„Wir müssen Frauen, die Kinder zur Welt bringen, unterstützen, wir dürfen sie nicht isolieren.“
Frau Scarpaleggia, Sie waren 20 Jahre bei Ikea, neun Jahre davon waren Sie CEO von Ikea Schweiz und wechselten im Jahr 2019 ins globale Management, um sich dort für das Thema „Zukunft der Arbeit“ starkzumachen. 2020 haben Sie gekündigt. Warum?
Simona Scarpaleggia: Das ist im Grunde eine einfache Sache. Die erste Hälfte meines beruflichen Lebens habe ich abseits von Ikea verbracht, die andere Hälfte war ich Teil von Ikea und dort auch in führenden Positionen. Und schon dort habe mich um die Gleichstellung der Geschlechter und im Besonderen für die Unterstützung von Vielfalt eingesetzt. Jetzt habe ich das Pensionsalter erreicht und weiß, dass ich auch weiterhin in der Schweiz leben möchte. Meine Zeit im globalen Management war gut, doch dann trat Edge an mich heran. Edge ist ein auf Bildungstechnologie basierendes Unternehmen, das Organisationen dabei unterstützt, die Gleichstellung der Geschlechter im eigenen Unternehmen zu messen, diese zu beschleunigen und zu zertifizieren. Für mich wird das die letzte Aufgabe als Führungskraft und im Zuge meiner Karriere sein. Es ist so etwas wie das Sahnehäubchen auf der Torte, da sich die Mission des Unternehmens vollkommen mit meinem sozialen Engagement deckt.
Erzählen Sie bitte ein wenig mehr über Edge. Was tun Sie mit Ihrem Team?
Wir sind ein Techunternehmen und bieten den Zugang zu einer Plattform, auf der Unternehmen ihre Organisation dahingehend analysieren können, wo sie in Bezug auf Gender, Intersektionalität und Gleichberechtigung stehen. Das gesamte Verfahren findet online statt, betreut natürlich durch Ansprechpartner bei Edge. Über die angesprochene Plattform geben die Unternehmen ihre Daten zu vier Dimensionen ein: Die erste Dimension ist der Blick auf die Repräsentation von Männern und Frauen innerhalb der Organisation – und das auf allen Ebenen. Die zweite Dimension ist die Gleichberechtigung hinsichtlich der Bezahlung. Die dritte Dimension ist Wirksamkeit von Maßnahmen und Praktiken zur Gewährleistung eines gerechten Karriereverlaufs im Hinblick auf Entlohnung, Einstellung und Beförderung, Ausbildung, flexible Arbeitsbedingungen und Organisationskultur. Und die vierte Frage ist, ob sich die integrative Kultur auch in den Erfahrungen der Mitarbeiter widerspiegelt – etwa, was ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten angeht.
Die andere Hälfte
Buchverlag Neue Zürcher Zeitung (NZZ Libro)Basierend auf diesem Gesamtbild der aktuellen Situation erstellen wir dann eine Wettbewerbsanalyse – Wie steht man im Vergleich zu anderen Unternehmen in der Branche da? – und ein Maßnahmenpaket. Maßnahmen können dabei verstärkte Schulungen für Frauen oder Änderungen in der Unternehmensstrategie sein – immer sehr konkret und messbar. Das alles hilft den Kunden, gezielte Veränderungen in die Wege zu leiten, um wirklich Gleichberechtigung innerhalb der eigenen Organisation zu schaffen.
Was würden Sie sagen: Wie ist die grundsätzliche Situation in der Schweiz bei der Gleichberechtigung in den Unternehmen?
Die Schweiz hat in den letzten Jahren massiv aufgeholt.
Als ich im Jahr 2010 in die Schweiz kam, waren die Schweiz und Italien im Ranking des Weltwirtschaftsforums gleichauf. Heute hat die Schweiz mit Blick auf Bildung, Präsenz von Frauen in der Arbeitswelt etc. enorm hinzugewonnen.
