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„In einer funktionierenden Personalabteilung passiert mehr als reine Datenerfassung“

Oft ist in Unternehmen nicht wirklich klar, welche Kernaufgaben die HR-Abteilung übernehmen muss, sagt Robert Knemeyer. Das Ergebnis? Unzufriedene Mitarbeiter und ein ineffizientes Personalmanagement.

„In einer funktionierenden Personalabteilung passiert mehr als reine Datenerfassung“

Herr Knemeyer, warum haben Personalabteilungen in manchen Firmen einen schlechten Ruf?

Robert Knemeyer: Früher war der Personalchef nach dem Geschäftsführer der wichtigste Mensch in einem Unternehmen. Doch die Personalabteilung hat an Reputation eingebüßt und wird heute oft als reine Verwaltungsabteilung betrachtet, also extrem unterschätzt. Das hat zur Folge, dass die Kapazitäten immer weiter heruntergefahren wurden. Nun steht man vielerorts vor dem Problem, dass die eigentlich komplexeste Abteilung in einer Organisation – die sich mit Arbeitsrecht, Gehaltsabrechnungen, Personalentwicklung bis hin zum Recruiting befassen muss – ohne Spezialisten dasteht. Und das hat natürlich langfristig negative Auswirkungen auf die ganze Organisation, nicht zuletzt auf die Motivation der Belegschaft.

Sie plädieren für ein Nachbessern beim Recruiting von HR-Managern?

Ja. 90 Prozent der Unternehmen, die man danach fragt, geben an, dass ihre Mitarbeiter das wichtigste Kapital ihrer Organisation sind. Wenn es aber darum geht, Mitarbeiter zu finden und entsprechend über die Zeit bei der eigenen Weiterentwicklung zu unterstützen, zeigt man keinen Einsatz und spricht auch von zu wenigen Ressourcen. In einer funktionierenden Personalabteilung passiert durchaus mehr als reine Datenerfassung, und deshalb müssen hier die besten Leute eingesetzt werden. Das bedeutet auch:

Viel steht und fällt mit dem Personalchef, der Personalchefin.

Robert Knemeyer

Er oder sie stellt die Weichen dafür, wie die eigene Abteilung aufgestellt ist. Und er oder sie ist es auch, die klar kommunizieren, wofür die Personalabteilung steht und welche Aufgaben hier übernommen werden. Es gibt so viel, was an die Personalabteilung abgeschoben wird, dort jedoch absolut nichts zu suchen hat.

Zum Beispiel?

Reisekostenabrechnungen gehören in die Buchhaltung. Das Genehmigen von Weiterbildungen oder das Verfassen von Zeugnissen obliegt den jeweiligen Vorgesetzten. Die Liste ist endlos! Es gibt mittlerweile zahlreiche Studien, die belegen, dass operative, administrative Tätigkeiten in Personalabteilungen einen viel zu hohen Aufwand generieren. Von acht Stunden am Tag werden mehr als drei für Ablage, Datenerfassung und anderen administrativen Kram genutzt. Das Wichtigste bleibt dabei auf der Strecke: Eine auf den Unternehmenswerten aufbauende HR-Strategie und die perspektivische Entwicklung von Mitarbeitern.

Was sind die zentralen Aufgaben einer Personalabteilung, die ihren Namen verdient?

In einem Satz: Gute Leute finden und diese möglichst lange im Unternehmen halten. Dazu brauchen Sie eine gescheite Personalplanung, Personalgewinnung, Personalentwicklung sowie zunehmend ein gut austariertes Personalcontrolling zur Auswertung der verfügbaren internen Daten und Informationen. Wie sonst wollen Sie ein Gesamtbild der eigenen Mitarbeiterstruktur haben, also wissen, was die neuen Anforderungen an die Belegschaft und ihre neuen Wünsche angeht? Das alles muss im HR gemanagt werden, und hier muss dann auch die effektive Einsatzplanung stattfinden. Sicher gehört auch die Entgeltabrechnung zu den Aufgaben der HR-Abteilung, aber im Vergleich zu den Anforderungen im Hinblick auf die Mitarbeiterbindung ist das Kleinkram. Um Letztere zu erfüllen, sollten Sie übrigens lieber heute als morgen die Kommunikation zwischen HR-Abteilung und Mitarbeitern intensivieren.

