„Wie gelingt die saubere Übergabe eines Familienbetriebs?“
Gemeinsam mit meinem Vater stehe ich an der Spitze unsere Familienbetriebs. Wir sind in der Baubranche tätig und das Unternehmen wurde von meinem Großvater gegründet. Es war von Beginn an klar, dass ich das Geschäft von meinem Vater übernehmen und gemeinsam mit meinem Mann als Partner leiten würde.
Jetzt ist Papa 62 Jahre alt geworden und würde gerne zeitnah in den Ruhestand treten. Leider stellen wir fest, dass wir es verschwitzt haben, uns wirklich detailliert auf diesen Moment vorzubereiten. Da sind so viele Dinge, die noch nicht geklärt sind – und auch das Thema Digitale Transformation steckt immer noch in den Kinderschuhen, weil mein Vater von dem „neumodischen Zeug“ bislang nicht wirklich viel gehalten hat.
Mein drei wichtigsten Fragen
Was ist bei der Geschäftsübergabe eines Familienbetriebs an die nächste Generation besonders wichtig?
Die Übernahme eines Familienbetriebs lässt sich hier sicher nicht in aller Ausführlichkeit darstellen. Aber einige Tipps zu den wichtigsten Punkten, beginnend mit der rechtlichen Lage, lassen sich zusammenfassen.
Zuerst: Werden Sie das Unternehmen zunächst als Geschäftsführerin übernehmen, während Ihr Vater der Inhaber bleibt? Oder werden Sie zur neuen Inhaberin? Im letzten Fall macht es aus finanzieller Sicht oft Sinn, wenn die Übergabe über eine Schenkung abgewickelt wird. Im ersten Fall ist es wichtig, dass das Thema Erbe über ein Testament geregelt ist. Der Grund: Hätten noch andere Parteien – Ihre Mutter oder eventuelle Geschwister – ein gesetzliches Recht auf einen Teil des Unternehmens, könnte das die Dinge kompliziert machen.
Zudem gehe ich davon aus, dass Sie das Unternehmen nicht exakt so wie Ihr Vater führen werden. Wichtig ist, dass Sie bestehende Visionen und Missionen nicht sofort über den Haufen werfen. Experten raten dazu, in einem Unternehmen schon früh eine Familienstrategie zu definieren, in der Themen wie Traditionen, Werte, Ziele, Rollen, Prioritäten und Umgangsformen festgehalten werden. Sie gilt generationsübergreifend und sorgt dafür, dass ein Unternehmen über ein sicheres Fundament verfügt. Denken Sie auch jetzt schon darüber nach, wer auf Sie folgen soll. Frühzeitige und detaillierte Planung – das haben Sie ja nun auch selbst erlebt – sorgt dafür, dass am Ende nicht überstürzt gehandelt wird oder werden muss.
Ich frage mich, ob es nicht Sinn macht, einen Beirat aufzubauen? Eventuell sogar meinem Vater hier einen Platz anzubieten…
Ein Beirat ist per se ein hilfreiches externes Beratungs- und Kontrollgremium, das gerade bei Interessenskonflikten innerhalb der familiären Strukturen unterstützen kann. Es wird dazu geraten, einen Beirat unbedingt einzusetzen, wenn Sie die 100 Mitarbeiter- oder 25 Millionen-Euro-Jahresumsatz-Grenze überschreiten. Wie viel Mitspracherecht Sie dem Beirat einräumen, liegt ganz allein bei Ihnen. Auch bei der Größe können Sie selbst entscheiden. Es zeigt sich aber, dass kleinere Gremien schneller zu Entscheidungen kommen. Daher sollte sich die Zahl der Beiratsmitglieder bei fünf bis maximal neun Personen bewegen. Und deren wichtigste Aufgaben sind die Kontrolle und die Beratung Ihres Unternehmens – nach klaren Absprachen, in Abständen, die für das Unternehmen und Sie Sinn machen. Wenn alle zwei Tage der Beirat anruft, meist um zu zeigen, dass er noch da ist, schadet er oft mehr als er nützt.
Weitere Aufgaben, bei denen Sie der Bereit unterstützen könnte, sind:
- Personalentscheidungen
- Eigenkapital
- Ausschüttungen und andere finanzielle Entscheidungen
- Unternehmensleitbild
Praktisches Wissen um die Einrichtung des Aufsichts- oder Beirates finden Sie hier. Und zum Thema „Vater“ müssen Sie die Entscheidung leider selbst treffen: Wenn Sie ihm einen Platz im Beirat einräumen, hat das den Vorteil, dass ein Familienmitglied involviert und damit der direkte Draht zu Ihnen gesichert ist. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass Ihr Vater auf diesem Weg dennoch Mitspracherecht bei Entscheidungen bekommt, die Sie vielleicht allein oder anders treffen wollen. Rechnen Sie in diesem Falle also mit Konflikten in der Familie – auch wenn es jetzt gerade vielleicht gar nicht danach aussieht.
Wie gelingt die Digitale Transformation in einem bislang sehr klassisch und traditionell geführten KMU?
Grundsätzlich: Die Digitale Transformation ist nicht einfach nur eine Veränderung von bestimmten Prozessen oder der Art, wie man untereinander im Unternehmen und vor allem mit den Kunden kommuniziert. Sie verändert das unternehmerische Denken und hat damit Einfluss auf Ihr zukünftiges Handeln. Entscheidungen müssen schneller getroffen werden, Sie müssen eine offene Fehlerkultur zulassen und in allen Dingen, die Sie tun und tun wollen gibt bestenfalls der Kunde vor, wie es passieren sollte. Wenn Sie sagen, das traue ich mir und meinen Angestellten zu, stehen Sie schon einmal sehr gut da.
Nicht selten ist die Digitale Transformation in einem Unternehmen daher auch mit einem Generationswechsel an der Spitze verbunden. Das ist logisch, birgt aber auch die Gefahr, dass die abtretende Generation die neue Ausrichtung als Gefahr fürs Unternehmen betrachtet. Sprechen Sie daher offen mit Ihrem Vater über die Dinge, die Sie planen. Und erläutern sie auch warum. Oder wie Prof. Dr. Kay Windthorst, Direktor der Forschungsstelle für Familienunternehmen der Universität Bayreuth, es einmal zusammenfasste: „Die Herausforderungen der Digitalisierung sind somit nicht primär operativer, sondern zunächst strategischer Natur. Dem müssen die Unternehmensstrategie und die Familienstrategie durch ein digitales Check-up Rechnung tragen.“ Die Digitale Transformation findet in seinen Augen hauptsächlich in den beiden Bereichen Unternehmenskultur und Unternehmensführung statt. Und hier gibt es vier Handlungsfelder, bei denen Sie aktiv werden müssen:
- Kunde
- Geschäftsmodell
- Wertschöpfungskette
- Mitarbeiter
Wie Sie welchen Bereich optimal modifizieren und transformieren können, dazu finden Sie zahlreiche Tipps in unserer Bibliothek: