Gemütlich vorsorgen
Anlegen mit ETF

Gemütlich vorsorgen

Es ist nie zu früh, an die Altersvorsorge zu denken. Kaum eine andere Anlageform bietet dabei langfristig so gute Renditechancen wie Exchange Traded Funds, kurz ETF. Wie bequem der Vermögensaufbau mit Indexfonds sein kann, zeigt dieser Finanztest-Ratgeber.

Die Vorteile von ETF gegenüber traditionellen Fonds

Auch wenn sich das verwaltete Vermögen der ETF in Deutschland nach Angaben des Bundesverbands Investment und Asset Management zwischen 2010 und 2019 mehr als verdoppelt hat, hängt die Mehrheit der Deutschen nach wie vor am guten alten Sparbuch bzw. Tagesgeldkonto. Die Autoren dieses Finanztest-Ratgebers versuchen, Anlegern die Angst vor Aktien im Allgemeinen und Indexfonds im Speziellen zu nehmen.

Nach einem kurzen geschichtlichen Abriss, wie es 1976 zum ersten Indexfonds kam, erklären sie zunächst, was ein Indexfonds bzw. ein ETF überhaupt ist. Ein ETF bildet per Definition stets einen Index ab. Ein solcher wiederum fasst Werte wie etwa Aktien, Anleihen oder Rohstoffe anhand bestimmter Kriterien zusammen und bildet deren Entwicklung an der Börse ab. Gegenüber traditionellen Fonds haben ETF einige Vorteile. Beispielsweise sind sie weniger risikobehaftet, günstiger und deutlich transparenter. Zudem zeichnen sie sich langfristig durch eine deutlich bessere Performance aus, betonen die Autoren.

 

 

 

Ein Hersteller von Sonnencreme profitiert von einer lang anhaltenden Schönwetterperiode, ein Regenschirmhersteller dagegen von schlechtem Wetter. Wer als Anleger auf beide Produzenten setzt, macht sich von Wettereinflüssen weitgehend unabhängig.

Brigitte Wallstabe-Watermann et al.

Für den einen oder anderen mag sich das nach einer staubtrockenen Materie anhören. Dennoch schaffen es die Autoren, das Thema durchgehend unterhaltsam und gut verständlich darzustellen. Daneben weiß das Buch dank seines übersichtlichen, aufgeräumten Layouts sowie zahlreicher Infokästen und Schaubilder auch optisch zu überzeugen.

Wie es sich für einen guten Ratgeber gehört, wartet Anlegen mit ETF natürlich auch mit Tipps und Strategien für die eigene Altersvorsorge auf. In einem vierstufigen Terrassenmodell schlagen die Autoren vor, unterschiedliche Vermögenstöpfe – „Terrassen“ genannt – zu befüllen. Die erste Terrasse ist die kurzfristige Reserve, die zweite der Notgroschen. Auf der dritten Terrasse wird hingegen Geld für größere Anschaffungen zurückgelegt. Erst wenn diese drei Terrassen befüllt sind, kann auf Terrasse Nummer vier endlich die Altersvorsorge aufgebaut werden. Laut den Autoren eignet sich hierfür ein Mix aus Aktien-ETF und Zinsanlagen wie etwa Tagesgeld.

Rein in die Pantoffeln

Um sich im ETF-Dschungel nicht zu verlaufen – aktuell werden alleine an der Frankfurter Börse rund 1500 ETF gehandelt –, sprechen die Autoren im Kapitel „Alle ETF im Überblick“ konkrete Empfehlungen aus. Langfristig sehen sie in Sachen Rendite keine ernsthafte Konkurrenz zu Aktien-ETF. Konkret raten sie zu Indexfonds auf Basis der Indizes MSCI World, MSCI All Country World und MSCI Europe und Stoxx Europe 600, die um risikoärmere Anlagen wie Festgeld oder Renten-ETF ergänzt werden können.