Wie?

Betrachten Sie HR als Servicecenter und Ihre Kollegen wie die besten Kunden: Die Grundlage ist, dass die Personalabteilung einen exzellenten Service anbietet und die Mitarbeiter ganz genau wissen, mit welchen Themen sie sich an das HR-Management wenden müssen und können. Die Praxis zeigt, dass in der Regel zwei von drei Mitarbeitern mit Fragen zur Gehaltsabrechnung kommen. Sie verstehen Berechnungen nicht, sind sich unsicher, warum gewisse Posten eventuell neu auf der Abrechnung stehen oder warum andere weggefallen sind. Wenn der HR-Manager es dann schafft, alles verständlich zu erklären, funktioniert die Kommunikation. Nun denken Sie über die Abrechnung hinaus: Was für diese einfachen Fragen gilt, gilt für so viele mehr aus oben genannten Tätigkeitsfeldern! Wichtig ist hier das persönliche Gespräch mit hilfreichen Experten. Sicher lassen sich Dinge via FAQ, E-Mail oder Telefon lösen, doch im Dialog auf Augenhöhe ergibt sich meistens eine bessere und vor allem schnellere Lösung.

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Zusammenfassung (Buch)

Optimierung von HR

HR heute und morgen: Tipps für zeitgemäße Personalarbeit.

Robert Knemeyer Haufe Verlag
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Wie sieht es mit der Kommunikation zwischen HR-Abteilung und Management aus? Muss sich hier ebenfalls eine Dienstleistungsmentalität durchsetzen?

Leider wird der HR-Manager oft als Kontroll- und Erinnerungsinstrument für das Management genutzt. Das ständige Nachfragen, ob denn nun beispielsweise die Unterlagen der zehn Bewerber gesichtet wurden, die man für die neue Stelle in die engere Auswahl genommen und der entsprechenden Führungskraft zugestellt hat, sind nur die Spitze des Eisbergs. Als HR-Manager rennt man vielerorts auch Jahresgesprächen, Feedbacks oder Resturlaubsbeständen hinterher. Warum? Meist, weil sich schlicht der oder die eigentlich Verantwortliche nicht drum kümmert. Auf der anderen Seite treffen genau diese Manager und Managerinnen dann Entscheidungen, die gegen Gesetze und Auflagen verstoßen, ohne vorher den Rat beim HR-Spezialisten einzuholen. Oft sind die Kommunikationswege hier gestört oder sogar dysfunktional. Das kann man ändern! Klar ist doch, dass man als Führungskraft nicht alles Wichtige zu Themen wie Mindestlohn, Kündigungsschutz, Arbeitszeitgesetzen, Abfindungen, Meldewesen usw. kennen kann. Genau deshalb gibt es ja im Haus Menschen, die sich tagtäglich mit diesen Dingen auseinandersetzen. Man muss sie nur ansprechen.

Gibt es hier von Ihrer Seite einen Tipp, wie es strukturell besser laufen könnte?

Im letzten Jahr hat sich mit der Pandemie schon etwas bewegt. Weil man als Führungskraft und Unternehmensleiter unsanft mit der Nase darauf gestoßen wurde, was die HR-Abteilung alles leisten und vor allem wissen muss. Stichwort: Kurzarbeit. Von jetzt auf gleich wurden Tausende Menschen in Kurzarbeit geschickt, das musste gemanagt und den Mitarbeitern die Berechnung erklärt werden. HR-Abteilungen mit fachlich versierten Angestellten haben das recht gut gemeistert. Andere mit weniger spezifisch geschultem Personal sind unsanft „auf die Welt gekommen“. Da wurde einfach mal gemacht, ohne eine Strategie zu erarbeiten. Dass das in Zerwürfnissen endet, ist klar, wurde hier aber immerhin mal offensichtlich. Die einfachsten Dinge wie „Wer geht in die Kurzarbeit?“, „Wie lange?“, „Und zu welchem Pensum?“ wurden nicht durchdacht. Dass man Studenten, geringfügig Beschäftigte und Rentner – also alle, die nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen – gar nicht in Kurzarbeit schicken darf, haben viele dabei vergessen. Plötzlich wurde dem Management dann bewusst, wie wichtig eine HR-Strategie ist und wie relevant es für das gesamte Unternehmen ist, dass die HR-Mitarbeiter über exzellentes Fachwissen verfügen.

