Überlebensstrategien für die ersten Tage im neuen Job
„Veni, vidi, vici“ ist eines der bekanntesten Zitate von Gaius Iulius Caesar: „Ich kam. Ich sah. Ich siegte.“ Und wir wollen dem römischen Staatsmann auch nicht absprechen, dass er damals in der Schlacht bei Zela damit vollkommen Recht hatte: Mit nur fünf Tagen war bereits der zugehörige Feldzug eine kurze Episode gewesen, aber der Sieg in der entscheidenden Schlacht und in nur vier Stunden stellte einen neuen Effizienz- und Geschwindigkeitsrekord auf. Caesar hatte damit bewiesen, dass er wirklich „der Richtige für diesen Job“ war. Aber Sie ahnen es schon: Dass er damit berühmt wurde, liegt auch daran, dass das nicht allen Jobanwärtern gelingt.
Die ersten Tage im neuen Job sehen bis heute meist deutlich weniger heroisch aus: Angst und Unsicherheit nagen an allen Neueinsteigern, und während die einen zur Überkompensation neigen („BANG – Hier bin ich!“), werden die anderen stündlich kleiner und kleiner – um irgendwann schon an Tag eins die Sekunden bis zum Feierabend zu zählen.
Damit Sie gelassener in diese wichtige Übergangszeit eintauchen können, haben wir Ihnen die besten Strategien aus der getAbstract-Bibliothek zusammengestellt:
1. Beschäftigen Sie sich im Vorfeld bereits eingehend mit Ihrem neuen Arbeitgeber
Unser Zugang zu Informationen ist heute um ein Vielfaches höher als noch vor einer Dekade – nutzen Sie diesen Umstand, um sich im Vorfeld ein genaues Bild über Ihren neuen Arbeitgeber zu machen. Und damit ist nicht gemeint, sich vor einem Bewerbungsgespräch ein bisschen einzulesen, wie es Usus ist. Gemeint ist eine fundierte Recherche. Nutzen Sie dafür Kennzahlen wie die, die Sie in Jahresberichten und Pressemitteilungen finden. Schauen Sie sich aber auch die Einschätzung von Medien und anderen beobachtenden Organisationen an. Wie steht das Unternehmen wirtschaftlich da? Wer sind Partner, wer sind Mitbewerber? Wie sieht die Produktpalette aus? Wenn es Ihnen wichtig ist, schauen Sie auch, wie es mit der gesundheitlichen Vorsorge aussieht. Gibt es eine Arbeitnehmervertretung? Wenn ein Betrieb unnötig sparsam mit solchen Informationen ist oder niemand über ihn schreibt oder spricht, ist oft Vorsicht geboten (es sei denn natürlich, Sie starten bei einer Schweizer Privatbank).
2. Trainieren Sie Ihre Kommunikationsfähigkeit
Sie werden in leitender Funktion angestellt? Nun, als Führungskraft besteht Ihr tägliches Pensum aus 80 Prozent Beziehungsarbeit, Sie sollten Kommunikation also ohnehin draufhaben und ständig trainieren. Als Mitarbeiter liegt dieser Anteil nicht ganz so hoch, trotzdem ist es gerade in den ersten Wochen dringend notwendig, sich ständig auszutauschen. Gerade wenn Sie eher wortkarg veranlagt sind, haben wir hier ein paar Anregungen und Expertentipps für Sie gesammelt. Gleichwohl gilt: Bücher helfen, theoretisches Wissen anzuhäufen, wichtiger aber wäre es, wenn Sie das Ganze auch „trainieren“. Das kann zum Beispiel in einem Gespräch mit Freunden, der Familie oder auch Fremden im Supermarkt sein. Nutzen Sie jede Gelegenheit, sich bewusst mit anderen auszutauschen, und achten Sie darauf, wie Sie dies tun. Bringen Sie auf den Punkt, was Sie sagen wollen? Kommt Ihre Intention beim Gegenüber an? Werden Sie im wahrsten Sinne des Wortes verstanden? Und wenn Sie nun schon dran sind: Lernen Sie gleich auch, bewusst zuzuhören, aktiv herauszuhorchen, was zwischen den Zeilen gesagt wird. Kommunikationsfähigkeit hat viel mit Empathie zu tun. Zwar können auch einsame Wölfe laut heulen – wenn sie aber die Antworten dann nur für Gejaule halten, kommen sie im Rudel nicht weit.
3. Nehmen Sie sich selbst nicht zu wichtig
Sicher sind Sie gut in dem, was Sie tun. Ansonsten hätte niemand Sie eingestellt. Aber: Brauchen Sie sich dann noch zu beweisen, indem Sie übertrieben Ihre Stärken, Ihr Können und Wissen zur Schau stellen? Eben. Viel sympathischer ist es, wenn Sie Ihre Hilfe anbieten, wenn Sie sehen, dass es irgendwo hakt oder sich jemand mit einer Aufgabe schwertut. Und wenn Sie das dezent und ohne großes Aufheben tun, haben Sie auch schnell Verbündete – und auf die kommt es schon bald entscheidend an.
Gleiches gilt für Verbesserungsvorschläge, die eine ganze Abteilung oder sogar das gesamte Unternehmen betreffen. Auch hier sollten Sie nicht in den ersten beiden Wochen mit gänzlich neuen Ideen um die Ecke kommen. Niemand mag Besserwisser, und selbst wenn Sie es gut meinen, man wird Sie für einen halten. Machen Sie sich lieber erst mal Gedanken, schreiben Sie diese auf und arbeiten Sie sie in den Folgewochen aus. Wenn Sie nach zwei Monaten mal leise anklopfen und Ihren Vorgesetzten um ein Gespräch bitten, werden Sie mehr Erfolg damit haben.
Und dann noch ein Tipp: Ersparen Sie sich (und allen anderen) die Kommentare zu Ihrem alten Arbeitgeber! Es kommt niemals gut an, wenn Sie immer und immer wieder betonen, wie es bei Ihrem alten Arbeitgeber lief.
4. Schauen Sie hinter die Kulissen
Wer heißt wie und wer macht was? Das sind zwei einfache kleine Fragen, deren Beantwortung Ihnen aber in den ersten Wochen sehr weiterhelfen kann. Es ist absolut legitim, wenn Sie sich ein persönliches Organigramm anlegen, indem Sie Namen und Verantwortlichkeiten/Positionen Ihrer Kollegen oder Mitarbeiter notieren. Niemand erwartet, dass Sie nach ein paar Tagen schon alle Namen kennen – man würde es Ihnen aber hoch anrechnen.
Parallel dazu können Sie sich auch weitere Notizen machen, und zwar zu eventuellen Stärken und Schwächen der einzelnen Teammitglieder, die Sie dann in den nächsten Monaten evaluieren. Und auch dazu, wer „eigentlich“ das Sagen hat. Es ist immens hilfreich, wenn man außerdem die unausgesprochenen Machtverteilungen kennt und damit weiß, wer viel Einfluss nehmen kann (Stichwort: die unscheinbaren Typen aus dem IT-Team). Dies gilt auch bei der Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen. Lassen Sie sich vorstellen und achten Sie in den initialen Gesprächen auf die feinen Details.
5. Bauen Sie ab Tag eins Ihr Netzwerk auf
Auch wenn Sie sich für Superman oder Wonder Woman halten – Sie werden auch am neuen Ort nicht alles allein machen können. Deshalb brauchen Sie ein gutes Netzwerk, und das nicht nur innerhalb der „eigenen Reihen“, sondern auch über die Unternehmensgrenzen hinweg. Besonders hilfreich sind dabei digitale Wege und hier explizit für den beruflichen Kontext das soziale Netzwerk LinkedIn. Hier lässt sich schnell und unkompliziert Kontakt knüpfen – und das mit fast allen Menschen auf der Welt, egal in welchem Bereich und auf welcher Hierarchiestufe diese tätig sind (Ausnahme: Schweizer Privatbanken). Suchen Sie am neuen Ort und darüber hinaus „Verbündete“, die Sie am besten finden, wenn Sie gezielt Unterstützung leisten – Stichwort: Reziprozität.
6. Achten Sie auf Konkurrenten
Gaius Iulius Caesar mag die Schlacht bei Zela in nur vier Stunden gewonnen haben – sein untrügliches Gespür für Gefahren setzte aus, als es darum ging, Gefahren im direkten Umfeld auszumachen. Das buchstäbliche „Messer im eigenen Rücken“, dort hineingerammt von Brutus, hätte er kommen sehen, wenn er seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet hätte, welche Vor- und Nachteile oder welche Anziehungskraft seine Position für seine Kollegen hatte. Neid und Missgunst, Machtstreben und stabile alte Seilschaften sind gerade bei Neubesetzungen von Stellen nichts Ungewöhnliches. Oder einfacher: Denken Sie daran, dass Sie sich auf einem Terrain befinden, das womöglich andere im Betrieb schon für sich abgesteckt hatten – oder es doch abgesteckt glaubten.
Denken Sie sich also in andere hinein, achten Sie auf Blockierer und Misstöne in Meetings und natürlich auch auf den Firmengossip, in den Sie schon bald hineingezogen werden, wenn Sie mit den Kolleginnen und Kollegen am Mittagstisch oder bei der Firmenfeier zusammensitzen. Wenn es nicht Ihr Leben rettet, so doch immerhin die Karriere!