Das Herzstück des Ratgebers ist sicherlich das sogenannte „Pantoffel-Portfolio“. Dabei handelt es sich um ein denkbar einfaches Anlagekonzept, welches aus einem Renditebaustein und einen Sicherheitsbaustein besteht. Zunächst können die Leser anhand eines kurzen Fragebogens ihre persönliche Risikoneigung ermitteln. Diese bestimmt dann die Gewichtung der beiden Bausteine. Vorsichtigen Anlegern empfehlen die Autoren, den Schwerpunkt ihrer Anlagestrategie auf den Sicherheitsbaustein – bestehend aus Tagesgeld und Rentenfonds – zu legen. Offensive Zeitgenossen sollen hingegen auf den Renditebaustein setzen und vorwiegend in Aktienfonds investieren. Denkbar ist laut den Autoren auch ein „Fifty-fifty-Pantoffel“, bei dem beide Bausteine im Gleichgewicht sind.

 

Einmal aufgebaut, läuft ein solches Portfolio fast von allein und bedarf nur in seltenen Fällen etwas Pflege – deshalb der Name Pantoffel-Portfolio.

Brigitte Wallstabe-Watermann et al.

 

So einfach das Pantoffel-Konzept klingt, so beeindruckend sind die Zahlen, die die Autoren in diesem Zusammenhang präsentieren: In den vergangenen 20 Jahren hätte ein Anleger mit dem Pantoffel-Portfolio Renditen von 5,4 Prozent pro Jahr in der offensiven sowie 3,5 Prozent pro Jahr in der risikoarmen Variante erwirtschaftet. Versuchen Sie das mal mit einem Tagesgeldkonto.

Gerade solche simplen Strategien sind die große Stärke dieses Ratgebers. Nicht nur, dass man kein Finanzexperte sein muss, um sie umzusetzen, auch lassen sie sich meist schon mit kleinen Beträgen realisieren. Der Umsetzung widmen die Autoren übrigens ein eigenes Kapitel. Dabei geben sie Hilfestellungen bei der Suche nach einem passenden Depot sowie bei der Auswahl „guter“ ETF. Auch steuerliche Aspekte werden von ihnen umfassend beleuchtet.

Bei allem Lob gibt es allerdings auch ein paar Kritikpunkte. So legen die vielen Querverweise und Wiederholungen den Verdacht nahe, dass die Autoren ihre jeweiligen Beiträge nicht optimal aufeinander abgestimmt haben. Dadurch wirkt das Buch ein wenig fragmentiert. Auch die Hinweise auf kostenpflichtige Onlineangebote von Finanztest stören mitunter.

Viel Licht und wenig Schatten

Nicht nur Anfänger werden in diesem Ratgeber angesprochen. Auch für Fortgeschrittene haben die Autoren einige Tipps parat. Diese können ihr „Pantoffel-Portfolio“ zum Beispiel um riskantere Spezial-ETF ergänzen, so die Autoren. Dazu zählen ETF, die sich auf bestimmte Regionen, Branchen, Faktoren oder Rohstoffe beziehen. Allerdings sollten solche Spezial-ETF nur als Portfolio-Ergänzung und nicht als Basisanlage dienen. Anfänger sollten lieber ganz die Finger davon lassen.

 

Kaufen Sie nur, was Sie verstehen, und streuen Sie das Risiko! Behalten Sie dabei stets Ihre gesamte Vermögensanlage im Auge.

Brigitte Wallstabe-Watermann et al.

Selbst wenn ETF eine vergleichsweise sichere Bank sind, verschweigen die vier Autoren auch mögliche Schattenseiten nicht. Beispielsweise könnte durch umstrittene Konstruktionen ein Teil des ETF-Vermögens verloren geht. Durch gesetzliche Vorgaben ist dieses Risiko jedoch begrenzt. Ein Teil der Kritik, schränken die Autoren ein, ist sicherlich der Tatsache geschuldet sein, dass Bankberater so gut wie nichts an Indexfonds verdienen und deshalb dazu neigen, diese Anlageform grundsätzlich zu verteufeln.

Anlegen mit ETF ist alles in allem ein sehr guter Ratgeber zum Thema ETF, der neben seiner Systematik und Kompetenz dadurch überzeugt, dass die Autoren auf unnötiges Fachchinesisch verzichten und überaus verständlich schreiben. Wer sich möglichst umfassend über ETF informieren möchte, kann hier trotz kleinerer Schwächen bedenkenlos zugreifen.

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