„Herr Sprenger, mal was anderes …“
Der Tag ist noch jung, die Coachingsituation etabliert, etliche Geschäftsthemen sind mit dem CEO schon abgearbeitet. Dann plötzlich: „Herr Sprenger, mal was anderes … mit dem Verwaltungsrat und den Mitarbeitern komme ich ganz gut klar. Aber die eigentliche Herausforderung habe ich zu Hause. Da bröckelt einiges. Sagen Sie, gibt es aus Ihrer Erfahrung so etwas wie ein Geheimnis einer guten Paarbeziehung?“ Diese Frage wird meistens etwas nebliger formuliert, läuft aber auf genau das hinaus. Also, wagen wir uns an ein schweres Thema: Liebe.
Liebe ist … tja, was denn? Angeboten werden unzählige Definitionen. Seit der Mensch Liebe empfindet, versucht er dafür Worte zu finden. Es kann ein toller Refrain aus einem Song sein. Oder ein Satz aus der Bibel, ein klassisches Gedicht oder ein altes Volkslied. Erik, sieben Jahre, definiert Liebe so: „Wenn man sich mag, obwohl man eigentlich nicht genau weiß, warum überhaupt.“ Paulus schreibt über die Liebe: „Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört nimmer auf.“ Ein Stein, wen das nicht berührt.
Es gibt aber noch unzählige Bestimmungen, die hier zu nennen ins Uferlose führte. Versuchen wir es umgekehrt, mit einer negativen Abgrenzung – also was Liebe nicht ist. Und da stoßen wir auf die Rätselfrage des Münsteraner Philosophen Hans Blumenberg: „Der Ertrinkende braucht den Baumstamm – aber liebt er ihn?“ „Nein!“, ist man geneigt zu antworten. Aber warum eigentlich nicht? Wo ist der Unterschied? Das berührt die mehr gefühlte als bewusste Tiefendimension von Liebe.
Da ist zunächst das Grundproblem aller Rettungsringe (auch der gegenwärtigen politischen Entlasteritis): Er verhindert zwar, dass wir ertrinken. Aber er hindert uns auch am Schwimmen.
Falls wir es noch nicht können, lernen wir es so nie. Auf die Liebe zu einem Lebenspartner übertragen: Wenn wir an einem – an diesem – Lebenspartner wie an einem Baumstamm festhalten, weil wir sonst nicht glauben, lebensfähig zu sein, dann haben wir schon verloren: unsere Unabhängigkeit. Dann halten wir an Erwartungen fest, die der andere wie der Baumstamm erfüllen muss.
Und genau da liegt der Kern von Liebe offen zutage: Wahre Liebe heißt, sich von Erwartungen an den anderen zu trennen. Dass er zwar etwas tun kann, aber nicht muss. Dass wir nicht ertrinken, wenn wir ihn loslassen. Dass wir nicht umfallen wie ein Kartenhaus, wenn er uns nicht mit seiner Karte stützt. Dass wir den anderen nicht „brauchen“.
Wir dürfen Lieben nicht mit Brauchen verwechseln!
Dieses Loslassen von Erwartungen ist für die Liebe wie der Wind für das Feuer: Das schwache Feuer löscht er, das starke entfacht er. Auf keinen Fall sollten wir uns echsenhaft klammern an etwas, das ohnehin verloren ist. Deshalb ist Liebe eine Paradoxie: ein stabiles Gefühl ohne Besitzanspruch. Liebe will nicht besitzen. Weil die Sorge um das Wohl des anderen höher steht als die Sorge um das eigene Wohlergehen.
Voraussetzung für eine reife und erfüllende Partnerliebe ist daher ein innerer Seinszustand des Vollständigseins.
Um vollständig zu sein, dürfen wir den anderen nicht brauchen. Das ist mittlerweile auch von der Forschung bestätigt: Ob eine Paarbeziehung langfristig hält, hängt vorrangig davon ab, ob die einzelnen schon vor der Partnerschaft ein erfülltes Leben führten. Es gibt daher nur eine Einstellung, die zwischen zwei Partnern funktioniert: Es ist ganz toll, etwas zusammen zu machen. Und es ist ganz toll, nichts zusammen zu machen – auch wenn wir das Gemeinsame vorziehen.
Ich habe diesen Gedanken in den Song „Immer lieben“ gekleidet:
Song
Immer lieben
Wenn ich noch bei dir bleibe
Dann steh ich doch nur rum
Und deshalb geh ich dir aus dem Wege
Auch wenn es höllisch wehtut
Und ich fast nicht denken kann
Ich lass dich gehn, du hast meinen Segen
Doch dein Name ist auf ewig
Über meinem Herz geschrieben
Ich werd dich immer lieben
Ich hoffe, dass das Schicksal
Es gut mit dir meint
Das du findest, was du suchst in diesem Leben
Ich bin nicht, was du brauchst
Wir wissen’s beide ganz genau
Ich wünsch dir Glück auf allen deinen Wegen
Doch dein Name ist auf ewig
Über meinem Herz geschrieben
Ich werd dich immer lieben
Nächste Schritte
Bestellen Sie die Alben „Wenn der Wind sich hebt“ und „Sprenger 5“ von SPRENGER Die Band hier. Wer Autor und Band für einen unvergesslichen Live-Event buchen will, erreicht das Management hier. Und hier finden Sie alle Kolumnen von Reinhard K. Sprenger.