Das 1982 erschienene Büchlein Der Minuten-Manager gilt als Klassiker der Managementliteratur und war der Startschuss einer ganzen Minuten-Serie. Knapp 35 Jahre später haben Ken Blanchard und Spencer Johnson ihren Bestseller einer Frischzellenkur unterzogen und in ein zeitgemäßes Gewand gekleidet.
Man führt nur motivierend gut
Hart und nett sind out
Was den alten und den neuen Minuten-Manager vom Gros der meisten Managementratgeber abhebt, ist der für Sachbücher eher ungewöhnliche Parabelstil. Blanchard und Johnson erzählen die Geschichte eines jungen, namenlosen Mannes, der herausfinden möchte, was einen guten Manager auszeichnet. Daraufhin wird er von einem ganz besonderen Lehrmeister unter die Fittiche genommen, dem „Minuten-Manager“. Der Minuten-Manager trägt diesen Namen, weil er es versteht, Menschen in kurzer Zeit zu Höchstleistungen zu motivieren. Die Figur des Minuten-Managers fungiert natürlich in erster Linie als Sprachrohr der Autoren. In kurzen Lektionen erläutert er, wie ein erfolgsversprechender Führungsstil aussehen kann, und offenbart sowohl dem jungen Mann als auch den Lesern die drei Geheimnisse des Minuten-Managements.
Die drei Geheimnisse guten Managements
Die erste Kernbotschaft, die Blanchard und Johnson dem Protagonisten der Geschichte mit auf den Weg geben, ist die, dass sowohl „harte“ autokratische als auch „nette“ demokratische Führungsstile den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht gewachsen sind und deshalb ausgedient haben. Gute Führungskräfte zeichnen sich heute dadurch aus, dass sie Ergebnisse und Menschen gleichermaßen im Blick haben und ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, sich gut zu fühlen. Das erhöht die Produktivität, die sich aus den beiden Komponenten Quantität und Qualität zusammensetzt.
Nur wer sich selbst gut findet, arbeitet auch gut.
Ken Blanchard und Spencer Johnson
Mit das Bemerkenswerteste an diesem Buch ist seine erfrischende Schlichtheit. Statt sich in mehrfach verschachtelten Lehrbuchsätzen zu verlieren, transportieren Blanchard und Johnson ihre Botschaften und Weisheiten in einfachen Worten, die in eine ebenso einfache Geschichte eingebettet sind – wobei „einfach“ beide Male positiv zu verstehen ist. Man ist fast versucht zu sagen, Der neue Minuten-Manager ist Der kleine Prinz unter den Managementratgebern. Dieser Vergleich passt auch hinsichtlich des Umfangs ganz gut. Mit gerade einmal 102 Seiten verdient Der neue Minuten-Manager die Bezeichnung „Buch“ nur denkbar knapp.
Umso mehr verdient sich der namenlose Protagonist, endlich in das erste Geheimnis des Minuten-Managements eingeweiht zu werden – die 1-Minuten-Zielfestlegung. Damit das, was der Mitarbeiter als seine Aufgabe betrachtet, mit den Vorstellungen seiner Führungskraft übereinstimmt, einigen sich beide auf entsprechende Ziele, die dann in maximal zwei Absätzen niedergeschrieben werden. Wichtig ist für die Autoren in diesem Kontext das Thema Lösungsorientierung. Wer keine Lösung präsentieren kann, hat laut Blanchard und Johnson auch kein Problem, er will bloß jammern. Formulierungen wie diese machen Spaß und man freut sich bei der Lektüre förmlich darauf, sie bei nächster Gelegenheit selbst anbringen zu können – sei es gegenüber nervigen Kollegen oder nörgelnden Familienmitgliedern.
Das zweite Geheimnis des 1-Minuten-Managements ist das 1-Minuten-Lob. Damit ist natürlich keine Lobhudelei gemeint. Vielmehr geht es darum, Mitarbeiter sowie deren Arbeitsergebnisse insbesondere in der Anfangsphase genau im Auge zu behalten. Aber nicht, um Fehler zu entdecken oder Spionage zu betreiben, so Blanchard und Johnson, sondern um die Mitarbeiter bei guten Leistungen zu „erwischen“ und sie dafür umgehend mit einem 1-Minuten-Lob zu belohnen. Ehrlich gemeinte Wertschätzung muss nicht zwangsläufig aus langen Lobeshymnen bestehen, betonen die Autoren, für motivierende Anerkennung reicht eine Minute meist aus. Kleines Detail am Rande: In der ursprünglichen Ausgabe aus dem Jahr 1982 rieten Blanchard und Johnson Führungskräften noch dazu, Lob auch körperlich zum Ausdruck zu bringen. Etwa indem sie ihren Mitarbeitern die Hand auf die Schulter legen oder sie „sonst irgendwie wohlwollend“ berühren. Hier haben die beiden zum Glück dazugelernt.
Das dritte Geheimnis ist die 1-Minuten-Neuausrichtung, die in der alten Ausgabe noch 1-Minuten-Kritik hieß. Manager müssen natürlich im Gegenzug auch ansprechen, wenn Dinge nicht so gut laufen. Blanchard und Johnson fordern Führungskräfte auf, ihre Mitarbeiter dabei zu unterstützen, aus Fehlern zu lernen. Hierzu empfehlen sie die 1-Minuten-Neuausrichtung, welche in zwei Phasen unterteilt ist. In den ersten 30 Sekunden liegt der Fokus auf dem begangenen Fehler. Manager und Mitarbeiter überprüfen die Fakten und klären, was aus welchen Gründen schiefgelaufen ist. Vor der „Halbzeitpause“, in der beide kurz durchatmen, teil der Manager dem Mitarbeiter mit, wie er sich angesichts des Fehlers fühlt. Die zweite Halbzeit dient den Autoren zufolge der Motivation. Die Führungskraft erinnert den Mitarbeiter 30 Sekunden lang an dessen Stärken und spricht ihm das Vertrauen aus. Danach wird der Fehler nicht mehr thematisiert.
Der Einsatz der drei Geheimnisse macht annähernd wohl nur 20 Prozent unserer Aktivitäten aus, dennoch trägt er dazu bei, 80 Prozent der Ergebnisse zu erzielen, auf die wir hinarbeiten.
Ken Blanchard und Spencer Johnson
Eine Aussage des Minuten-Managers ist, dass es oft die vergleichsweise kleinen Dinge sind, die eine große Wirkung entfalten können. Man kann das getrost auch von diesem Buch behaupten.
Kleines Buch mit großer Wirkung
Blanchard und Johnson schaffen es, den Minuten-Manager aus den frühen 80er-Jahren ins Hier und Jetzt zu katapultieren, selbst wenn ab und zu immer noch ein eher klassisch geprägtes Verständnis von Führung zutage tritt. Die meisten ihrer Kernbotschaften bleiben davon aber unberührt. Wer bereits den alten Minuten-Manager sei Eigen nennt, muss nicht zwingend upgraden. Wer das Original hingegen noch nicht gelesen hat, sollte sich Der neue Minuten-Manager zulegen.
Wie die Geschichte ausgeht und was aus dem jungen Mann wird, verraten wir an dieser Stelle nicht. Nur, dass es ein Happy End gibt. Alles andere wäre wohl auch mehr als erstaunlich.