Simona Scarpaleggia
Das gilt aber vor allem im öffentlichen Sektor. Im Privatsektor arbeiten immer noch zu wenige Frauen in Führungspositionen oder als CEO. Das muss sich ändern. Und es geht hier nicht darum, dass Frauen gegen Männer kämpfen oder umgekehrt. Es geht darum, allen Talenten im Land die Möglichkeit zu geben, ihren Wert zum Ausdruck zu bringen und entsprechend ihren Fähigkeiten zu arbeiten. Doch noch immer werden Frauen für gewisse Dinge nicht in Betracht gezogen und das wird zunehmend zu einer bedeutenden Frage der sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit. Es ist ja das Grundprinzip von Nachhaltigkeit, keine Ressourcen zu verschwenden, sondern das Beste aus ihnen zu machen. Frauen haben ein fantastisches Potenzial. Ich selbst bin ein Babyboomer und meine Generation wird bald in Pension gehen – wir alle werden ersetzt werden müssen. Im Idealfall von guten Leuten. Doch wir haben ein demografisches Problem, es fehlt an Nachwuchs. Allein aus diesem Grund müssen wir in der Schweiz alle Ressourcen nutzen, die uns zur Verfügung stehen.
Sie haben in einem Interview einmal verraten, dass Sie zu Beginn Ihrer Karriere auch oft „wie ein Mann“ agiert haben.
Ich habe mich damals an die ungeschriebenen und eben meistens von Männern gemachten Regeln gehalten. Dazu gehörte zum Beispiel, dass Meetings immer erst um 18 Uhr stattfanden. Das waren formelle oder informelle Treffen, aber es war relevant, dabei zu sein.
Es ging hier immer auch um Macht, denn die Männer blieben in der Regel unter sich.
Simona Scarpaleggia
Vielen Frauen war es nämlich gar nicht möglich, um 18 Uhr noch an einem Meeting teilzunehmen. Denn wenn die Männer nach dem Meeting um 20:30 Uhr nach Hause kamen, mussten die Kinder ja versorgt sein und das Essen auf dem Tisch stehen. Ich war damals jung und konnte bei diesem Spiel mitmachen. Das habe ich aber auch nur so lange, bis ich meine erste eigene Führungsrolle übernahm. Ab diesem Moment fanden keine Meetings mehr am Abend statt. Es geht mir darum, Kulturen zu verändern – und noch immer benötigen wir einen Paradigmenwechsel.
Was gab in Ihrem Leben letztlich den Ausschlag, dass Sie sich so aktiv für Gleichberechtigung – vor allem am Arbeitsplatz – einsetzen?
Zunächst einmal war es meine eigene Erfahrung, die Hindernisse, die ich selbst überwinden musste. Wie ich sagte, habe ich mich lange den damaligen Regeln angepasst. Für mich war das kein großes Problem: Ich hatte keine Familie, mein Verlobter arbeitete auch sehr lange und wenn wir spät nach Hause kamen, aßen wir eben ein Sandwich oder eine Pizza. Doch wenn ich zurückblicke, fand ich schon damals, dass das alles eine Verschwendung war. Zudem sah ich weibliche Kollegen, die sich so bemühten, voranzukommen, aber einfach noch so viele andere Dinge zu tun hatten. Da habe ich entschieden, dass ich meinen Beitrag für mehr Gleichberechtigung leisten möchte. Ich war schon immer an Menschen interessiert und es macht mir Freude, das Potenzial von Menschen freizusetzen – besonders auch bei der Arbeit. Männer und Frauen sollen jederzeit die gleichen Chancen haben. Ich selbst habe drei erwachsene Kinder, zwei junge Frauen und einen jungen Mann. Und für mich ist vollkommen klar, dass alle drei die Möglichkeit haben sollen, zu entscheiden, was sie arbeiten wollen.
Während Ihrer Zeit als CEO bei Ikea hat das Unternehmen sowohl Lohngleichheit wie auch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf allen Hierarchieebenen eingeführt und auch umgesetzt. Wie haben Sie das persönlich erlebt?
