Nachhaltiger handeln – so beginnen Sie bei sich selbst
Obwohl mit Corona eine andere Krise mindestens ebenso prominent geworden ist wie die Klimakrise, ist diese noch lange nicht ausgestanden. Auch wenn ein Großteil der Menschen zumindest schon davon gehört hat: Das theoretische Verständnis der Problematik und das Schauen kurzweiliger Dokus ändert keinen Lebensstil. Das eigene Verhalten von heute auf morgen radikal zu optimieren ist natürlich auch unrealistisch. Aber etwas Luft nach oben gibt es wohl bei jedem von uns. Und um dieses kleine Bisschen mehr zum Klimaschutz beizutragen, lässt sich an unterschiedlichen Stellschrauben drehen. Wie das geht, lesen Sie hier:
1. Machen Sie sich das Ausmaß der Klimakatastrophe bewusst. Es ist dringend, wir müssen handeln.
Die oft so polemisch missbrauchte „Hysterie“ hilft niemandem. Aber sich ganz bewusst mit dem Ausmaß der momentan im Hintergrund ablaufenden Klimakrise auseinanderzusetzen und sich ernsthaft einzugestehen, dass Dinge sich ändern müssen, geht auch ganz ohne Panik. Wem es also an Anreizen fehlt, dem sei Matthias Glaubrechts Ende der Evolution nahegelegt. Darin erklärt der Zoologe, wie sich das dramatische Artensterben, das infolge des Klimawandels unerbittlich voranschreitet, auch unser Leben massiv beeinflusst: Denn wir wissen nicht, wie viele Arten von Tieren und Pflanzen es gibt und wie sich die Artenvielfalt auf Ökosysteme auswirkt. Und wenn wir so weitermachen, haben wir auch keine Chance mehr, das herauszufinden.
Take-aways:
- Bis zum Jahr 2050 könnten 80 Prozent der wild lebenden Tierarten ausgestorben sein.
- Nur 16 Prozent der Landlebewesen in Europa und Zentralasien sind nicht vom Aussterben bedroht.
- Bis heute wissen wir nicht, wie viele Tier- und Pflanzenarten es überhaupt gibt und welche Rolle die Artenvielfalt für unser Überleben spielt.
Durch falsche Landwirtschaft verlieren wir fruchtbaren Boden.
Wen das Artensterben nicht aufrüttelt, der wird vielleicht bei diesem Zitat hellhörig: „Vergleicht man den Aufbau unseres Planeten mit dem eines Apfels (…), wäre der Staub auf der Apfelschale jene äußerste Erdschicht, die alles Landleben auf dem Erdball möglich macht.“ Das schreibt der Umweltjournalist Florian Schwinn in seinem Buch Rettet den Boden. Der Appellcharakter des Titels verspricht nicht zu viel. Denn unser Boden ist unsere Lebensgrundlage, wir bauen unsere Nahrungsmittel darauf an und die für unsere Nutztiere. Wenn wir jedoch so weiterwirtschaften wie bisher, machen wir unseren Boden regelrecht unfruchtbar.
Take-aways:
- Der Erdboden ist die Grundlage allen Landlebens. Doch es gibt immer weniger freie Flächen, und ihre Qualität nimmt drastisch ab.
- Die Praktiken der industrialisierten Landwirtschaft gefährden den Boden massiv.
- Immer mehr Boden wandert in den Besitz von Holdings, die ihn als reines Investitionsobjekt sehen.
2. Übernehmen Sie persönliche Verantwortung.
Die drastischen Ausmaße des Klimawandels sind kein Geheimnis, dennoch sehen wir regelmäßig Menschen, die sich offensichtlich gar nicht darum zu kümmern scheinen. „Was bringt es denn, wenn ich mich regelmäßig einschränke und mir Mühe gebe, während andere ganz offensichtlich bei keiner klimatechnisch noch so unsinnigen Aktion ein schlechtes Gewissen plagt?“, fragen Sie sich zu Recht. Nur ist das keine Frage, die zu ethischem Handeln führt. Wenn Sie also lernen wollen, ganz unabhängig von anderen ein in sich gutes Leben zu führen, hilft Ihnen vielleicht Peter Singers effektiver Altruismus weiter. In dieser Logik sind alle Menschen gleich viel wert. In der Folge geht es darum, im Leben so viel Gutes für die Allgemeinheit zu tun, wie man kann – unabhängig davon, ob andere das auch tun. Denn eine Welt mit weniger Leid ist generell erstrebenswert. Dabei kann man auch mit einem Job, der vielleicht nicht nur humane Seiten hat, durchaus Gutes tun – solange das Gute, das man vielleicht gerade durch das damit verdiente Geld erreicht, den Schaden überwiegt.
Take-aways:
- Um herauszufinden, wie sie ihre Ressourcen optimal einsetzen, wägen effektive Altruisten ab, womit sie am meisten Leid verhindern können.