Exzellentes Fachwissen ist ein gutes Stichwort: Welche Aufgaben kommen der HR-Abteilung künftig in Sachen Wissensmanagement zu?

Wissensmanagement ist nicht zwingend ein Thema der HR-Abteilung. Es sollte in den jeweiligen Fachabteilungen gebündelt und von den dort tätigen Führungskräften gemanagt werden. Wichtig ist nämlich, dass keine Monopole entstehen: Wissen muss zugänglich und darf nicht nur punktuell vorhanden sein. Oft passiert es, dass jemand kurz vor der Pension steht und dann irgendwer feststellt, dass diese Person die einzige ist, die gewisse Dinge weiß oder darf – und dann versucht man hektisch, das noch schnell zu ändern. Als HR-Abteilung kann man insofern unterstützen, als man gute Leute für die Schlüssel- und Führungspositionen findet, die in der Lage sind, effektives und effizientes Wissensmanagement zu betreiben. Allenfalls kann man Schulungen organisieren, damit hier Leerstellen gefüllt werden.

Was halten Sie von der Automation von HR-Abteilungen? Wie weit ist die Technik hier?

Dinge wie Chatbots, KI und Roboter werden immer häufiger genutzt, ich glaube aber nicht, dass sie sich je gegen menschliche Experten durchsetzen werden. Sicher können sie im Vorfeld eines Vorstellungsgesprächs hilfreich sein, aber ob ein Mitarbeiter wirklich zu einem Unternehmen passt, kann keine KI entscheiden, dazu braucht es Empathie und Menschenkenntnis. Auch in Sachen Datenablage gibt es schon viele technische Hilfsmittel, die wirklich zeitsparend genutzt werden können. Wichtig ist hierbei ein einheitliches System, das mit möglichen anderen Systemen innerhalb der Organisation verknüpft ist. Denn: Wenn Sie an sieben Stellen die gleichen Daten eingeben müssen, haben Sie nichts verdient. Mehr Automation ist auch beim Auswerten von Anträgen sinnvoll: Mitarbeiter können selbstständig via App oder im Intranet Anträge ausfüllen, die dann automatisch an die entsprechenden Stellen weitergeleitet, auf Vollständigkeit geprüft oder quittiert werden – klappt heute sogar schon mit Krankmeldungen, die ihren Weg direkt zum Unternehmen, aber auch parallel zum Arzt und zur Krankenkasse finden. Andererseits glaube ich aber:

Beim Recruiting und Onboarding braucht es weiterhin den Faktor Mensch.

Robert Knemeyer

Wie stelle ich den Faktor Mensch hier in Zeiten von Homeoffice und Remote Work sicher?

Grundsätzlich hat sich beim Recruiting nicht wirklich viel geändert: Die Tools mögen etwas weiter sein, aber strukturell ist hier alles beim Alten. Anders sieht es beim Onboarding aus: Rund 50 Prozent der Menschen, die ein Unternehmen verlassen, tun dies im ersten Arbeitsjahr. Warum? Weil sie nicht wirklich an Bord geholt wurden. Das verlangsamt alle anschließenden Prozesse, hinterlässt einen faden Beigeschmack – vielleicht für Wochen, vielleicht für Monate, aber wenn es ein Jahr wird und man sich noch immer nicht im Unternehmen zurechtfindet, weil sich niemand kümmert, läuft etwas falsch. Und im Homeoffice ist das natürlich noch brisanter als im Büroalltag, wo man als Neuling über zufälligen Austausch viel auf dem Latrinenweg erfährt. Allerdings: Onboarding ist keine alleinige HR-Aufgabe, sondern liegt im Verantwortungsbereich der Führungskräfte in den Teams. Diese müssen dem neuen Mitarbeiter das Unternehmen zeigen und erklären, bestenfalls über einen individualisierten Einarbeitungsplan. Und sie sorgen dafür, dass eventuell ein Pate innerhalb der Organisation als Ansprechpartner für den neuen Mitarbeiter fungiert.

Über den Autor
Robert Knemeyer arbeitet als Interimspersonalleiter und ist Inhaber der Personalberatung KPI. Er schreibt unter anderem für das Personalmagazin und Haufe online.

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