Die Frauenquote
Gleich vorweg: Davon geht die Welt nicht unter, noch steigt sie wie der Phönix aus der Asche. Und man könnte die Quote auch als ein Beispiel vieler Kleinirrationalismen abhaken, deren Schaden kaum zu Buch schlägt. Im Hintergrund lauert aber Grundsätzliches: die Mentalität der großen Gesellschaftsplaner.
Sie spiegelt ein Staatsverständnis, das eine Gesellschaft am Reißbrett entwirft und die Bürger entsprechend gesetzgeberisch zwingt. Wenn das Volk, der „große Lümmel“ (Heinrich Heine), nicht so will, wie die Volkserzieher wollen, dann muss die gewünschte Realität eben planwirtschaftlich oktroyiert werden. Das hatten wir in der DDR und in der Sowjetunion schon mal. Wie im Sozialismus.
Im Westen sind es die Moralunternehmen, die wollen, dass ihre Lebensregeln in Gesetze gegossen werden. Deshalb konnte man lesen: Wer gegen die Frauenquote sei, „der sollte zu seinem Glück gezwungen werden.“ Das ist die Sprache des Totalitarismus. Je weiter die historische Erfahrung zurückliegt, desto mehr verblasst die Erinnerung an die Konsequenzen dieser Haltung. Die größten Quotierer der Weltgeschichte waren Stalin, Hitler und Mao. Auch sie quotierten für einen „guten Zweck“.
Ich bin deshalb nicht gegen die Frauenquote. Ich bin gegen Quoten überhaupt.
Reinhard K. Sprenger
Quoten wären nur zu rechtfertigen, wenn ein (1) nationaler Notstand oder (2) Rechtsverletzungen vorlägen. Beides ist absurd. Erstens: Deutschland steht nicht am Abgrund – jedenfalls nicht mangels Frauenquote. Die Schweiz ebenfalls nicht. Zweitens: Allein aus der Feststellung, dass ein Geschlecht in einem sozialen Bereich unterrepräsentiert ist, folgt noch keine rechtsverletzende Benachteiligung. Bis in die späten 90er Jahre konnte man vielleicht noch mit der Glasdecke argumentieren. Heute haben Frauen alle Chancen. Jedenfalls kenne ich keinen (!) Unternehmensführer mehr, der nicht händeringend nach Frauen für Führungspositionen sucht. Schon aus Compliance- oder Marketinggründen.
Womit das Thema eigentlich erledigt wäre, sind das doch die harten Fakten. Um diese zu umschiffen, reklamieren die Quotenbefürworter „weichere“ Gründe. Lassen wir das ständige Verwechseln von Korrelation und Kausalität beiseite („Aktienkurse steigen, wenn Frauen in der Geschäftsleitung sind!“), ebenso das schlichte Proporzdenken, das an die sowjetischen Tonnenideologie erinnert („Die Zahlen sind eindeutig, basta!“). Bedenkenswerter ist das Argument „Gemischte Teams entscheiden besser.“
Diese Aussage wird aber auch nicht dadurch wahrer, dass man sie behauptungsdespotisch ständig wiederholt. Es wird nicht nur ignoriert, dass eine Entscheidung nur deshalb eine Entscheidung ist, weil Ungewissheit ihre Bedingung ist – es mithin kein Paralleluniversum gibt, in der eine alternative Entscheidung geprüft werden könnte. Eine Entscheidung kann insofern weder besser noch schlechter sein. Unterschlagen werden auch aktuelle Wissenschaftssynopsen, die zum Thema ein sehr uneinheitliches Bild zeichnen.
Mehr Frauen im Management mögen wünschbar sein, aber auf eine eindeutige Forschungslage kann man sich nicht stützen.
Reinhard K. Sprenger
Befürworter wie Gegner werden sich wohl in diesem Punkt einigen können: Im Wirtschaftsleben darf das Geschlecht keine Rolle spielen. Dem Kunden ist es hoffentlich egal, ob das Produkt von einer Frau oder einem Mann hergestellt wird. Dasselbe muss für die interne Verfasstheit eines Unternehmens gelten. Da darf nur Leistung zählen. Niemand will von einer Ärztin operiert werden, die ihren Job einer Quote verdankt. Unter der Bedingung der Quote ist aber der Aufstieg einer Frau ihrem Frausein geschuldet.
Man befördert mithin eine Eigenschaft, für die Frauen nichts können: weiblich zu sein. Zudem definiert man Frauen nicht mehr als Individuen, sondern nach ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Es beleidigt doch die Intelligenz, wenn man ein Gruppenwesen an die Spitze einer Organisation befördert, das man für so hilflos hält, dass es unterstützt werden muss. Mithin ist die Quote ein Angriff auf die Würde der Frauen. Vielleicht hat sie auch deshalb viele männliche Unterstützer: Sie ist ein Übertrick der Solidargemeinschaft barmherziger Brüder, Frauen zurück in die Rolle des „schwachen Geschlechts“ zu drängen.
Kennzeichnend für die ganze Debatte ist übrigens ihre entschlossene Humorlosigkeit. Der möchte ich als Vertreter einer weißen, toxischen Männlichkeit etwas Selbstironie entgegensetzen. Lauschen Sie meinem Song „Männer sind von gestern“!
Sontext
Männer sind von gestern
Den einen sind die Harten zu weich
Den andern sind die Weichen zu sanft
Die Frauenversteher zu lieb
Die Schwarzeneggers zu dominant
Gibt jeder Alice den Rest
Hält sich an Bier-Bier-Bierflaschen fest
Mal Chauvi, mal Softie, mal Held
Mal süsser Sugar-Daddy mit Geld
Als Macho der Feind in Person
Mal Susi auf Testosteron
Muss um die Frauen werben
Und dafür früher sterben
Mal Kerl auf Steinzeitniveau
Ein Auslaufmodell sowieso
Sie gibt’s nur noch im Western:
Männer sind von gestern!
Kämpfen – das ist seine Art
Und Kämpfer – gehen nicht zum Arzt
Was er auch immer macht ist verkehrt
Ein Quotendepp der sich nicht wehrt
Er ist als Schwein zu häuslich
Und als Hausschwein untauglich
Mal Kerl auf Steinzeitniveau
Ein Auslaufmodell sowieso
Da mag man kaum noch lästern:
Männer sind von gestern!
Er badet gern in Selbstmitleid
Ist scharf nur noch auf Elternzeit
Zuhause nur noch der bessere Koch
Und sowieso der Sündenbock
Suchen gern Feuchtgebiete
doch ist auch da ne Niete
Mal Kerl auf Steinzeitniveau
Ein Auslaufmodell sowieso
Da rufen alle Schwestern:
Männer sind von gestern!
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