Cleaner Production: Geben Sie Müll von Beginn an keine Chance!
Umweltschutz fängt schon vor dem Recycling an – oder macht dieses sogar überflüssig. So lässt sich das Konzept „Cleaner Production“ kurz zusammenfassen. Damit ist gemeint, dass durch gezielte Analyse des Einsatzes von Rohstoffen und Energie innerhalb eines Unternehmens diese optimal ausgenutzt werden, um Abfälle, Abwasser und Abgase möglichst zu vermeiden. Also erst gar keinen Müll zu produzieren, den es dann nachhaltig abzubauen oder zu entsorgen gilt.
Cleaner Production bedeutet, Prozesse so zu optimieren, dass die eingesetzten Ressourcen möglichst effizient in Produkte umgewandelt werden.
Johannes Fresner, Thomas Bürki und Henning H. Sittel
Die grundlegende Frage bei der Cleaner Production ist also: Woher kommen die Abfälle, woher die Emissionen? Wurden die Rohstoffe wirklich effektiv und vorausschauend eingesetzt – und wenn nein: warum nicht? Bei der Analyse geht es also im Kern darum, das Problem an der Wurzel zu packen.
Ressourcen effizient einsetzen
Damit Sie wissen, wo Sie ansetzen können, müssen Sie den kompletten Produktionsprozess betrachten. Im besten Fall dokumentieren Sie ihn über einen festgelegten Zeitraum. Das können Sie schriftlich, aber auch durch Videomitschnitte tun. Gerade beim Einsatz von Maschinen können bewegte Bilder helfen, potenzielle Fehler, Zeitfresser oder ineffektiven Materialeinsatz zu finden. Viele Unternehmen wissen nicht einmal, dass teuer eingekaufte Ressourcen nicht optimal genutzt oder sogar verschwendet werden – oder sie nehmen es einfach hin. Gerade im Bereich Farben, Lacke oder auch Papier lässt sich der Einsatz durch eine genaue Analyse effizienter planen. Denken Sie daran, wie Sie Ihren Kindern beim Basteln gezeigt haben, wie sie möglichst viele Schablonen auf einem Blatt Papier verteilen, um so wenig Verschnitt wie möglich zu erzeugen. Oder denken Sie an eine Lackiererei: Wie viel Lack und Farbe landet hier nicht auf den einzufärbenden Teilen, sondern auf dem Boden oder an anderer Stelle in der Lackierparzelle?
Ressourceneffizienz in der Produktion
Symposion PublishingIn beiden Fällen geht es darum, wie der Produktionsprozess optimiert werden kann. Das kostet sicher Ressourcen in Form von Zeit und auch Geld. Auf die Dauer gesehen werden Sie aber nicht nur Müll einsparen können, sondern auch Ihre Ausgaben entsprechend senken.
Erste Schritte
Jede Optimierung beginnt damit, dass Sie die Ist-Situation erfassen. Die folgenden Verfahren unterstützen Sie dabei:
- Input-Output-Analyse: Jeder eingesetzte Rohstoff fließt zu einem gewissen Teil in das Produkt, während der andere Teil als Abfall übrig bleibt. Mit der Input-Output-Analyse finden Sie heraus, in welchem Verhältnis diese beiden Teile zueinander stehen. Ebenfalls zeigt diese Analyse auf, wie viel der eingesetzten Energie zu Abwärme wird. Bedenken Sie, dass Sie nicht nur für die Rohstoffe zahlen, sondern auch für die Verwertung des Abfalls.
- Stoffstromanalyse: Sie ergänzt die Input-Output-Analyse und zeigt im Detail auf, wo Material eingesetzt wird und warum es zu Emissionen und Abfällen kommt. In der Praxis hat es sich bewährt, wenn Sie sich hier auf die zehn teuersten sowie die zehn giftigsten Rohstoffe und die zehn wichtigsten Abfallarten konzentrieren. Wenn Sie diese Wege nachzeichnen, erhalten Sie einen guten Überblick darüber, wo Sie in Ihrem Unternehmen am besten Ressourcen oder Emissionen einsparen können.
- Energieanalyse: Analysieren Sie die Daten des Stromverbrauchs im Unternehmen und finden Sie heraus, an welchen Stellen die meiste Energie verbraucht wird. Evaluieren Sie zudem sogenannte Peak-Zeiten, also die Zeiten, an denen täglich die meiste Energie genutzt wird. Erstellen Sie einen Übersichtsplan und schauen Sie, wie Sie den Verbrauch entzerren oder im besten Fall einschränken können.
- Energieflussdiagramm: Energiefresser können Sie aufdecken und entfernen, indem Sie die einzelnen Arbeitsschritte eines Produktionsprozesses in einem Diagramm zusammenfassen. Versehen Sie jeden Schritt mit den entsprechenden Kennziffern. So finden Sie typische Verlustquellen, die teilweise unzureichender Isolation oder auch Lecks geschuldet sind.
Praktische Umsetzung
Sobald die Analyse steht, geht es um die Umsetzung. Lassen Sie sich hier von den Menschen aus dem Unternehmen unterstützen, in deren Bereich der meiste Abfall produziert oder der höchste Energieverbrauch besteht. Schauen Sie sich im Team genau an, was an Abfall entsteht und warum er entsteht. Anschließend starten Sie Experimente. Finden Sie heraus, was passiert, wenn Sie zum Beispiel 5 Prozent weniger Reinigungsmittel verwenden oder den Stromverbrauch deckeln. Sobald Sie hier Antworten haben, planen Sie den nächsten Schritt. Fragen Sie sich: Ist die Anpassung vertretbar mit Blick auf das Ergebnis oder sorgt es für Umsatzeinbußen oder sogar Verluste? Stellen Sie immer ein Verhältnis her zu den Einsparungen, die Sie haben.
Ein Projekt zur Einführung von Cleaner Production im Unternehmen lässt sich am besten anhand einer detaillierten Roadmap mit entsprechendem Meilensteinkonzept durchführen.
Johannes Fresner, Thomas Bürki und Henning H. Sittel
Sicher sollten Sie sich auch weiterhin darauf konzentrieren, Abfall und Abgase möglichst nachhaltig wiederzuverwenden oder ökologisch korrekt abzubauen. Dennoch lohnt sich der Blick auf den „Müll“ definitiv auch dann schon, bevor er entsteht. Und die gute Nachricht: Wachstum ist dennoch möglich – oder besonders dann!