mit ihrer Dunkelheit immer als Begleiter.
Oft erleben wir diese Polaritäten als „innere Zerrissenheit“. Man will in die Alpen, aber am Meer ist es auch schön. Man schuldet jemandem Treue, aber will sich auch selbst treu sein. Man kann nicht ohne den Partner leben, aber irgendwie auch nicht mit ihm. Man will ein guter Mensch sein und scheitert doch immer wieder.
Man ist und bleibt ein Anstandshochstapler.
Reinhard K. Sprenger
Am Arbeitsplatz die gleichen Spannungen: Kommt es Ihnen oft so vor, dass Sie es niemandem recht machen können – egal was Sie tun? Vor allem sich selbst nicht? Wie Sie es auch drehen und wenden? Fühlen Sie sich manchmal ganz krank vor widersprüchlichen Anforderungen? Weil Sie zwischen allen Stühlen sitzen? Weil Sie zwischen Pest oder Cholera entscheiden müssen? Handeln Sie als Mitarbeiter Ihres Unternehmens manchmal so, wie Sie es als Vater/Mutter Ihrer Kinder niemals gutheißen würden? Fällt es Ihnen unter diesen Umständen schwer, Ihre gute Laune zu behalten? Nicht zynisch zu werden?
All diese Beispiele zeigen: Wir sind aus dem Paradies der Eindeutigkeit vertrieben. Schwimmen in einem Meer von Gegensätzen. Diese haben die Form von Dilemmata, Widersprüchen, Ambiguitäten, Paradoxien – Begriffe, die auf konfliktäre Spannungen hinweisen. Paradoxerweise ist es der Sinn dieser Gegensätze, überhaupt etwas zu erleben.
Wir wüssten nichts vom Paradies, wären wir nicht vertrieben worden.
Reinhard K. Sprenger
Es ist der Schlüssel zu Realität, ohne ihn kann die Welt nicht begriffen werden. Es gäbe einfach keine Aussage, die einen Unterschied machte.
Mehrdeutigkeit ist das Wesen des Konflikts, seine Grundbeschaffenheit: Eine Situation enthält Alternativen; diese werden unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Von Ihnen selbst und/oder von anderen. Und genau diese Wahrnehmungen und Bewertungen stehen in Konkurrenz. Dann haben Sie einen Konflikt – mit sich selbst und/oder mit anderen.
Wenn Sie mit einem Konflikt vernünftig umgehen wollen, dann kommen Sie um diese Erkenntnis nicht herum: Abgesehen von einigen Extremen (Grausamkeit etwa) sind alle Dinge im Leben mehrdeutig, voller Gegensätze und Widersprüche. Deshalb hat der Konflikt-„Gegner“ auch immer recht, ist auch etwas Wahres daran, wie er die Welt sieht. Dies zu erkunden ist unabdingbar, wenn man eine gemeinsame Zukunft will. Sonst ist man nicht nur sehbehindert, sondern vollständig blind für die Vielgestaltigkeit der Welt.
Sie fragen vielleicht: Wie kann ich diese Erkenntnis im Alltag umsetzen? Es gibt da keine Tricks.
Reinhard K. Sprenger
Die funktionieren nicht, weil sie bisher aus keiner Erkenntniswurzel wachsen. Ist diese Wurzel aber gesetzt und kräftig, wird das „Ja, aber …“ von einem „Warum nicht?“ abgelöst. Dann wird der „einzig richtige Standpunkt“ vom „und“ abgelöst: „Dieses ist richtig und jenes ist auch berechtigt.“ Dann wird abwertungsfrei gesprochen. Ein „Das ist falsch!“ verbietet sich fortan. Dann flechten Sie Gespräche.
Einige innere Konflikte habe ich zu einem Song geformt: Ich kann nicht mit dir leben und nicht ohne dich.
Nicht ohne dich
Songtext
Gleichgültig gültig
Die Welt spielt verrückt
Fortschritt ist Rückschritt
Wahrheit ungeküsst
Anfang und Ende
Hinauf und hinab
Reichen sich die Hände
Tanzen auf dem Grab
Nur das Unerfüllte stirbt nicht, bleibt immer was es war
Nur das Unerfüllte stirbt nicht, auf ewig unkündbar
Weinen und Lachen, dazwischen taumel ich
Ich kann nicht mit dir leben und nicht ohne dich
Gleichgültig gültig
Die Welt spielt verrückt
Fortschritt ist Rückschritt
Wahrheit ungeküsst
Anfang und Ende
Hinauf und hinab
Reichen sich die Hände
Tanzen auf dem Grab
Morgen ist von gestern, und Altes wieder neu
Nur was man liebt, geht unter, nur was man liebt macht frei
Das Gegenteil ist richtig und das gilt auch für mich
Ich kann nicht mit dir leben und nicht ohne dich.
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