Meine Reise zur Geschlechtergleichheit hatte schon viel früher begonnen. Daher war es eine sehr interessante Erfahrung, denn das Topmanagement des Konzerns – also die ersten 200 – waren fast alles Männer. Dabei hatte man gedacht, dass man als skandinavisches Unternehmen im Bereich der Gleichstellung bereits hervorragend unterwegs sei. Der damalige globale CEO hat dann alle 200 Topmanager sowie 50 weibliche High Potencials für eine Woche zusammen an einen Tisch geholt und ein paar Monate später noch einmal alle für drei Tage zusammengetrommelt. Jeder hatte während dieser Tage Zeit, seine Zweifel, Ängste und Sorgen zur Sprache zu bringen. Und dann wurde gemeinsam entschieden, wie es weitergehen sollte. Ich erinnere mich gut an einen Mann, der aufstand und sagte: „Jetzt sagen Sie mir nicht, dass ich nicht mehr befördert werde, weil ich keine Frau bin.“ Und er bekam die Antwort, dass er weiterhin befördert werden würde, nur sei die Konkurrenz nun größer. Und genau darum geht es bei der Gleichstellung. Ikea hat das geschafft.
Sie selbst haben in der Schweiz einen zweimonatigen Vaterschaftsurlaub für Ikea-Angestellte eingeführt, sechs Wochen davon werden vom Unternehmen bezahlt, die restlichen zwei werden durch Urlaubstage ausgeglichen. Wie kam Ihr Vorschlag damals bei den Verantwortlichen an?
Ja, wir waren Pioniere in der Schweiz. Dieser Vaterschaftsurlaub ist nicht obligatorisch, wurde aber in meiner Zeit bei Ikea von allen Vätern genommen. Wir haben damals einfach einen Versuch gestartet: Wir wollten wissen, ob es funktioniert. Das war ein Risiko, aber es hat sich schnell gezeigt, dass alle mitmachen. Das Verantwortungsgefühl der Kollegen und Kolleginnen hat das mitgetragen. Und die Väter haben erleben können, was die Partnerinnen leisten. Hilfreich für beide Seiten.
Gleichberechtigung sollte ja im Grunde heute eine Selbstverständlichkeit sein. Bislang ist das in vielen Unternehmen aber nur auf dem Papier so. Was glauben Sie sind die häufigsten Gründe dafür?
Mehr und mehr Unternehmen setzen sich mit dem Thema Gleichberechtigung auseinander. Dabei gibt es „good player“ und „bad player“. Die Ersten sind diejenigen, die wirklich etwas tun. Die Zweiten sind die, die nur darüber reden. Doch gibt es heute verlässliche Daten dazu, ob ein Unternehmen Gleichberechtigung wirklich anstrebt und umsetzt. Und zum Glück wollen Investoren diese auch zunehmend sehen. Die fragen gezielt nach, wie viele Frauen es im Vorstand hat, wie viele Frauen es in der Organisation gibt und an welchen Stellen sie „sitzen“. Hier gilt mitunter nun dasselbe wie für Nachhaltigkeit und Klimaschutz: Die Investoren stellen endlich mehr Ansprüche.
Es reicht heute auf Dauer einfach nicht mehr, nur über Dinge wie Gleichberechtigung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu reden, man muss das aktiv leben.
Simona Scarpaleggia
Denn die Anliegen thematisieren sich nicht einfach so, man muss daran arbeiten – und dann auch an einer Strategie, um die Anliegen durchzusetzen. Nehmen wir das Beispiel der digitalen Kompetenz. Sicher ist es immer noch so, dass Männer hier oft über mehr Kompetenz verfügen. Doch die Digitalisierung unserer Welt schreitet schnell voran, und deshalb benötigen auch die Männer ständige Weiter- und Fortbildung. Hier können Sie die Frauen gleich mit ins Boot holen. Schulen Sie alle zusammen! Sicher braucht es dazu in einer Organisation ein gewisses Ökosystem. Aber genau das sollten Sie schaffen.
Die Natur hat nun einmal entschieden, dass wir Frauen die Kinder auf die Welt bringen. Das aber ist Grund dafür, dass Frauen oft in Teilzeit oder eben über einen längeren Zeitraum gar nicht in Betrieben arbeiten. Das hat zahlreiche Nachteile für die Frauen – einer davon ist der ihnen zustehende Rentenanspruch. Was kann der Staat, was können Unternehmen wirklich tun, um hier endlich Abhilfe zu schaffen?