- Die Basis für moralisches Handeln ist für effektive Altruisten weniger das Mitgefühl als die Vernunft.
- Um effektiv Gutes zu tun, muss man schwierige Abwägungen vornehmen und braucht daher bestmögliche Informationen.
Hinterfragen Sie Ihre bisherigen Denkmuster.
Ein schlechtes Gewissen bringt nichts, wenn es Ihnen eingeredet wurde. Wenn Sie sich von Menschen sagen lassen, was Sie tun dürfen, ohne sich schlecht zu fühlen, ist das nicht nur unangenehmer für Sie selbst, Ihre Verhaltensänderung ist vermutlich auch – in zweierlei Hinsicht – weniger nachhaltig. Sie tun dem ganzen Unterfangen also einen Gefallen, wenn Sie sich selbst tatsächlich in der Verantwortung sehen, Ihr Verhalten anzupassen. Sie müssen es wollen, weil Sie es als richtig erachten. Das bedeutet aber auch, dass Sie Ihre Einstellungen und Denkmuster hinterfragen müssen. Wie das geht, erfahren Sie hier:
3. Definieren Sie kleine, umsetzbare Schritte, schaffen Sie Gewohnheiten.
Wenn Sie an einem Punkt sind, an dem Sie eine Veränderung wollen – wirklich wollen – , geht es nun um die Fragen: Was wollen Sie verändern? Und wie wollen Sie es verändern?
Es gibt viele Möglichkeiten, sich klimafreundlicher zu verhalten: Sie können beim Einkauf auf Labels achten, immer wieder mal abwägen, ob es wirklich jedes Jahr eine Fernreise mit Auto oder Flugzeug sein muss, oder zum Ökostromanbieter wechseln. Wie das im Detail funktioniert? Die Antwort finden Sie hier:
Take-aways:
- Konsum, Heizung, Verkehr und Ernährung sind die größten Klimakiller.
- Wer beim Konsum die Qualität der Quantität vorzieht, kann pro Jahr mehr als eine Tonne CO2 einsparen.
- Wechseln Sie zum Ökostromanbieter und drosseln Sie Ihren Stromverbrauch mit energiesparenden Haushaltsgeräten und klimabewusstem Verhalten.
Wussten Sie, dass Sie die Blätter in Ihrem Garten unter Bäume und Büsche harken sollten, um wichtigen Bodenbewohnern ein Zuhause zu schaffen? Oder dass Sie beim Spaziergang draußen an den Feldern erkennen können, ob dort nachhaltig bzw. bodenfreundlich gewirtschaftet wird? Mehr dazu erklärt Florian Schwinn im Gespräch:
Machen Sie die Veränderungen zur Gewohnheit.
Bei alledem ist es wichtig, dass Sie sich nur Ziele setzen, die für Sie machbar sind und die Sie auch längerfristig beibehalten können; machen Sie aus Ihren neuen Zielen Gewohnheiten. Wie Sie dabei vorgehen, kann ganz unterschiedlich aussehen.
4. Investieren Sie Ihr Geld nachhaltig.
Natürlich können Sie für gute Zwecke spenden. Wenn Sie Ihr Geld nicht gerade mit Fracking verdienen – wobei Peter Singer hier relativieren würde – und die entsprechenden Unternehmen gut ausgewählt sind, ist das keine schlechte Idee. Eine andere Möglichkeit ist jedoch, direkt beim Sparen und Anlegen schon auf Nachhaltigkeit zu achten. Entscheiden Sie sich für Banken, die ethische und ökologische Grundsätze haben, oder investieren Sie in Unternehmen, die nachhaltige Projekte finanzieren. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten; vielfach handelt es sich bei vermeintlich grünen Anleihen um Greenwashing. Wie Sie wirklich nachhaltige Investments finden, erklärt Günter Heismann.
Take-aways:
- Grüne Geldanlagen sind häufig nur Greenwashing.
- Auch bei nachhaltigen Investments geht es nicht ohne Aktien.
- Ein nachhaltiges Depot besteht aus einigen Einzelwerten und Fonds sowie sicheren Green Bonds und Einlagen bei nachhaltigen Bankinstituten.
5. Bleiben Sie auf dem neuesten Stand – und interessiert.
Je präsenter die Klimakrise in der Bevölkerung ist, desto wahrscheinlicher sind politische Veränderungen. Tragen Sie aktiv dazu bei, dass klimafreundliches Verhalten genauso im Trend bleibt, wie es im Moment ist – und zwar, indem Sie das Thema nicht einfach wieder beiseiteschieben. Informieren Sie sich regelmäßig über die neuesten Entwicklungen und Möglichkeiten in Bezug auf die Klimakrise. Und wenn Sie in einer Diskussion im Freundeskreis nur in einem Menschen mit Ihrem Wissen Interesse am Thema wecken, haben Sie schon sehr viel erreicht.