Vom Praktikant zum Pionier
Fünf Tage die Woche, acht Stunden lang voll konzentriert sein – Neuland für mich. Ich kam vom Gymnasium und hatte in der Arbeitswelt bislang kaum Erfahrung gesammelt. Von der Terminkoordination im digitalen Kalender über das Recherchieren und Präsentieren von Projekten bis zur Beschaffung der (notwendigen) 4 bis 5 Tassen Kaffee aus der Siebträgermaschine in der Küche, für deren zweckdienliche Benutzung man einen eigenen „Abschluss“ braucht: Die meisten Arbeitsabläufe und Regeln waren völlig neu für mich. Und als besonders anstrengend stellte sich heraus, überhaupt in den neuen Rhythmus zu kommen.
Wer es gewohnt ist, eine Schulstunde lang – also höchstens 90 Minuten – bei voller Konzentration zu arbeiten, fällt in den ersten Tagen im neuen Job, wo man ständig herausgefordert und also leistungsbereit sein muss, fast automatisch kurz vor Mittag (oder spätestens nach dem „Business-Lunch“) ins Wachkoma. Und wer obendrein eine Abneigung gegen Energydrinks hat, oder einen Magen, der nach dem dritten Espresso innerhalb kürzester Zeit nicht ganz zu Unrecht rebelliert, muss sich irgendwann etwas einfallen lassen. Schließlich will man professionell sein, nie den Anschein machen, den Überblick zu verlieren und den Kollegen vor allen Dingen helfen statt zur Last fallen.
Wie bewältigt man «lange Tage»?
Eigentlich ganz einfach, aber vielleicht deshalb so oft vergessen: Trinkpausen sind die Lösung! Wer sich konzentrieren muss, braucht nämlich genau zwei Dinge: Wasser und die notwendige Ablenkung.
Sie lesen richtig: Nur, wer sich hin und wieder eine Auszeit gönnt, bestenfalls sogar draußen, bei etwas Bewegung, hat mittelfristig genug Energie, um den ganzen Tag Leistung zu bringen. Mir hat eine stets wieder aufgefüllte Trinkflasche am Schreibtisch viel gebracht. Und wenn ich es mal nicht vor die Tür geschafft habe, so doch immerhin in die Küche und zum Wasserhahn, wo sich auch immer Möglichkeiten ergeben, mit den neuen Kollegen zu reden, ihnen Fragen zu stellen und damit den Betrieb besser kennenzulernen.
Wie meistert man neue Abläufe und Technik(en)?
Wasser hin oder her: Als ich am Ende der ersten Woche in unserem E-Mail-Tool einen Newsletter zu einem neuen Projekt – dem «30-Day-Learning-Sprint» – erstellen sollte, hatte ich dazu genau zwei Fragen, wobei ich nicht wusste, welche ich zuerst stellen sollte: «Was ist ein Learning Sprint?» Oder doch: «Was ist ein Newsletter?» Ich war überfordert. Und das nicht zum letzten Mal. Genau das allerdings ist der Sinn von Praktika, die ihren Namen verdienen: man kommt sehr schnell mit sehr vielen Begriffen und «Tasks» (auch so ein Begriff…) in Kontakt, die man initial nicht versteht, auch nicht verstehen kann – aber das ist genau der Grund dafür, dass man etwas lernt.
Wichtig ist es deshalb, sich nicht verunsichern zu lassen, sondern anzuerkennen, dass es immer mehr Dinge geben wird, die man nicht weiß, als Dinge, die man weiß. Es ist also nicht notwendig, alles von A bis Z zu verstehen, um eine Aufgabe anzupacken und durch Ausprobieren und etwas Kreativität Schritte in die richtige Richtung zu machen. Immer, wenn ich vor einer solchen Situation stand, griff ich zu Stift und Zettel, hörte bei den Erklärungen der Kollegen genauer hin und machte mir Notizen und Anleitungen für Abläufe, um die eigenen Leerstellen zu füllen und mit der Zeit immer weniger Kreativität für das Verständnis eines Problems aufwenden zu müssen – dafür mehr für die Lösung desselben.
So bleibt einerseits mehr Energie für schwierigere Tasks – und schließlich für weiterführende Gespräche und völlig neue Ideen. Wenn man nicht weiterkommt und auch keine Ideen mehr hat, wie man fortfahren könnte, sollte man deshalb nicht lange zögern, und den Betreuer oder Vorgesetzten um Hilfe bitten! Dafür ist er da.
Und damit auch er nicht seine Zeit verplempert, ist es ratsam, sowohl Fragen als auch Ideen und eigene, vielleicht gescheiterte Lösungsansätze gut vorbereitet, strukturiert, klar und offen zu kommunizieren. Wie das geht, erfuhr ich hier:
Den Mitarbeiter richtig abholen
managerSeminare Verlag Zusammenfassung ansehenWie überwindet man (dann noch) sich selbst?
Mit obigen Techniken habe ich recht schnell gelernt, meinen neuen Alltag zu meistern: schon in Woche zwei gelang mir mehr und ich bekam neue, anspruchsvollere Aufgaben. Schwieriger als mit den Abläufen und diesen Tasks tat ich mich aber mit mir selbst: Ich traute mich lange nicht so richtig, meine Ideen in Meetings einzubringen, weil ich selbst mich als «Praktikantin» wahrnahm, auf deren Ideen man bei getAbstract wohl nicht unbedingt gewartet hatte. Aber Ideen hängen nicht davon ab, wie weit man in einem Unternehmen auf der Karriereleiter geklettert ist, sondern wie kreativ man ist und wieviel Phantasie man hat.
Gerade neue Mitarbeiter haben oft Ideen, die für Unternehmen sehr nützlich sind, da sie Projekte und Arbeitsprozesse aus einem anderen Blickwinkel betrachten als langjährige, eingespielte, mitunter auch schlicht denkfaule Mitarbeiter. Der letzte Ratschlag, den ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen bei getAbstract geben kann, ist deshalb: Trau dich! Meine Ideen wurden zwar nicht immer direkt umgesetzt, aber mehr als einmal haben Arbeitskolleginnen und -kollegen zu mir gesagt: «Stimmt. So habe ich das noch gar nicht gesehen!»
Neue, unverbrauchte, auch kritische Sichtweisen auf Arbeitsprozesse oder -werkzeuge tun der Unternehmenskultur gut, denn sie sorgen für kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung – jedenfalls, wenn man, wie ich, das Glück hat, einen cleveren, an dieser Art des Wachstums interessierten Vorgesetzten zu haben.