Wir müssen Frauen, die Kinder zur Welt bringen, unterstützen, wir dürfen sie nicht isolieren. Das beginnt damit, dass wir nicht mehr nur darüber reden, Frauen zu unterstützen – also die Betonung immer auf die Frauen legen. Wir müssen Familien unterstützen, und zwar Familien aller Art! Frauen sollen die Chance haben, sich eine Einkommensquelle zu schaffen und damit bessere Lebensbedingungen. Es geht auch um Selbstverwirklichung, also das eigene Talent der Gemeinschaft zur Verfügung stellen zu können. Beide Elternteile müssen und sollen Zeit und Energie für ihre Kinder aufwenden können – aber eben nicht nur. Dafür müssen wir organisatorische Voraussetzungen schaffen, Dinge wie hybrides Arbeiten und flexible Arbeitszeiten. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass das machbar ist. Zudem brauchen wir eine entsprechende Infrastruktur. In der Schweiz ist Kinderbetreuung kostspielig und das öffentliche Schulsystem mit seinen teils überkommenen Halbtagsstrukturen ein wirkliches Hindernis. Kinder kommen am Mittag nach Hause, müssen dann wieder zur Schule gebracht werden. Mittwochs ist bereits ab Mittag Schluss – wenn Sie da Vollzeit arbeiten wollen, tun Sie das zu einem hohen Preis. Denn private Kinderbetreuung kostet viel Geld. Hier muss der Staat unterstützen. Doch ich bin sicher, dass, wenn wir eine richtige Vision haben, diese Dinge in unserer Gesellschaft in Ordnung gebracht werden können.
Haben Sie ein Beispiel, wie man es in Ordnung bringen könnte?
Während meiner Zeit bei Ikea haben wir das Teilzeitmodell auch für Führungskräfte eingeführt. Das haben in der Anfangszeit vorwiegend junge Männer genutzt. Sie haben dann auf 80 Prozent verkürzt, sprich: eine Viertagewoche. Im Umkehrschluss konnte die Partnerin auch vier Tage in der Woche arbeiten und beide brauchten nur drei Tage in der Woche eine Kinderbetreuung organisieren – ein organisatorischer und wirtschaftlicher Vorteil. Und die Effektivität der Arbeit wurde dadurch auch nicht beeinträchtigt, vielmehr sanken die Kosten auf Unternehmensseite. Win-win für alle Beteiligten also. Es gibt so viele junge Frauen in der Schweiz, die brillant sind und sich entfalten wollen, doch sie wollen auch keine „Rabenmutter“ sein. Um das zu ändern, braucht es ein Anfangen und gute Vorbilder.
Sie sprachen eben an, dass Frauen eine besondere Bereicherung für Unternehmen sind – eben weil sie Frauen sind. Können Sie das ein wenig genauer erklären?
Was ich meine, ist, dass es in einem Unternehmen alle menschlichen Eigenschaften benötigt. Wir sind alle verschieden und Frauen sind historisch begründet in der Regel dahingehend erzogen worden, dass sie fürsorglicher sind. Frauen sind oft auch empathischer. Und genau diese Aspekte brauchen wir, denn nach der digitalen Revolution werden Roboter viele Dinge schneller, besser und billiger erledigen als ein Mensch. Aber was Maschinen nicht tun werden, ist all das, was mit Soft Skills zu tun hat: das Zuhören, die Fürsorge und auch die Kompetenz, komplexe Probleme zu lösen.
Assoziieren von Konzepten, Kreativität, Dinge, die die Innovation fördern, das alles entsteht durch positive Interaktion zwischen Menschen.
Simona Scarpaleggia
Als ich vor 40 Jahren meine Karriere begann, gab es diesen Satz: „Information ist Macht“. Also hat man die eigenen Informationen nicht geteilt, aus Angst, sich ersetzbar zu machen. Der Chef hockte auf seinem Wissen. Doch so funktioniert das heute nicht mehr. Wer innovativ und überhaupt erst wirtschaftlich bleiben will, der teilt sein Wissen, denn zusammen lässt sich so viel mehr erreichen. Nehmen wir die Produktion des Covid-Impfstoffes: Dass das so schnell ging, hing auch damit zusammen, dass die Labore und Forscher gemeinsam gearbeitet und sich ständig ausgetauscht haben. Wir sollten alle Ressourcen in einer Organisation nutzen und die Maschinen in diesem Zusammengang nicht als Waffen sehen, sondern als Werkzeuge.
Kurz zusammengefasst: Wie sieht ein Unternehmen aus, in dem wirklich Gleichberechtigung gelebt wird?
In diesem Unternehmen kann sich jeder mit all seinen Stärken einbringen. Sehen Sie mich an. Ich bin 60+, Italienerin, Autorin, ich habe studiert – es gibt sicher viele Überschneidungen mit anderen Menschen in der Organisation, aber wir sind eben nicht alle gleich. Und diese Vielfalt, diese Einzigartigkeit sollten wir feiern. Menschen sollen sich bei der Arbeit ausdrücken können und gesehen werden für das, was sie sind.
Und wie agieren Führungskräfte in so einem Unternehmen?
Führungskräfte müssen vor allem Bereitschaft zum Wandel zeigen. Sie müssen den Menschen wertschätzen, ihn in den Mittelpunkt aller Überlegungen stellen. Sie müssen die Stärken ihrer Mitarbeiter fördern und ihnen zeigen, wo sie diese am besten einsetzen können, innerhalb der Organisation. Die Welt dreht sich mittlerweile so schnell, dass Sie nicht mehr bei jeder Entscheidung erst einen Prozess über alle Verantwortungsebenen hinweg durchlaufen können. Sie müssen hier und jetzt entscheiden, sonst übernimmt die Konkurrenz. Das bedeutet:
Die Mitarbeiter müssen ermächtigt werden und dafür brauchen sie entsprechende Informationen und auch Vertrauen.
Simona Scarpaleggia
Würden Sie sagen, die Pandemie hat das Thema Gleichberechtigung für Männer und Frauen am Arbeitsplatz zurückgeworfen? Oft waren es die Frauen, die für die Kinderbetreuung und das Homeschooling verantwortlich waren.
Das Gute, wenn man es denn so sagen kann, an der Pandemie war, dass wir gesehen haben, dass das mit der Fernarbeit funktioniert. Ich habe dieses Thema schon während der Zeit, als ich bei Ikea für den Bereich „Zukunft der Arbeit“ verantwortlich war, vorangetrieben. Doch da kamen viele Einwände: Wir haben doch die Läden! Das ist zu teuer! Der technische Aufwand ist zu groß! Und dann kam das Virus, und innerhalb einer Woche arbeiteten wir alle von zu Hause aus. Das war natürlich nicht für jeden optimal. Es gibt da eine Studie von McKinsey aus den USA: Die besagt, dass zwischen 25 und 30 Prozent der Frauen während der Pandemie ihre Jobs gekündigt haben, weil das mit Homeoffice und Kinderbetreuung einfach eine zu große Belastung war. Kurz: Die Pandemie hat die technologische Entwicklung in den Unternehmen massiv vorangetrieben, sie hat aber auch die Mängel in der Arbeitsumgebung aufgezeigt, insbesondere was die Eingliederung von Frauen betrifft. Ein Teil des Problems ist dabei, beseitigt zu werden – das andere sollten wir aber nicht vergessen.
Was lernen wir noch daraus?
Eine gute Frage – und eine wichtige. Resilienz hat in diesem Zusammenhang eine viel umfassendere und tiefgründige Bedeutung: Es geht darum, eine von Unrecht geheilte und von Giften gereinigte Welt neu zu denken, es geht um globale Zusammenarbeit und respektvolle Freiheit. Wir haben dringenden Handlungsbedarf. Wir müssen die Probleme lösen, die wir für die Umwelt geschaffen haben. Wir haben das Wissen und die Ressourcen, um Ungleichheiten auszugleichen. Wir haben jetzt eine einzigartige – auch im wörtlichen Sinne – Chance, diese Welt neu zu gestalten und besser zu leben. Wir alle.
Über die Autorin
Simona Scarpaleggia war von 2010 bis 2019 CEO von Ikea Schweiz und leitete danach die Initiative „Zukunft unserer Arbeit“ bei Ikea. Seit 2020 ist sie Co-CEO bei Edge Strategy. 2013 gründete sie die Vereinigung „Advance – Women in Swiss Business“.